Beschluss vom 06.11.2007 -
BVerwG 3 B 60.07ECLI:DE:BVerwG:2007:061107B3B60.07.0

Beschluss

BVerwG 3 B 60.07

  • VG Gelsenkirchen - 13.03.2007 - AZ: VG 6 K 2072/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. November 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette
beschlossen:

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 13. März 2007 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 31 258,08 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung von Lastenausgleichsleistungen.

2 Mit drei Bescheiden vom 13. Juni 2002 nahm der Beklagte den Kläger auf Rückzahlung von Lastenausgleich in Höhe von insgesamt 31 258,08 € in Anspruch mit der Begründung, er habe von den in erster Linie Rückzahlungspflichtigen deren Schadensausgleichsleistung ohne angemessene Gegenleistung erlangt (§ 349 Abs. 5 Satz 2 LAG). Die Beschwerde gegen diese Bescheide wies die Bezirksregierung Münster durch Bescheid vom 18. März 2003, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugegangen am 19. März 2003, zurück. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22. April 2003, einem Montag, hat der Kläger daraufhin Klage erhoben. Der Schriftsatz ging auf dem Postwege am 24. April 2003 beim Verwaltungsgericht ein. Mit weiterem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 23. April 2003, beim Verwaltungsgericht eingegangen am 25. April 2003, beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der am 22. April 2003 abgelaufenen Klagefrist. Dazu trug er unter Vorlage entsprechender eidesstattlicher Versicherungen der Bürovorsteherin und einer Rechtsanwaltsfachangestellten des Prozessbevollmächtigten vor, dieser habe die Klageschrift am Nachmittag des 22. April 2003 diktiert und unterschrieben und sie der als zuverlässig bekannten Rechtsanwaltsfachangestellten mit der Weisung übergeben, sie wegen des bevorstehenden Fristablaufs am selben Tage vorab per Fax dem Verwaltungsgericht zuzuleiten. Danach habe er die Kanzlei um 17:30 Uhr zu einem Privattermin verlassen. Die Fachangestellte habe sodann mehrfach vergeblich versucht, die Klageschrift an das Verwaltungsgericht zu faxen. Das Rufzeichen sei zwar durchgegangen; das Empfangsgerät des Verwaltungsgerichts habe die Sendung jedoch nicht entgegen genommen. Die Fachangestellte habe deshalb die Bürovorsteherin zu Hilfe gerufen. Beide hätten noch etwa zehnmal ohne Erfolg versucht, die Sendung auf den Weg zu bringen. Gegen 18:30 Uhr hätten sie ihre Bemühungen eingestellt. Sie hätten angenommen, das Empfangsgerät des Gerichts sei defekt oder abgestellt, da zwischenzeitlich an andere Empfänger gerichtete Faxsendungen problemlos übermittelt worden seien. Die Möglichkeit, von einem anderen Faxgerät aus die Klageschrift an das Verwaltungsgericht zu senden, habe nicht bestanden, da die Post in L., dem Sitz des Prozessbevollmächtigten, um 18:00 Uhr schließe und auch die anderen Anwaltskanzleien zu dieser Zeit Büroschluss hätten. Die Klage sei daher nur als Briefsendung auf den Weg gebracht worden. Am nächsten Tag als Test durchgeführte Versuche, ein Fax an das Verwaltungsgericht zu senden, seien ebenfalls gescheitert, während Sendungen an andere Empfänger ordnungsgemäß abgewickelt worden seien. Hierzu legte er einen Kontrollausdruck vom 29. April 2003 vor, der die letzten 30 vorhergehenden Faxsendungen dokumentierte und für den 23. April um 17:08 Uhr eine nicht ausgeführte Sendung an das Verwaltungsgericht auswies.

3 In einem Vermerk vom 25. April 2003 hatte der VG-Angestellte W. erklärt, am 22. April 2003 und in den Tagen danach seien beide Faxgeräte des Verwaltungsgerichts in einem einwandfreien Zustand gewesen und hätten gemäß den beigefügten Journalen auch ordnungsgemäß empfangen. Das Verwaltungsgericht hat den Prozessbevollmächtigten des Klägers zu den Vorgängen im Zusammenhang mit der Absendung der Klageschrift und zu den von ihm getroffenen organisatorischen Anweisungen angehört sowie die Rechtsanwaltsfachangestellte im August 2005 und die Bürovorsteherin im März 2007 hierzu als Zeuginnen vernommen.

