Verfahrensinformation

Der Kläger ist Beamter und steht im Dienst des Bundes. Nachdem er eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz begründet hatte, beantragte er bei seinem Dienstherrn, ihm wie einem verheirateten Beamten nach dem Bundesbesoldungsgesetz den Familienzuschlag der Stufe I zu gewähren. Die Beklagte lehnte dies ab. Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg. Mit der Revision wendet sich der Kläger gegen die abweisenden Urteile mit der Begründung, er würde unter Verstoß gegen Verfassungs- und Europarecht wegen seiner sexuellen Identität diskriminiert.


Pressemitteilung Nr. 95/2010 vom 29.10.2010

Beamte in eingetragener Lebenspartnerschaft haben seit Juli 2009 Anspruch auf den so genannten Ehegattenzuschlag

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 28. Oktober 2010 in zwei Fällen entschieden, dass Beamtinnen und Beamte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, seit Juli 2009 Anspruch auf Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 - so genannter Ehegattenzuschlag - haben. Die Kläger, ein Beamter des Landes Schleswig-Holstein und ein Bundesbeamter, hatten geltend gemacht, ihnen stehe dieser Zuschlag seit dem 2. Dezember 2003 zu. Das Bundesverwaltungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche für die Zeit seit Juli 2009 für gegeben erachtet und die Entscheidungen der Vorinstanzen abgeändert, soweit sie dem entgegenstehen.


Nach dem Wortlaut des § 40 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes wird der Familienzuschlag der Stufe 1 nur Eheleuten gewährt. Zeitlich nach dem Inkrafttreten dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber im Jahre 2001 den Familienstand der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft geschaffen und später fortentwickelt. Zudem müssen Behörden und Gerichte in Deutschland seit dem 2. Dezember 2003 die Richtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf hinsichtlich der hier maßgeblichen Vorschrift ungeachtet dessen unmittelbar anwenden, ob der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie vollständig umgesetzt hat. Diese Richtlinie untersagt in ihrem Anwendungsbereich jede unmittelbare Diskriminierung u.a. wegen der sexuellen Ausrichtung einer Person. Am 7. Juli 2009 schließlich hat das Bundesverfassungsgericht zur eingetragenen Lebenspartnerschaft entschieden, dass der bloße Verweis auf das Schutzgebot der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) die Privilegierung der Ehe nicht rechtfertigt, wenn dies mit einer Benachteiligung der Lebenspartnerschaft einhergeht.


Nach Unionsrecht liegt eine unzulässige unmittelbare Diskriminierung vor, wenn die Personen oder Gruppen im Hinblick auf die in Rede stehende Norm in vergleichbarer Lage sind und dennoch unterschiedlich behandelt werden. Ob dies der Fall ist, haben nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Gerichte der Mitgliedstaaten zu entscheiden. Nach deutschem Recht bestand die Vergleichbarkeit von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Hinblick auf den Familienzuschlag der Stufe 1 nicht, solange der Gesetzgeber befugt war, diesen Zuschlag auch im Blick darauf zu gewähren, dass Eheleute in ihrer Erwerbsbiografie typischerweise Nachteile erleiden, wenn in der Ehe Kinder vorhanden sind. Art. 6 Abs. 1 GG erlaubte eine derartige Differenzierung im Sinne des Gleichheitssatzes jedoch nur bis zum Juni 2009. Seit Juli 2009 steht auf Grund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts fest, dass Ehe und Lebenspartnerschaft im Hinblick auf den Familienzuschlag der Stufe 1 als vergleichbar anzusehen sind. Seitdem gebietet Europäisches Gemeinschaftsrecht, den Anspruch auch Beamten in einer Lebenspartnerschaft zu gewähren.


BVerwG 2 C 10.09 - Urteil vom 28.10.2010

Vorinstanzen:

OVG Schleswig, OVG 3 LB 13/06 - Urteil vom 22.07.2008 -

VG Schleswig, VG 11 A 103/04 - Urteil vom 27.08.2004 -

BVerwG 2 C 21.09 - Urteil vom 28.10.2010

Vorinstanzen:

VGH Mannheim, VGH 4 S 1533/05 - Beschluss vom 10.09.2005 -

Verwaltungsgericht Freiburg, Verwaltungsgericht 3 K 2512/04 - Beschluss vom 16.06.2005 -


Beschluss vom 18.05.2010 -
BVerwG 2 C 21.09ECLI:DE:BVerwG:2010:180510B2C21.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.05.2010 - 2 C 21.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:180510B2C21.09.0]

Beschluss

BVerwG 2 C 21.09

  • VGH Baden-Württemberg - 10.09.2008 - AZ: VGH 4 S 1533/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Mai 2010
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht G. und Dr. Heitz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister und Dr. Hartung
beschlossen:

Das Gesuch des Klägers, den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht H. für befangen zu erklären, wird abgelehnt.

