Beschluss vom 06.01.2004 -
BVerwG 1 B 6.03ECLI:DE:BVerwG:2004:060104B1B6.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.01.2004 - 1 B 6.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:060104B1B6.03.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 6.03

  • Hamburgisches OVG - 30.08.2002 - AZ: OVG 1 Bf 246/01.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Januar 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H u n d und R i c h t e r
beschlossen:

  1. Der Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. August 2002 wird zurückgewiesen.
  3. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Beschwerde abgelehnt (§ 166 VwGO, § 114 ZPO).
Die ausschließlich auf Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Mit der ersten Verfahrensrüge (Beschwerdebegründung S. 2) macht die Beschwerde geltend, das erkennende Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil nach der Geschäftsverteilung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts "für armenische Staatsangehörige" ein anderer Senat des Oberverwaltungsgerichts zuständig gewesen sei. Die auf einem Beschluss des Präsidiums des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 9. Juli 2001 beruhende Zuweisung des Berufungsverfahrens verletzt das durch § 138 Nr. 1 VwGO in Bezug genommene Verfahrensgrundrecht des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) der Kläger nicht; auf das Schreiben des Berichterstatters vom 22. Oktober 2003 wird insoweit Bezug genommen. Der Vortrag im Schriftsatz vom 10. November 2003 gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung, zumal auch die Beschwerde eine alle Zweifelsfälle ausschließende abstrakte Regelung der Geschäftsverteilung nicht aufzeigen kann und das Präsidium zur Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des Geschäftsverteilungsplans berufen ist.
Die weiteren Rügen eines Verfahrensmangels bei der Feststellung und Würdigung des Sachverhalts (Beschwerdebegründung Ziff. 2, S. 3 ff.) und eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör (Beschwerdebegründung Ziff. 3, S. 11) sind nicht schlüssig dargetan. Sie entsprechen nicht den Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensrechtsverstoßes nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Soweit die Beschwerde zunächst rügt, das Oberverwaltungsgericht nenne "keinerlei Rechtsmaßstäbe, nach welchen es den ermittelnden Tatsachenstoff wertend sichtet und in welchen konkreten Bezug es ihn zu den angewandten Rechtsnormen gesetzt hat", verkennt sie, dass das Tatsachengericht bei der Feststellung und Würdigung des Sachverhalts sich seine Überzeugung im Rahmen der prozessrechtlichen Be-stimmungen frei bilden kann (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und nicht verpflichtet ist, hierzu einzelne "Rechtsmaßstäbe" ausdrücklich anzuführen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht seine Feststellungen den Anforderungen des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO gemäß unter (ausführlichem) Eingehen auf den Sachvortrag der Kläger auch hinreichend begründet. Der Beschwerde bleibt es unbenommen, etwaige Verstöße gegen das Prozessrecht zu rügen und darzulegen; mit der pauschalen Behauptung einer ohne rechtliche Maßstäbe vorgenommenen Beweiswürdigung lässt sich ein Verfahrensverstoß indes nicht begründen. Damit und mit den weiteren Ausführungen wendet sich die Beschwerde in Wahrheit im Gewande von Verfahrensrügen gegen die dem Berufungsgericht als Tatsachengericht vorbehaltene Feststellung und Würdigung des Sachverhalts, ohne einen Verfahrensrechtsverstoß zu bezeichnen. Bei ihren Ausführungen beachtet die Beschwerde außerdem nicht, dass Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung revisionsrechtlich regelmäßig - und so auch hier - nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen sind und einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO daher grundsätzlich nicht begründen können (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 10. August 2001 - BVerwG 9 B 43.01 - <juris> und etwa Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f. = DVBl 1996, 108). Danach allenfalls denkbare Verfahrensfehler durch eine im Einzelfall willkürliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung - etwa in der Form widersprüchlicher oder aktenwidriger Feststellungen oder infolge von Verstößen gegen Natur- oder Denkgesetze - lassen sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. Sie erschöpft sich vielmehr in einer Kritik an der von ihr für unrichtig gehaltenen Wertung und Würdigung des Oberverwaltungsgerichts (Beschwerdebegründung S. 5 ff.). Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang mehrfach geltend macht, der Kläger (zu 1) hätte auf Unstimmigkeiten und Steigerungen seines Verfolgungsvortrags hingewiesen werden müssen, ist ebenfalls nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargetan, dass das Berufungsgericht seinen diesbezüglichen Pflichten aus § 86 Abs. 3, § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG nicht nachgekommen wäre, insbesondere sich entsprechende Nachfragen trotz der den Asylbewerber allgemein treffenden Pflicht zur Darlegung seiner Verfolgungsgründe in schlüssiger Form unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles aufgedrängt hätten (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 10. Mai 2002 - BVerwG 1 B 392.01 - <juris>; Beschluss vom 28. Dezember 1999 - BVerwG 9 B 467.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 51; Beschluss vom 5. Februar 1999 - BVerwG 9 B 797.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 sowie allgemein zur Hinweispflicht auch Beschluss vom 6. Juli 2001 - BVerwG 4 B 50.01 - <juris>).
Der grobe Formmangel fehlender Entscheidungsgründe im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO (vgl. Beschluss vom 5. Juni 1998 - BVerwG 9 B 412.98 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32 = NJW 1998, 3290) ist hinsichtlich des Berufungsurteils weder schlüssig dargelegt noch erkennbar. Eine solche Rüge lässt sich insbesondere nicht damit begründen, die angegriffene Entscheidung enthalte "keinerlei rechtliche Maßstäbe und Rechtsnormen zu den Voraussetzungen der Beurteilung von Angaben eines Asylantragstellers als glaubwürdig bzw. unglaubwürdig", bei deren Beachtung das Tatsachengericht "nicht Steigerungen oder Widersprüche festgestellt hätte, im Übrigen hinreichend nachgefragt hätte und festgestellt hätte, dass die Angaben des Klägers keineswegs - weder im Einzelnen noch bei einer Gesamtbeurteilung - unglaubwürdig" seien. In Wahrheit wendet sich die Beschwerde auch hiermit lediglich gegen die von ihr als falsch bekämpfte Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Entsprechendes gilt für die schließlich noch erhobene Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs mit der Begründung, das Gericht habe das Vorbringen des Klägers beurteilt, ohne es "an den rechtlich einschlägigen Normen und Maßstäben zu messen, die für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Asylantragstellers gelten" würden. Die Beschwerde trägt insoweit nicht vor, dass das Berufungsgericht Vorbringen der Kläger nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen hätte.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.