Verfahrensinformation

Die Kläger sind Eigentümer von drei in der beklagten Stadt Bad Ems gelegenen Grundstücksparzellen, von denen eine mit einem teils als Gaststätte genutzten Gebäude bebaut ist. Hinter der Bebauung liegt ein steil aufragender Schieferfels (sogenannte Bäderlei), der die beiden übrigen Parzellen völlig umfasst. In Teilbereichen des Felsens sind in der Vergangenheit wiederholt Gesteinsbrocken abgebrochen und in die hinteren Hofbereiche anliegender Grundstücke gefallen. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von ordnungsbehördlichen Verfügungen der Beklagten, mit denen den Klägern Felssicherungsmaßnahmen aufgegeben worden sind sowie die Ersatzvornahme angedroht und festgesetzt worden ist. Bei von der Beklagten daraufhin in Auftrag gegebenen Felssicherungsmaßnahmen sind Kosten in Höhe von rund 59.000 € entstanden. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Im Revisionsverfahren wird unter anderem zu klären sein, inwieweit nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. dem bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Rechtmäßigkeit einer gegen den zustandsverantwortlichen Eigentümer gerichteten Ordnungsverfügung von der Prüfung der Zumutbarkeit der aus der Verfügung resultierenden Kostenbelastung des Eigentümers abhängt.


Beschluss vom 14.04.2004 -
BVerwG 6 B 72.03ECLI:DE:BVerwG:2004:140404B6B72.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.04.2004 - 6 B 72.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:140404B6B72.03.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 72.03

  • OVG Rheinland-Pfalz - 11.09.2003 - AZ: OVG 12 A 10423/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. April 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. H a h n und Dr. G r a u l i c h
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 11. September 2003 wird aufgehoben soweit das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat.
  2. Die Revision wird in diesem Umfang zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Sie kann zur näheren Klärung der Frage beitragen, inwieweit nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. dem bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Rechtmäßigkeit einer gegen den zustandsverantwortlichen Eigentümer gerichteten Ordnungsverfügung von der Prüfung der Zumutbarkeit der aus der Verfügung resultierenden Kostenbelastung des Eigentümers abhängt.
Rechtsmittelbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 6 C 6.04 fortgesetzt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, einzureichen.
Für den Revisionskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Der Revisionskläger muss sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften ferner durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen, soweit er einen Antrag stellt.

Beschluss vom 06.06.2005 -
BVerwG 6 C 6.04ECLI:DE:BVerwG:2005:060605B6C6.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.06.2005 - 6 C 6.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:060605B6C6.04.0]

Beschluss

BVerwG 6 C 6.04

  • OVG Rheinland-Pfalz - 11.09.2003 - AZ: OVG 12 A 10423/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Juni 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. H a h n und Dr. G r a u l i c h
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird eingestellt.
  2. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. September 2003 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. Dezember 2002 sind wirkungslos, soweit sie die Regelungen in Ziffer I Nr. 2, 3 und 4 sowie die entsprechende Androhung der Ersatzvornahme in Ziffer II der Verfügung der Beklagten vom 30. September 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses bei der Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises vom 20. August 2001 betreffen.
  3. Die Kläger haben als Gesamtschuldner von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 18,77 vom Hundert, von den Kosten des Berufungsverfahrens 12,65 vom Hundert und von den Kosten des Revisionsverfahrens ein Viertel zu tragen. Im Übrigen trägt die Beklagte die jeweiligen Verfahrenskosten.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 31 483,71 € festgesetzt.

