Beschluss vom 05.11.2004 -
BVerwG 8 PKH 8.04ECLI:DE:BVerwG:2004:051104B8PKH8.04.0

Beschluss

BVerwG 8 PKH 8.04

  • VG Frankfurt/Oder - 21.04.2004 - AZ: VG 6 K 1817/97

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. November 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l , den
Richter am Bundesverwaltungsgericht G o l z e und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. H a u s e r
beschlossen:

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. April 2004 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt D. beizuordnen, wird abgelehnt.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO). Der geltend gemachte Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor.
Die Beschwerde macht geltend, das Verwaltungsgericht habe einen Verfahrensfehler begangen, weil es eine fehlerhafte bzw. nicht vollständige Sachverhaltsaufklärung betrieben habe und allein aufgrund der Aktenlage zu dem Schluss gekommen sei, dass unlautere Machenschaften im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG nicht gegeben seien und sich eine ihm dabei aufdrängende Sachverhaltsaufklärung unterlassen habe. Die Entscheidung beruhe auf diesem Verfahrensmangel. Damit habe das Gericht seine Aufklärungspflicht verletzt.
Die Rüge greift nicht durch.
Bei der Prüfung, ob die Aufklärungsrüge zu Recht erhoben ist, ist von der materiellen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auszugehen. Das Verwaltungsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 26. Juni 1997 - BVerwG 7 C 25.96 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 113, S. 344; Urteil vom 30. Juni 1994 - BVerwG 7 C 19.93 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 24 S. 36; Urteil vom 28. Juli 1994 - BVerwG 7 C 41.93 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 28, S. 57) zwischen zwei Fallgruppen unlauterer Machenschaften staatlicher Stellen bei der Rechtsanwendung des § 1 Abs. 3 VermG differenziert. Der Schädigungstatbestand ist zum einen erfüllt, wenn staatliche Organe ein gesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich entsprechendes Vorhaben als Enteignungszweck nur vorgeschoben haben, um das Eigentum an dem Vermögen in Wahrheit zu gänzlich anderen Zwecken zu erlangen und zum anderen, wenn der wahrheitsgemäß angegebene Zweck für die Inanspruchnahme offenkundig von keiner Rechtsgrundlage gedeckt sein konnte, somit der Enteignungsbeschluss nur den äußeren Anschein eines gesetzmäßigen Vermögensentzugs begründen sollte.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurde das streitige Grundstück in einer Beschlussvorlage vom 5. Januar 1984 als Standort für den Eigenheimbau durch Inanspruchnahme nach dem Aufbaugesetz festgelegt (es folgt ein wörtliches Zitat). Am 13. Februar 1984 erstellte der Ratsvorsitzende der Gemeinde W. an den Kreisarchitekten eine Liste, der für die Aufbauflächen vorgesehenen registrierten Eigenheimbewerber - darunter fünf Bewerber für die Grundstücke der Klägerin - und einen Aufbauplan nebst Anlage. Danach war vorgesehen, die Grundstücke der Klägerin mit insgesamt vier Eigenheimen zu bebauen. Es sollten Nutzungsrechte in einer Größe von 500 m² verliehen und die darüber hinausgehenden Restflächen an die Nutzer verpachtet werden. Am 14. November 1984 erklärte der Rat des Bezirks Frankfurt (Oder) gegenüber dem Rat des Kreises Fürstenwalde die Grundstücke der Klägerin zum Aufbaugebiet für das Vorhaben "Errichtung von 10 Eigenheimen in W.". Am 18. Januar 1985 wurden alle Grundstücke der Klägerin in Anspruch genommen und auf der Grundlage eines Quadratmeterpreises von 3 Mark eine Entschädigung berechnet. Anhand dieser tatsächlichen Feststellungen ist das Verwaltungsgericht zu der rechtlichen Überzeugung gekommen, dass die auf § 14 Aufbaugesetz gestützte Enteignung keinen manipulierten Eigentumszugriff erkennen lässt, weil der gesamte in den Akten befindliche Schriftverkehr und die Unterlagen keine Anhaltspunkte dafür böten, dass die Behörden den Eigentumszugriff nur zu dem Zweck der vorsätzlichen Diskriminierung dieser Eigentümergruppe vorgenommen hätten. Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Wertung auch berücksichtigt, dass die ursprünglich vorgesehene Eigenheimbebauung tatsächlich nur auf einem der Klägerin gehörenden Grundstück vollzogen wurde und das streitgegenständliche Grundstück auch heute noch unbebaut ist.