4 Mit Urteil vom 13. März 2007 hat das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, der Kläger habe die Klagefrist versäumt. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, da der Kläger sich das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten anrechnen lassen müsse. Es bestünden bereits Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Wiedereinsetzungsvorbringens, da sich die Zeugenaussagen und eine im Mai 2003 abgegebene eidesstattliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten nicht in allen Einzelheiten - etwa ob das Faxgerät ein Besetztzeichen abgegeben habe - deckten. Darauf komme es aber nicht an, weil der Prozessbevollmächtigte jedenfalls seine Angestellten nicht ordnungsgemäß über die im Falle einer Störung des Faxbetriebes zu ergreifenden Maßnahmen unterrichtet habe. Zum einen habe er versäumt, sie auf die Möglichkeit hinzuweisen, auch eine fehlgeschlagene Faxsendung durch Ausdruck einer Sammelliste mit den letzten 30 Faxabläufen zu dokumentieren. Zum anderen hätte die Möglichkeit bestanden, die Klageschrift am Abend des 22. April 2003 mit einem Taxi oder einem überregional tätigen Kurierdienst zum Verwaltungsgericht bringen zu lassen. Angesichts einer Entfernung von ca. 70 km und eines Streitwertes von mehr als 30 000 € sei ein solches Vorgehen zumutbar gewesen. Der Prozessbevollmächtigte habe es aber versäumt, seine Angestellten auf diese Möglichkeit hinzuweisen.

5 Das Verwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Mit seiner dagegen gerichteten Beschwerde macht der Kläger geltend, das Verwaltungsgericht habe die Klage zu Unrecht als unzulässig angesehen; insoweit habe die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung und das angefochtene Urteil weiche von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts ab. Das Verwaltungsgericht habe die Grenze der Zumutbarkeit für die bei Fehlschlagen der Faxübermittlung zu unternehmenden Anstrengungen verkannt. Entsprechend den ihnen erteilten Anweisungen hätten die Mitarbeiterinnen des Prozessbevollmächtigten die Klageschrift persönlich zu Fuß, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder auch mit einem Taxi zu einem nicht so entfernt liegenden Gericht gebracht, wenn das unter für sie zumutbaren Bedingungen möglich gewesen wäre. Eine Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln habe aber zur fraglichen Zeit nicht mehr bestanden. Die Inanspruchnahme eines Taxis hätten sie angesichts einer Straßenentfernung von ca. 160 km für Hin- und Rückweg für nicht zumutbar erachtet. Eine Anweisung, in einem solchen Fall einen privaten Kurierdienst in Anspruch zu nehmen oder das Schriftstück einem Taxifahrer auszuhändigen, habe der Prozessbevollmächtigte aus gutem Grund nicht erteilt, weil Taxifahrer und Fahrer von privaten Kurierdiensten nicht ausdrücklich auf die Einhaltung des Briefgeheimnisses verpflichtet seien, so dass bei einem solchen Transport die Wahrung der anwaltlichen Schweigepflicht nicht gewährleistet sei. Es stelle sich daher die grundsätzliche Frage, ob der Prozessbevollmächtigte zur Einhaltung von Fristen auch private Dritte, die keiner Verschwiegenheitspflicht unterworfen seien, mit der Übermittlung beruflich und im Auftrag von Mandanten verfasster Schriftstücke beauftragen dürfe. Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, dass die aus den technischen Gegebenheiten des Kommunikationsmittels herrührenden besonderen Risken nicht auf den Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden dürften. Die Anforderungen an das, was der Betroffene veranlasst haben müsse, um Wiedereinsetzung zu erlangen, dürften nicht überspannt werden. Daran habe sich das Verwaltungsgericht nicht gehalten.

6 Der Beklagte tritt der Nichtzulassungsbeschwerde entgegen.

II

7 Die Beschwerde ist begründet. Dabei kann offenbleiben, ob die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO vorliegen. Zwar hat der Kläger nicht ausdrücklich auch den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO benannt. Der Sache nach stellt sein Vortrag, das Verwaltungsgericht habe die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen, jedoch eine entsprechende Rüge dar, denn die - unrichtige - Entscheidung durch Prozessurteil statt durch Sachurteil stellt einen Verfahrensfehler dar (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 132 Rn. 21 m.w.N.). Diese Rüge ist berechtigt. Die vom Verwaltungsgericht angeführten Gründe tragen die Abweisung der Klage als unzulässig nicht. Der Senat macht daher von der Möglichkeit des § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

8 Es steht außer Frage, dass der Kläger die am 22. April 2003 ablaufende Klagefrist nicht eingehalten hat. Die Klageschrift ist erst am 24. April 2003 per Post beim Verwaltungsgericht eingegangen. Die vom Verwaltungsgericht festgestellten Tatsachen tragen jedoch seine Aussage nicht, dem Kläger könne nach § 60 Abs. 1 VwGO keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, weil das Fristversäumnis auf einem Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruhe, das dem Kläger gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zuzurechnen sei.

