Beschluss vom 06.03.2003 -
BVerwG 6 B 2.03ECLI:DE:BVerwG:2003:060303B6B2.03.0

Beschluss

BVerwG 6 B 2.03

  • VGH Baden-Württemberg - 19.09.2002 - AZ: VGH 14 S 1429/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. März 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundes-verwaltungsgericht Dr. H a h n und Dr. G r a u l i c h
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19. September 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 19 338 € festgesetzt.

I. Die Beschwerde ist unbegründet. Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt. Diese rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.
1. Der Kläger stützt die Beschwerde darauf, dass das angefochtene Urteil auf Verfahrensmängeln beruhe. Diese werden jedoch nicht in der gebotenen Weise dargelegt.
a) Er macht als Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zunächst geltend, der Verwaltungsgerichtshof sei von einer unzutreffenden Rechtsansicht ausgegangen, indem er als Verletzung einer Berufspflicht im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 2 SchfG ein für die ordnungsgemäße Verwaltung des Kehrbezirks erhebliches Verhalten für ausreichend erachtet habe, nicht jedoch die Bedeutsamkeit dieses Verhaltens für die Feuersicherheit gewürdigt habe, was nach seiner, des Klägers, Auffassung Voraussetzung für eine Verletzung einer Berufspflicht sei. Damit kann ein Verfahrensfehler nicht dargetan werden. Verfahrensfehler sind Verstöße gegen prozessuale Verfahrensnormen, also Fehler, die den Weg zur gerichtlichen Entscheidung betreffen, nicht jedoch solche, die dem Inhalt der Entscheidung anhaften. Eine, wie hier zu unterstellen ist, fehlerhafte Auslegung eines Tatbestandsmerkmals kann allenfalls dann auf einen Verfahrensfehler führen, wenn sie darauf beruht, dass das Gericht das diesbezügliche Vorbringen der Beteiligten nicht genügend zur Kenntnis genommen hat. Das zeigt die Beschwerde indessen nicht auf.
b) Das Berufungsgericht hat unter Verweisung auf die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die auf einer Anhörung eines Herrn H. von der Schornsteinfegerinnung beruhen, eine Verletzung der Berufspflichten bei der so genannten Feinabstimmung, auf deren Grundlage die Kehrbezirksgrenzen im Einzelnen festgelegt werden, darin gesehen, dass der Kläger das Landratsamt nicht mit zutreffenden Angaben unterstützt, sondern eine Abgrenzung angeregt habe, die das ihm bekannte anzustrebende Ergebnis deutlich verfehlt habe (UA S. 11). Der Kläger führt aus, er habe in der zur Feinabstimmung anberaumten Sitzung am 18. Dezember 2000 über keine genauen Daten verfügt; es sei allen Beteiligten klar gewesen, dass es sich nur um grobe Schätzungen gehandelt habe. Genaue Daten habe er erst bei der Abgabe der Arbeitswerte am 3. Februar 2001 gehabt und dabei bewusst - aus seiner Sicht aus nachvollziehbaren Gründen - unrichtige Werte abgegeben. Am 18. Dezember 2000 habe er sich danach nicht falsch verhalten. Die Auffassung des Berufungsgerichts, er habe sich an diesem Tag fahrlässig falsch verhalten, sei fehlerhaft. Bei umfassender Aufklärung des Sachverhalts (Verhalten des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der "Feinabstimmung") hätte der Verwaltungsgerichtshof zu dem Schluss kommen müssen, dass er seine Berufspflichten nicht verletzt habe. Auch mit diesem Vorbringen wird ein Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht dargelegt. Die Darlegung des Verfahrensmangels ungenügender Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) erfordert die substantiierte Erklärung, hinsichtlich welcher tatsächlicher Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.
c) Hinsichtlich der Bewertung seines Verhaltens als "gröbliche" Verletzung der Berufspflichten hält der Kläger dem Verwaltungsgerichtshof lediglich eine andere Bewertung entgegen. Damit kann ein Verfahrensfehler nicht dargelegt werden.
2. Die Beschwerde wird ferner auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützt. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage verleiht der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
Der Kläger wirft die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Widerruf der Bestellung zum Bezirksschornsteinfegermeister gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 2 SchfG und der Versetzung in den Ruhestand gemäß § 10 SchfG auf. Diese Frage wird vor dem Hintergrund der Überlegung gestellt, die Versetzung in den Ruhestand könne für den Bezirksschornsteinfeger weniger belastend sein als der Widerruf der Bestellung. Unter den Umständen des Falles kann ein Revisionsverfahren jedoch nicht zu einer Klärung des Verhältnisses der beiden Instrumentarien beitragen. Denn der Widerruf der Bestellung ist bereits mit Verfügung vom 29. März 2001 ausgesprochen worden, die dem Kläger am 4. April 2001 zugestellt worden ist. Widerspruch und Klage gegen diesen Bescheid hatten gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 11 Abs. 4 SchfG keine aufschiebende Wirkung. Damit lagen seit dem 4. April 2001 die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Versetzung in den Ruhestand nach § 10 SchfG nicht vor. Denn diese Vorschrift setzt voraus, dass ein Bezirksschornsteinfeger aus bestimmten Gründen dauernd unfähig ist, die Arbeit der Gesellen und Lehrlinge zu überwachen. Ist der Betreffende nicht mehr Bezirksschornsteinfegermeister, weil seine Bestellung sofort vollziehbar widerrufen ist, so kann er nicht in den Ruhestand versetzt werden. Die Behörde hatte nicht, wie der Kläger meint, beim Erlass des Bescheids vom 29. März 2001 die Wahl zwischen dem Widerruf der Bestellung und der Versetzung in den Ruhestand. Denn der Kläger hatte, wie sich aus den vom Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen Verwaltungsvorgängen ergibt, unmittelbar vor Wirksamwerden des Widerrufs seiner Bestellung lediglich beantragt, "in ca. max. 3 Jahren" den Vor-
ruhestand anzutreten. Anhaltspunkte dafür, dass er zum damaligen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Versetzung in den Ruhestand gemäß § 10 SchfG erfüllte, ergaben sich aus diesem Antrag nicht. Einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand hat er erst mit Schriftsatz vom 3. Mai 2001 gestellt. Der im Beschwerdeverfahren vorgetragene Tatsachenstoff hinsichtlich einer länger zurückliegenden und auf eine Dienstunfähigkeit im Sinne des § 10 SchfG deutenden Erkrankung ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt und lässt sich auch nicht den vom Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen Akten entnehmen.
II. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.