Die Beschwerde weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Enteignungszweck von vornherein vorgeschoben gewesen sei. Dies folge schon zwangsläufig daraus, dass die Eigenheime nicht gebaut wurden und die Baubewerber ihre Anträge damals nur gestellt hätten, um an Baumaterial zu kommen. Diese Schlussfolgerung hat sich dem Verwaltungsgericht nicht aufdrängen müssen, weil sich im Klageverfahren für diese Annahme keine konkreten Anhaltspunkte ergaben. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat zwar in seinem Schriftsatz vom 27. September 2001 ausgeführt, dass nach den damaligen Rechtsvorstellungen eine Inanspruchnahme von Grundstücken nach dem Aufbaugesetz bzw. seinen Durchführungsbestimmungen "auf Vorrat" unzulässig gewesen sei und damit zumindest die Enteignung des noch heute unbebauten Grundstücks, Flur-Nr. 118/1 willkürlich gewesen sei. Diese Äußerung führt aber nicht zwangsläufig zu der Annahme, dass die Inanspruchnahme der Grundstücke auf Machtmissbrauch beruhte.
Die Ausführungen der Beschwerde sind ein Angriff auf die sachliche Richtigkeit des Urteils, in dem nunmehr Beweisangebote unterbreitet werden, die nach Auffassung der Beschwerde das Gericht zu einem anderen Ergebnis geführt hätten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 25. April 2001 - BVerwG 4 B 31.01 - NVwZ-RR 2001, S. 799 f. und Beschluss vom 5. August 1997 - BVerwG 1 B 144.97 - NJW-RR 1998, S. 784 f.) verletzt ein Gericht seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat. Die mit der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge mangelhafter Aufklärung kann nicht dazu dienen, Beweisanträge zu ersetzen, die namentlich ein anwaltlich vertretener Beteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat. So liegt es hier. Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass sich dem Verwaltungsgericht - bezogen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - eine Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen. Die in diesem Zusammenhang zitierten Passagen aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts sind nicht geeignet darzutun, dass das Gericht Anhaltspunkte für eine weitere Sachverhaltsaufklärung gehabt hätte, sich sogar eine weitere Sachverhaltsaufklärung aufgedrängt hätte. Der Bevollmächtigte der Klägerin hätte auch noch in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit gehabt, entsprechende Beweisanträge zu stellen. Weshalb dies nicht geschehen ist, lässt sich anhand des Beschwerdevorbringens nicht nachvollziehen. Vor allem lässt sich der Beschwerde keine Antwort auf die Frage entnehmen, aus welchen Gründen das Verwaltungsgericht die von ihr nunmehr mit der Beschwerde geforderte anderweitige Sachverhaltsaufklärung hätte betreiben müssen. Ein Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO und in Folge gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann mit diesem Vortrag nicht dargetan werden.

Beschluss vom 27.04.2005 -
BVerwG 8 PKH 8.04ECLI:DE:BVerwG:2005:270405B8PKH8.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.04.2005 - 8 PKH 8.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:270405B8PKH8.04.0]

Beschluss

BVerwG 8 PKH 8.04

  • VG Frankfurt/Oder - 21.04.2004 - AZ: VG 6 K 1817/97

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. April 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht G o l z e und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht Dr. H a u s e r
beschlossen:

Der Antrag des Klägers, ihm "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Bewilligung eines am Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsanwalts im Rahmen der beantragten Prozesskostenhilfe" zu gewähren, wird abgelehnt.

Das Verfahren ist rechtskräftig abgeschlossen. Eine über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hinausgehende Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils ist gesetzlich nicht vorgesehen. Für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist kein Raum, weil der Kläger keine gesetzliche Frist versäumt hat.