I


Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Die Vorentscheidungen haben Bestand, soweit die Berufung zurückgewiesen und der Klage stattgegeben worden ist und soweit das erstinstanzliche Verfahren nach teilweiser Klagerücknahme eingestellt worden ist. Im Übrigen, nämlich hinsichtlich der Entscheidung über die Klage gegen die Regelungen in Ziffer I Nr. 2 bis 4 der Verfügung vom 30. September 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2001, sind die Vorentscheidungen wirkungslos (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, beruht die Kostenentscheidung auf § 161 Abs. 2 VwGO. Danach ist über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es, unter Heranziehung des Kostengrundsatzes in § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Verfahrenskosten zu einem Viertel den Klägern als Gesamtschuldnern (§ 159 Satz 2 VwGO) und zu drei Vierteln der Beklagten aufzuerlegen. Die Parteien haben den Rechtsstreit vor dem Hintergrund für erledigt erklärt, dass die Beklagte auf eine Anregung des erkennenden Senats hin die Ordnungsverfügung vom 30. September 1999 um eine Regelung ergänzt hat, wonach die Haftung der Kläger für die auf die Felssicherungsmaßnahmen zu Ziffer I Nr. 2 bis 4 entfallenden Ersatzvornahmekosten auf 50 % begrenzt ist. Die Verteilung der Verfahrenskosten berücksichtigt einerseits, dass das zur Erledigung führende Ereignis die zwischen den Parteien streitige Frage der Kostenlastbegrenzung im Sinne eines hälftigen Obsiegens bzw. Unterliegens beantwortet. Andererseits hat die Beklagte mit der Ergänzung der Ordnungsverfügung dem Revisionsvorbringen der Kläger folgend anerkannt, dass einer aus Art. 14 Abs. 1 GG folgenden Begrenzung der Kostenbelastung des Zustandsverantwortlichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2000 - 1 BvR 242/91 u.a. - BVerfGE 102, 1 ff.) bereits auf der Ebene der ordnungsrechtlichen Grundverfügung Rechnung zu tragen ist. Es erscheint daher billig, die Beklagte mit dem überwiegenden Teil der Verfahrenskosten zu belasten.
Die Verteilung der Kosten für die vorangegangenen Instanzen bezieht die bisherigen Kostenentscheidungen im Umfang ihrer Aufrechterhaltung ein und beruht im Übrigen auf einer Kostenquote von ein Viertel (Kläger) zu drei Vierteln (Beklagte). Für die I. Instanz war dabei die Kostenentscheidung unberührt zu lassen, soweit sie die teilweise Klagerücknahme betrifft (7 vom Hundert). In Streit standen nach der teilweisen Klagerücknahme noch insgesamt 83 715,14 €, die sich unterteilen in 59 263,46 € (Kosten für die Sicherungsmaßnahmen zu Ziffer I Nr. 1 bis 6 der Verfügung vom 30. September 1999), 20 451,68 € (Hälfte der in Ziffer II der Verfügung vom 30. September 1999 geschätzten Ersatzvornahmekosten) und 4 000 € (Ansatz für die Verfügung vom 2. November 1999). Somit entfallen weitere 45,954 % (= 41 366,471 € aus 83 715,14 €) auf den rechtskräftig entschiedenen Teil des Rechtsstreits, nämlich die Klage gegen die Regelungen in Ziffer I Nr. 1, 5 und 6 der Verfügung vom 30. September 1999 (berücksichtigt mit 46,875 % von 59 263,46 € = 27 779,746 € <vgl. dazu unter II.>), gegen die entsprechende Androhung der Ersatzvornahme in Ziffer II der Verfügung vom 30. September 1999 (46,875 % von 20 451,68 € = 9 586,725 €) sowie gegen die Verfügung vom 2. November 1999 (4 000 € aus 83 715,14 €). Von den auf den verbleibenden Teil (47,046 % = 42 348,699 € aus 83 715,14 €) entfallenden Kosten tragen die Kläger ein Viertel (47,046 % x 0,25 = 11,762 %) und die Beklagte drei Viertel (47,046 % x 0,75 = 35,285 %), so dass die Kläger insgesamt (gerundet) 18,77 % (11,762 % + 7 %) der erstinstanzlichen Kosten tragen.
Für die II. Instanz war die Kostenentscheidung ebenfalls hinsichtlich des rechtskräftig entschiedenen Teils des Rechtsstreits aufrechtzuerhalten (41 366,471 € von 83 715,14 € = 49,413 %). Von den auf den verbleibenden Teil (42 348,999 € von 83 715,14 € = 50,587 %) entfallenden Kosten tragen die Kläger ein Viertel (50,587% x 0,25 = 12,647 %) und die Beklagte drei Viertel (50,587% x 0,75 = 37,94 %), so dass sich für die Kläger eine Kostenquote von (gerundet) 12,65 % ergibt.

II


Die Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. i.V.m. § 72 Nr. 1 GKG n.F. und orientiert sich an den Kosten für die Ersatzvornahme (59 263,46 €), soweit diese auf die Maßnahmen zu Ziffer I Nr. 2 bis 4 der Ordnungsverfügung vom 30. September 1999 entfallen. Für die Aufteilung hat der Senat mangels anderweitiger Hinweise das Verhältnis zugrunde gelegt, das sich unter Heranziehung der unter Ziffer II der Verfügung vom 30. September 1999 im Rahmen der Ersatzvornahmeandrohung bezifferten Teilbeträge ergibt (Ziffer II.1: 25 000 DM = 31,25 %; Ziffer II.2: 2 500 DM = 3,125 %; Ziffer II.3: 20 000 DM = 25 %; Ziffer II.4: 20 000 DM = 25 %; Ziffer II.5: 2 500 DM = 3,125 %; Ziffer II.6: 10 000 DM = 12,5 %). Danach entfällt auf die im Revisionsverfahren streitgegenständlich gebliebenen Maßnahmen zu Ziffer I Nr. 2 bis 4 ein Anteil von 53,125 %, was einem Betrag von 31 483,71 € entspricht. Die Androhung der Ersatzvornahme bleibt streitwertmäßig unberücksichtigt (vgl. Ziffer 1.6.2 des Streitwertkatalogs 2004). Die Streitwertfestsetzungen der Vorinstanzen bleiben unberührt.