9 Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ein entsprechendes Verschulden des Prozessbevollmächtigten nicht schon darin gesehen, dass er die Kanzlei nach Erteilung der Anweisung, die Klageschrift an das Gericht zu faxen, verlassen hat und danach telefonisch nicht mehr erreichbar war. Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass ein Rechtsanwalt die Übersendung eines fristwahrenden Schriftsatzes einer als zuverlässig erwiesenen und ordnungsgemäß eingewiesenen Bürokraft überlassen darf (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 1988 - BVerwG 9 C 271.86 - NJW 1988, 2814; BGH, Beschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZB 32/07 - NJW 2007, 2778). Ebenso wenig kann von ihm verlangt werden, für den Fall etwa auftretender Schwierigkeiten jederzeit zur Einholung von Einzelanweisungen erreichbar zu sein. Anderenfalls wären die Arbeits- und Bewegungsmöglichkeiten des Rechtsanwalts unangemessen eingeschränkt, wie beispielsweise der Fall belegt, dass der Rechtsanwalt nach Ausfertigung des fristwahrenden Schriftstücks einen Gerichtstermin wahrnehmen muss. Entscheidend ist vielmehr, ob die vom Anwalt allgemein oder im konkreten Fall gegebenen Anweisungen nach Maßgabe der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ausreichen, den rechtzeitigen Zugang des Schriftstücks beim Empfänger sicherzustellen.

10 Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht dem Prozessbevollmächtigten des Klägers aber als einen - für die Säumnis maßgeblichen - Organisationsmangel zur Last gelegt, er habe seine Mitarbeiterinnen unzureichend über die Funktionsweise des Faxgerätes informiert, weil er sie nicht auf die Möglichkeit der Dokumentation eines fehlgeschlagenen Sendeversuchs durch Ausdrucken einer Sammelliste hingewiesen habe. Übereinstimmend haben der Prozessbevollmächtigte und seine Angestellten ausgesagt, dass jede erfolgte Faxsendung durch einen entsprechenden Sendebericht dokumentiert werde. Richtig ist auch, dass ihnen allen bis zu den hier in Rede stehenden Vorfällen die Möglichkeit der Dokumentation eines Fehlversuchs nicht bekannt war. Diese Unkenntnis war jedoch für das dem Prozessbevollmächtigten zur Last gelegte Fristversäumnis ohne jede Bedeutung. Ein Ausdruck der Sammelliste hätte lediglich den schriftlichen Beleg dafür erbracht, dass die Sendung an das Verwaltungsgericht nicht erfolgreich abgeschlossen worden war. Darüber bestand aber weder bei der Rechtsanwaltsfachangestellten noch bei der Bürovorsteherin irgendein Zweifel. Deshalb haben sie den Prozessbevollmächtigten am nächsten Morgen sofort darauf hingewiesen, dass die Faxübermittlung gescheitert sei. Auf dieser Grundlage hat der Prozessbevollmächtigte sofort seinen Wiedereinsetzungsantrag auf den Weg gebracht. Selbst wenn man daher in der unterbliebenen Aufklärung über die Möglichkeit, fehlgeschlagene Faxsendungen zu dokumentieren, einen Organisationsmangel sehen will, war dieser für das eingetretene Fristversäumnis nicht ursächlich. Bei fehlender Kausalität schließt ein Organisationsmangel aber die Wiedereinsetzung nicht aus (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2007 a.a.O.).

