Beschluss vom 06.03.2014 -
BVerwG 9 B 64.13ECLI:DE:BVerwG:2014:060314B9B64.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014 - 9 B 64.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:060314B9B64.13.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 64.13

  • OVG Koblenz - 28.08.2013 - AZ: OVG 8 C 10036/13

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. März 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bick
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. August 2013 ergangenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf den Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Dem Oberverwaltungsgericht musste sich auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung die von der Beschwerde bezeichnete weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht aufdrängen (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> Nr. 26 S. 14 f.).

2 a) Die Beschwerde meint, das Oberverwaltungsgericht hätte klären müssen, ob bei einer - alternativen - Führung der Trasse in Troglage (Unterquerung der Bahnlinie) in grundwasserführende Schichten eingegriffen würde und welche Folgen dies im Vergleich zur planfestgestellten Lösung für die Betroffenheit der Grundstücke der Kläger hätte. Dem kann nicht gefolgt werden.

3 Nach der maßgebenden Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts kam es auf eine genaue Kenntnis der Auswirkungen einer Troglage auf das Grundwasser nicht entscheidungserheblich an. Das Gericht hat angenommen, dass sich die Troglage bei einer Abwägung aller Belange nicht als vorzugswürdig aufdrängen musste. Diese Variante weise Vorteile im Hinblick auf Umweltbelange und die Belastung der Grundstücke der Kläger mit Verkehrslärm auf. Auf der anderen Seite brächte eine Troglage nach dem Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung erhebliche baubedingte Risiken durch den Einschnitt in grundwasserführende Schichten mit sich, so dass die Risiken für das Grundwasser vor Baubeginn genauer untersucht werden müssten. Der Straßenbaulastträger habe eine Unterquerung der Bahnlinie (Troglage) vor allem deshalb ausgeschlossen, weil diese Variante zu erheblichen Mehrkosten in Höhe von 3,579 Mio. Euro geführt hätte. Somit hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass die Variante einer Troglage bereits wegen der damit verbundenen Risiken für das Grundwasser, unabhängig davon aber auch aus wirtschaftlichen Erwägungen ausgeschlossen werden durfte.

4 Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass sich auf dieser Grundlage dem Oberverwaltungsgericht bei Berücksichtigung des Vorbringens der Kläger die Notwendigkeit hätte aufdrängen müssen, die in der Umweltverträglichkeitsstudie aufgestellte bloße Vermutung eines Einschnitts in grundwasserführende Schichten zu klären. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass bei einer Unterquerung der Bahnlinie ein Einschnitt mit einer Tiefe von 4 m bis 4,80 m vorgesehen sei. Die Beschwerde führt selbst aus, dass die Kläger auf Kartendarstellungen der Stadtverwaltung Worms hingewiesen haben, wonach das Grundwasser bei ca. 4 m unter der Geländeoberkante stehe. Bei dieser Sachlage durfte das Gericht ohne Weiteres von einer Grundwassergefährdung ausgehen. Die Beschwerde legt nicht nachvollziehbar dar, weshalb sich aus dem weiteren Vorbringen der Kläger in der mündlichen Verhandlung (Hinweis auf eine Bahnunterführung ca. 700 m weiter nördlich und Wegfall eines Baches) etwas anderes hätte ergeben sollen.

5 Es trifft nicht zu, dass das Oberverwaltungsgericht die Folgen einer Troglage auf die Grundstücke der Kläger bei der Überprüfung der Variantenauswahl nicht in den Blick genommen hat. Wie bereits ausgeführt, hat es angenommen, dass bei einer Troglage die Lärmsituation für die Grundstücke der Kläger günstiger wäre. Das Gericht ist ferner davon ausgegangen, dass das Grundeigentum der Kläger bei beiden Varianten in gleichem Umfang in Anspruch genommen werden müsse. Die Beschwerde zeigt weder auf, weshalb und hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände die Auswirkungen einer Troglage auf die Grundstücke der Kläger noch weiter hätten untersucht werden müssen, noch legt sie die Entscheidungserheblichkeit entsprechender Erkenntnisse dar.

6 b) Die Beschwerde rügt ferner, das Oberverwaltungsgericht habe eine Existenzgefährdung des Gewerbebetriebes der Kläger nicht - wie die Planfeststellungsbehörde - nur unterstellen dürfen, sondern hätte diese Frage mit Blick auf Planungsalternativen klären müssen. Auch diese Rüge kann nicht durchdringen. Das Oberverwaltungsgericht ist in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass die Planfeststellungsbehörde die Klärung der Frage einer Existenzbeeinträchtigung dem Enteignungsverfahren vorbehalten darf, wenn sie den für die Planung sprechenden Gesichtspunkten auch bei einer unterstellten Existenzgefährdung den Vorrang einräumt (stRspr, vgl. nur Urteile vom 23. März 2011 - BVerwG 9 A 9.10 - juris Rn. 28 und vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 9 A 19.11 -, NVwZ 2013, 649 Rn. 77 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228). Wenn die Beschwerde meint, das Oberverwaltungsgericht habe verkannt, dass der Verwirklichung des Vorhabens angesichts möglicher Planungsalternativen kein Vorrang gegenüber dem Interesse der Kläger am Erhalt ihres Betriebes zukommen könne, greift sie dessen Rechtsauffassung an und verfehlt damit den Anwendungsbereich der Aufklärungspflicht. Davon abgesehen trifft es nicht zu, dass das Oberverwaltungsgericht die Möglichkeit einer alternativen Trassenführung außer Acht gelassen hat. Es hat vielmehr angenommen, dass es keine alternative Trassenführung gebe, mit der die Planziele der Bündelung des Verkehrs und der Entlastung der Innenstadt in gleicher Weise verwirklicht werden könnten. Bei einer Verschiebung der Trasse in nördliche Richtung zur Vermeidung einer Inanspruchnahme der Kläger würde noch stärker in das Eigentum eingegriffen, weil bereits bebaute Grundstücksteile betroffen wären. Diese Einschätzung greift die Beschwerde nicht an.

7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.