Beschluss vom 06.12.2007 -
BVerwG 2 B 70.07ECLI:DE:BVerwG:2007:061207B2B70.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.12.2007 - 2 B 70.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:061207B2B70.07.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 70.07

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 11.04.2007 - AZ: OVG 21 A 3006/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Dezember 2007
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kugele und Groepper sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. April 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf die Zulassungsgründe der Divergenz und der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2 Der Kläger meint, das Berufungsgericht sei bei der Auslegung des Begriffs des Dienstunfalls von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abgewichen. Die Beschwerde bezieht sich dabei auf den in der Entscheidung des Senats vom 24. Oktober 1963 - BVerwG 2 C 10.62 - (BVerwGE 17, 59 <67>) formulierten Rechtssatz, bei der Verwirklichung des Merkmals „in Ausübung des Dienstes“ sei die Annahme eines Dienstunfalls, der sich während der regelmäßigen Arbeitszeit im Dienstgebäude ereignet habe, nur dann auszuschließen, wenn es sich um Verhaltensweisen des Beamten handele, die mit der Dienstausübung schlechthin nicht in Zusammenhang gebracht werden könnten; dies sei insbesondere bei Verhaltensweisen denkbar, die den wohlverstandenen Interessen des Dienstherrn erkennbar zuwiderliefen oder von ihm sogar ausdrücklich verboten seien.

3 Die geltend gemachte Divergenz liegt nicht vor. Die angegriffene Entscheidung des Berufungsgerichts hat den genannten Rechtssatz zwar nicht zitiert, sich zu ihm aber auch nicht durch einen entgegengesetzten Rechtssatz in Widerspruch gesetzt. Der Sache nach hat es diesen Rechtssatz vielmehr seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

4 Zunächst hat das Berufungsgericht die Teilnahme des Klägers an einer geselligen Veranstaltung als dienstliche Tätigkeit, den Ort des Unfalls (ein Schullandheim in Bayern) als tauglichen Dienstort und auch die Abendveranstaltung als Dienstzeit angesehen. Es hat somit für die Beurteilung des Unfallgeschehens dieselben Maßstäbe zugrunde gelegt wie bei einem Unfall, der sich zur normalen Dienstzeit und innerhalb des Dienstgebäudes ereignet. Es hat damit nicht auf Kriterien zurückgegriffen, die in der Rechtsprechung des Senats etwa für Wegeunfälle entwickelt worden sind und bei denen der dienstliche Bezug das entscheidende Element ist, das die Zuordnung des Unfallgeschehens zur Risikosphäre des Dienstherrn rechtfertigt.

5 Allerdings hat das Berufungsgericht die konkrete Tätigkeit des Klägers innerhalb seiner Teilnahme an der geselligen Abendveranstaltung deshalb als nicht mehr als unfallrechtlich geschützt angesehen, weil Teile des zum Programm gehörenden „Bayern-Abiturs“ (dessen Zugehörigkeit zur unfallrechtlich geschützten Sphäre das Berufungsgericht im Übrigen zu Recht nicht in Zweifel gezogen hat), nämlich der sogenannte „bayerische Dreikampf“ „als eigenständiger und in sich zusammenhängender Teil des ‚Bayern-Abiturs’ außerhalb des pädagogisch Vertretbaren lag“ (UA S. 10). Dessen charakteristisches Element sei der mäßige, aber möglichst schnelle Konsum der Sucht- und Rauschmittel Alkohol und Schnupftabak gewesen.

6 Mit diesen Ausführungen hat das Berufungsgericht in konkreter Würdigung der Umstände des Einzelfalls keinen Rechtssatz aufgestellt, der zu dem von der Beschwerde bezeichneten in Widerspruch stünde, sondern diesen vielmehr angewandt. Der Sache nach hat es das Verhalten des Klägers - auch im Hinblick auf die Teilnahme minderjähriger Schüler - als wenn nicht sogar verboten, so doch jedenfalls als den Interessen des Dienstherrn erkennbar zuwiderlaufend charakterisiert. Selbst wenn das Berufungsgericht dabei einen zu strengen Maßstab angelegt haben sollte, wäre damit eine zur Zulassung der Revision führende Divergenz noch nicht dargetan, denn die unrichtige Anwendung eines vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatzes ist keine in diesem Sinne erhebliche Divergenz.

7 Auch der hilfsweise geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) greift nicht durch. Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob die Kriterien für die Einordnung von Verhaltensweisen, die es rechtfertigen, einen Unfall von der Unfallfürsorge auszuschließen, je nachdem unterschiedlich sind, ob es sich um eine Veranstaltung im Dienstgebäude während der regelmäßigen Dienstzeit oder um eine Veranstaltung außerhalb des Dienstgebäudes handelt.

8 Die Frage ist schon deshalb nicht klärungsbedürftig, weil das Berufungsgericht im Falle des Klägers keine unterschiedlichen Kriterien angewandt, sondern das Geschehen wie einen innerhalb des Dienstgebäudes erlittenen Unfall behandelt hat.

9 Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.