11 Einen weiteren Organisationsmangel sieht das Verwaltungsgericht darin, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers seine Angestellten nicht auf die Möglichkeit hingewiesen habe, beim Scheitern der Telefaxübermittlung einen privaten Kurierdienst in Anspruch zu nehmen oder die Sendung einem Taxifahrer auszuhändigen. Zwar dürfte diese Möglichkeit entgegen der Annahme des Klägers nicht schon deshalb ausscheiden, weil damit die Gefahr einer Verletzung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht verbunden wäre. Unabhängig davon, ob die genannten Dienste nicht schon von Rechts wegen zur Wahrung des Briefgeheimnisses verpflichtet sind, hätte jedenfalls vorliegend die Kenntnisnahme Dritter vom Inhalt der zu übermittelnden Klageschrift niemandem irgendeinen Schaden zufügen können. Zu Recht rügt der Kläger aber, dass das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die zur Wahrung der Rechtsmittelfristen zu fordernden Anstrengungen den Maßstab der Zumutbarkeit verkannt hat. Die insoweit gestellten Anforderungen müssen mit den Belangen einer rechtsstaatlichen Verfahrensordnung vereinbar sein und dürfen den einzelnen Rechtsuchenden nicht unverhältnismäßig belasten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. März 1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118 <124>). Es kann offenbleiben, ob von einem Rechtsanwalt, der sich und seine organisatorischen Vorkehrungen darauf eingerichtet hat, einen Schriftsatz durch Fax zu übermitteln, beim Scheitern der gewählten Übermittlung infolge eines Defekts des Empfangsgerätes oder wegen Leitungsstörungen nicht verlangt werden kann, dass er innerhalb kürzester Zeit eine andere als die gewählte, vom Gericht offiziell eröffnete Zugangsart sicherstellt (so BVerfG, 2. Kammer des 1. Senats, Beschluss vom 1. August 1996 - 1 BvR 121/95 - NJW 1996, 2857; vgl. dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 5. November 1999 - 4 Bs 351/99 - NJW 2000, 1667; vgl. auch BVerfG, 3. Kammer des 2. Senats, Beschluss vom 11. Mai 2005 - 2 BvR 526/05 - NJW 2006, 829). Jedenfalls dürfen die dem Rechtsanwalt abverlangten Maßnahmen das Maß des Zumutbaren nicht übersteigen. Wo insoweit die Grenzen liegen, ist regelmäßig eine Frage des konkreten Einzelfalls. Unter den hier gegebenen Umständen ist diese Grenze jedoch eindeutig überschritten.

12 Es steht fest, dass zwischen der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten und dem Verwaltungsgericht eine Entfernung von mindestens 70 km liegt. Fest steht auch, dass diese Entfernung in der Zeit zwischen dem Scheitern der Übermittlung durch Telefax und dem Ablauf der Klagefrist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zu überbrücken war. Es gab auch keine erkennbare Möglichkeit, auf ein anderes Faxgerät auszuweichen. Selbst wenn eine solche Möglichkeit bestanden hätte, wären die Erfolgsaussichten äußerst zweifelhaft gewesen, weil nach Angaben der Angestellten des Prozessbevollmächtigten Faxsendungen an andere Faxempfänger problemlos zustande kamen. Die vom Verwaltungsgericht unter diesen Umständen allein ins Auge gefassten Möglichkeiten der Inanspruchnahme eines Kurierdienstes oder des Botendienstes eines Taxifahrers hätten erhebliche organisatorische und vor allem finanzielle Anstrengungen erfordert. Bei einer überschaubaren Entfernung zwischen Gericht und Anwaltskanzlei sind solche Anstrengungen gerechtfertigt. Bei einer Entfernung von 70 km und mehr erscheint die Forderung, einen solchen Dienst in Anspruch zu nehmen, um unter allen Umständen die Rechtsmittelfrist einzuhalten, aber nicht mehr als verhältnismäßig.

13 Das Verwaltungsgericht wird nunmehr erneut über die Klage und über das vom Kläger angebrachte Wiedereinsetzungsgesuch zu entscheiden haben. Wegen der im angefochtenen Urteil geäußerten Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Wiedereinsetzungsvorbringens ist diese Entscheidung dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt. Das Verwaltungsgericht wird aber die von ihm angesprochenen Differenzen in den Zeugenaussagen der Büroleiterin und der Anwaltsfachangestellten im Lichte der Tatsache würdigen müssen, dass zwischen den hier in Rede stehenden Vorfällen und den Zeugenaussagen zwei bzw. vier Jahre lagen und dass es sich bei der Versendung von Telefaxen um Routinevorgänge handelt, mit denen die Zeuginnen auch nach dem fehlgeschlagenen Sendeversuch ständig befasst waren.

14 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.