Beschluss vom 06.05.2003 -
BVerwG 5 B 220.02ECLI:DE:BVerwG:2003:060503B5B220.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.05.2003 - 5 B 220.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:060503B5B220.02.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 220.02

  • Bayerischer VGH München - 23.04.2002 - AZ: VGH 11 B 00.1330

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Mai 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. S ä c k e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
S c h m i d t und Dr. F r a n k e
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. April 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vorgetragenen Gründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.
1. Der Kläger ist - nachdem das Bundesverwaltungsamt den Antrag des Vaters des Klägers auf Erteilung eines Aufnahmebescheides und auf Einbeziehung des Klägers in diesen abgelehnt hatte - gemäß § 8 Abs. 2 BVFG als Familienangehöriger der zweiten Ehefrau seines - in den Aufnahmebescheid der Ehefrau einbezogenen - Vaters im Januar 1997 in das Bundesgebiet eingereist. Nachdem der Vater des Klägers eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG erhalten hatte, hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, den Kläger als Abkömmling eines Spätaussiedlers gemäß § 7 Abs. 2 BVFG anzuerkennen und in die Bescheinigung seines Vaters einzutragen (Urteil vom 21. März 2000). Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, die rechtswidrige Versagung eines (eigenen) Aufnahmebescheides für den Vater des Klägers durch das Bundesverwaltungsamt habe dazu geführt, dass der Kläger nicht gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in einen solchen Bescheid habe einbezogen werden können, und darin liege eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG. Da aber dem Vater des Klägers nach der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG kein rechtliches Interesse an der Erteilung eines nachträglichen Aufnahmebescheids zugestanden werden könne, könne dem Kläger - der selbst nicht Spätaussiedler sei - kein Härtefall-Einbeziehungsbescheid erteilt werden. In diesem extremen Ausnahmefall verdichte sich der Anspruch des Klägers ausnahmsweise derart, dass er unmittelbar die Verpflichtung des Beklagten erreichen könne, ihn als Abkömmling eines Spätaussiedlers in die Bescheinigung seines Vaters einzutragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hingegen hat die Klage in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils unter Bezugnahme auf das zwischenzeitlich ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juli 2001 - BVerwG 5 C 32.00 - (Buchholz 412.3 § 8 BVFG Nr. 1) im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2, § 7 Abs. 2 BVFG, weil er das Gebiet der ehemaligen Sowjetunion nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen habe. Allerdings sei ihm nach dem genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts die Möglichkeit zu geben, beim Bundesverwaltungsamt seine Einbeziehung in einen nachträglichen Aufnahmebescheid für seinen Vater gemäß § 27 Abs. 2, § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 BVFG zu erreichen. In diesem Verfahren sei auch die Frage zu prüfen, ob die Versagung einer solchen nachträglichen Aufnahme eine besondere Härte bedeuten würde. Da der Kläger diesen Weg jedoch trotz entsprechenden Hinweises nicht beschreiten wolle, sei der Berufung des Beklagten stattzugeben gewesen. Die Zulassung der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung abgelehnt, die vom Kläger als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage, ob ein Härtefall vorliege, könne im vorliegenden Verfahren nicht abschließend geklärt werden, weil sie außerhalb des Streitgegenstandes liege; die Frage, ob der Kläger im anhängigen Verfahren unmittelbar die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2, § 7 Abs. 2 BVFG erreichen könne, sei durch das genannte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bereits in verneinendem Sinne geklärt.
2. Soweit die Beschwerde zur Begründung der Grundsatzrüge geltend macht, es handle sich zwar beim Fall des Klägers um einen Ausnahmefall, wie er "höchstwahrscheinlich (oder hoffentlich) nie mehr so vorkommen" werde, doch sei es "als Verstoß gegen Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz zu beanstanden", dass die Revision nur zugelassen werde, wenn dies der Fortbildung des Rechtes oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsordnung diene, da damit die obersten Gerichte "letztlich eine Gesetzgeberaufgabe erfüllen" sollten, geht dies fehl. Der für die Nichtzulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung maßgebliche Gesichtspunkt ist im vorliegenden Verfahren nicht - wie die Beschwerde meint -, dass ein Fall wie der des Klägers nur selten vorkomme, sondern - wie die Vorinstanz unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juli 2001 (a.a.O.) zutreffend ausgeführt hat -, dass die als rechtsgrundsätzlich bedeutsam in Betracht kommende Frage zum Verhältnis von Aufnahmeverfahren (§ 27 Abs. 1, 2 BVFG) einerseits und Bescheinigungsverfahren (§ 15 BVFG) andererseits mit Blick auf die Zuständigkeit zur Prüfung von Härtefallgesichtspunkten bereits höchstrichterlich in dem Sinne geklärt ist, dass einer als weiterer Familienangehöriger im Sinne des § 8 Abs. 2 BVFG eingereisten Person nur dann eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2, § 7 Abs. 2 BVFG erteilt werden kann, wenn ihr im Sinne der §§ 26 ff. BVFG ein Aufnahmebescheid erteilt bzw. sie in einen Aufnahmebescheid einbezogen worden ist, und dass die rechtliche Möglichkeit der Einbeziehung in einen nachträglichen Aufnahmebescheid gegenüber dem Bundesverwaltungsamt verfolgt werden muss. Rechtliche Gesichtspunkte, welche im Zusammenhang mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juli 2001 (a.a.O.) einen weiteren grundsätzlichen Klärungsbedarf begründen könnten, trägt die Beschwerde jedoch nicht vor. Die bloße Rechtsbehauptung der Beschwerde, die Vorinstanz hätte die Frage, ob ein Härtefall im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG vorliege, nicht als außerhalb des Streitgegenstandes des (Bescheinigungs-)Verfahrens liegend unbeantwortet lassen dürfen, genügt als bloße Einwendung gegen die sachliche Richtigkeit des Berufungsurteils nicht dem Erfordernis der "Darlegung" der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO); hierzu bedarf es vielmehr eines konkreten Eingehens auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (vgl. Beschluss vom 10. November 1992 - BVerwG 2 B 137.92 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 6).
3. Soweit die Beschwerde als Verfahrensmangel rügt, der Verwaltungsgerichtshof hätte ein Rechtschutzbedürfnis für die Klage nicht verneinen dürfen und habe sich damit den Einstieg in die Behandlung der Sache versperrt, rechtfertigt dies die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil der Verwaltungsgerichtshof auf diesen Gesichtspunkt nicht entscheidungstragend abgestellt hat, sondern darauf, dass der Kläger Kasachstan nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen hat (vgl. S. 5 des Urteils).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG.