Beschluss vom 05.12.2002 -
BVerwG 1 B 432.02ECLI:DE:BVerwG:2002:051202B1B432.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 05.12.2002 - 1 B 432.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:051202B1B432.02.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 432.02

  • Hessischer VGH - 05.08.2002 - AZ: VGH 12 UE 2172/99.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Dezember 2002
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r , die Richterin am Bundes-
verwaltungsgericht B e c k und den Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. August 2002 wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie zeigt einen Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise auf.
Die Beschwerde macht geltend, die Klägerin habe mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Juli 2002 Einzelfälle dafür benannt, dass in der Türkei auch Strafverfahren wegen so genannter einfacher exilpolitischer Betätigung durchgeführt würden. Im Hinblick darauf habe sie "der Verwertung derjenigen Gutachten und Auskünfte widersprochen, die in derartiger exilpolitischer Betätigung keine Verfolgungsgefahr im Falle einer Rückkehr in die Türkei annehmen, und beantragt, die Gutachter zu laden und zu hören, die diese Gutachten gefertigt haben, und sie zu befragen, ob sie angesichts obiger Informationen ihre gutachterliche Meinung weiter aufrechterhalten, und ergänzende Auskunft des Auswärtigen Amtes einzuholen verbunden mit der Frage, ob dem Auswärtigen Amt die oben genannten Fälle bekannt sind und ob es bei Kenntnis dieser Quellen bei der bisherigen Auffassung bleibt". Diesem Begehren sei das Berufungsgericht nicht nachgegangen und habe damit gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 12. März 1992) verstoßen, wonach nicht von vornherein ungeeigneten Behauptungen der Asylkläger im Rahmen des Asylverfahrens nachzugehen sei und diese danach auch zu würdigen seien.
Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist damit nicht dargetan. Die Beschwerde benennt nicht - wie erforderlich - einen Rechtssatz aus dem Berufungsurteil, der zu dem angeführten Rechtssatz des Bundesverfassungsgerichts in Widerspruch steht. Sie rügt vielmehr lediglich, dass das Berufungsgericht diesen Rechtssatz im vorliegenden Fall nicht hinreichend beachtet habe. Damit kann sie die Zulassung der Revision wegen Divergenz nicht erreichen.
Weitere Zulassungsgründe macht die Beschwerde nicht geltend. Im Übrigen hätte auch die Berufung auf einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) der Beschwerde nicht zum Erfolg verholfen. Ihr Vorbringen würde auch unter diesem Gesichtspunkt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 VwGO genügen. Der Vorwurf, das Berufungsgericht sei dem Widerspruch gegen die Verwertung verschiedener Gutachten und Auskünfte nicht nachgegangen, führt schon deshalb nicht auf einen Verfahrensmangel, weil die Heranziehung und Verwertung von in anderen Gerichtsverfahren erstatteten Gutachten im Wege des Urkundenbeweises nach der Prozessordnung nicht die Zustimmung der Beteiligten voraussetzt. Abgesehen davon ist das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen auf die von der Klägerin vorgebrachten Bedenken in der Sache eingegangen (UA S. 76 f.). Ebenso wenig ist mit dem Vorbringen, das Berufungsgericht hätte dem Antrag auf Ladung der Gutachter zum Zwecke ihrer Befragung nachgehen müssen, ein Verfahrensmangel schlüssig dargetan. Weder geht die Beschwerde darauf ein, aus welcher prozessrechtlichen Bestimmung sich ein derartiger Anspruch der Klägerin ergeben soll, noch setzt sie sich mit der Auffassung des Berufungsgerichts auseinander, dass es bei diesem Antrag an jedweder Zuordnung von Gutachten und in Bezug genommenen Aussagen fehle und darüber hinaus in Wirklichkeit nicht die Erläuterung der Gutachten, sondern die Erstattung neuer Gutachten mit dem Ziel eines anderen Ergebnisses begehrt worden sei. Soweit die Beschwerde bemängelt, dass dem in dem Antrag enthaltenen Beweisbegehren auf Einholung einer ergänzenden Auskunft des Auswärtigen Amtes nicht entsprochen worden sei, genügt sie ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen. Insbesondere zeigt sie nicht auf, inwiefern das Berufungsgericht verpflichtet gewesen wäre, über die bereits herangezogenen zahlreichen Erkenntnisquellen hinaus weitere Auskünfte oder Gutachten zur Verfolgungsgefahr wegen exilpolitischer Betätigung einzuholen. Das Berufungsgericht ist aufgrund der Auskunftslage zu der Überzeugung gelangt, dass untergeordnete politische Betätigungen in Deutschland den türkischen Sicherheitskräften in der Regel nicht bekannt werden und deshalb nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu Ermittlungen und Verfolgungsmaßnahmen in der Türkei führen. Zwar sei nicht auszuschließen, dass in Einzelfällen eine Identifikation bereits aufgrund von bei Demonstrationen aufgenommenen Bildern stattfinden könne, dies könne allerdings nicht als beachtlich wahrscheinlich angesehen werden und sei insbesondere angesichts der konkreten exilpolitischen Betätigungen der Klägerin nicht zu erwarten (UA S. 75 ff.). Dass die in der Beschwerdebegründung aus dem Schriftsatz vom 15. Juli 2002 angeführten beiden Fälle, von denen einer sich nicht nur auf die Teilnahme an Demonstrationen beschränkt, sondern auch eine finanzielle Unterstützung der PKK zum Gegenstand hat, dem Berufungsgericht bei dieser Sachlage hätten Anlass geben müssen, an den bisherigen Gutachten und Auskünften zu zweifeln, zeigt die Beschwerde nicht auf. Im Kern wendet sie sich gegen die ihrer Ansicht nach unzutreffende Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht, ohne einen Verfahrensmangel darzutun.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.