Gründe

1 1. Der Senat entscheidet über das Befangenheitsgesuch in der Besetzung, die sich durch das Ausscheiden des abgelehnten Richters ergibt. Dabei folgt aus dem Beschluss des Präsidiums des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. März 2010, dass Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. B. in den bereits geladenen Verfahren weiterhin dem 2. Senat angehört. Nach dem Geschäftsverteilungsplan des 2. Revisionssenats in der Fassung vom 25. März 2010 ist vorgesehen, dass in den bereits terminierten Revisionssachen BVerwG 2 C 10.09 , 21.09 und 23.09 , in denen Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. B. Berichterstatter bleibt, Richter G. Mitberichterstatter bleibt und Richterin T. nicht mitwirkt. Da dem Senat außer dem Vorsitzenden und für die genannten drei Sachen Richter Dr. B. weitere vier Richter angehören, hätte der Geschäftsverteilungsplan auch regeln müssen, dass außer der Richterin T. ein weiteres Senatsmitglied ausscheidet. Die insoweit unvollständige Textfassung des Geschäftsverteilungsplans beruht auf einem offensichtlichen Versehen. Aus der Formulierung, dass Richter Dr. B. Berichterstatter „bleibt“ und Richter G. Mitberichterstatter „bleibt“, ergibt sich ersichtlich, dass sich in den drei im Geschäftsverteilungsplan genannten Verfahren die Mitwirkung der Richter nach der Fassung des Geschäftsverteilungsplans richten sollte, die bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Richters Dr. B. aus dem Senat gegolten hatte. Nach § 8 des Geschäftsverteilungsplans des 2. Revisionssenats in der Fassung vom 16. Dezember 2009 wirkten in den Sachen, in denen Richter Dr. B. Berichterstatter war, Richterin T. und Richter Dr. M. nicht mit.

2 Für den abgelehnten Richter H. rückt die nach dem Geschäftsverteilungsplan nicht mitwirkende Richterin T. gemäß § 10 Satz 2 des Geschäftsverteilungsplans des 2. Revisionssenats als das nach dem allgemeinen Dienstalter nächstjüngere Senatsmitglied, das sonst nicht mitwirkt, nach.

3 2. Das Gesuch, den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht H. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, ist unbegründet.

4 Wegen Besorgnis der Befangenheit kann ein Richter abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO). Danach ist es einerseits nicht notwendig, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Andererseits reicht die rein subjektive Vorstellung eines Beteiligten, der Richter werde seine Entscheidung an persönlichen Motiven orientieren, nicht aus, wenn bei objektiver Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund für die Befürchtung ersichtlich ist. Die Besorgnis der Befangenheit ist dann gerechtfertigt, wenn aus der Sicht des Beteiligten hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (Urteil vom 5. Dezember 1975 - BVerwG 6 C 129.74 - BVerwGE 50, 36 <38 f.> = Buchholz 448.0 § 34 WPflG Nr. 48; vgl. auch Beschlüsse vom 3. April 1997 - BVerwG 6 AV 1.97 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 55 S. 4, vom 9. Mai 2003 - BVerwG 2 AV 1.03 , 2.03 und 3.03 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 63, vom 14. August 2003 - BVerwG 2 AV 4.03 - juris - und vom 3. November 2009 - BVerwG 2 A 1.08 ).

5 Die vom Kläger vorgetragenen Gründe geben nach Maßgabe dessen keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht H. zu zweifeln.

6 In einem Rechtsgespräch, wie es vor dem Senat geführt wird, ist es üblich, die Rechtsstandpunkte der Beteiligten nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern sich, wenn hierzu Anlass besteht, auch argumentativ mit ihnen auseinanderzusetzen, um den Parteien Gelegenheit zu geben, ihren Rechtsstandpunkt zu verdeutlichen und zu vertiefen. Das Rechtsgespräch wird dabei inhaltlich in hohem Maße von den Fragen bestimmt, die der Senat in seiner Vorberatung erörtert hat. Daher ist es sinnvoll, das Rechtsgespräch so zu führen, dass alle im Senat diskutierten Meinungen unabhängig von ihrer Mehrheitsfähigkeit mit den Beteiligten erörtert werden, und zwar auch dann, wenn ein Beteiligter bereits mit Nachdruck zum Ausdruck gebracht hat, er halte sie für unzutreffend.

7 Für alle Prozessbeteiligten war klar, dass im Mittelpunkt der Diskussion die Frage stehen würde, ob die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 1. April 2008 (Rs C-267/06 - Maruko) und der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2009 (1 BvR 1164/07) gegenüber früheren Entscheidungen des beschließenden Senats und den früheren Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Rechtslage zu Gunsten des Klägers geändert hatten. Dem Vorsitzenden und dem ganzen Senat war die auf beide Entscheidungen gestützte und auch mündlich ausführlich dargelegte Auffassung des Klägers bekannt, dass die angegriffene nationale Regelung eine nicht rechtfertigungsfähige unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung darstelle. Im Rechtsgespräch hat der Vorsitzende zu bedenken gegeben, dass sowohl der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften als auch das Bundesverfassungsgericht in den beiden genannten Entscheidungen auf die besondere Bedeutung der Vergleichbarkeit der Lage von Eheleuten und Lebenspartnern hingewiesen haben. Der Europäische Gerichtshof hat in Rn. 72 ausgeführt, falls sich Ehegatte und Lebenspartner in Bezug auf die Hinterbliebenenversorgung in einer vergleichbaren Situation befänden, stelle eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende eine unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung dar. Das Bundesverfassungsgericht hat - wie es bei der Prüfung des Art. 3 Abs. 1 GG üblich ist - in Rn. 106 ff., insbesondere in Rn. 112 seiner Entscheidung vom 7. Juli 2009 geprüft, ob die Lage von Eheleuten und Lebenspartnern vergleichbar ist, und dabei in vorhandenen Lücken in der Erwerbsbiographie von Eheleuten keinen Grund für die Unterscheidung gesehen.

8 Der Senat musste sich also mit der Frage der Vergleichbarkeit in jedem Falle auseinandersetzen. Aus der Tatsache, dass der Vorsitzende diesen Gesichtspunkt auch im Anschluss an den Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers erneut aufgeworfen hatte, konnte nicht geschlossen werden, dass er selbst einen bestimmten Standpunkt zur Auslegung der beiden Entscheidungen vertrat und insoweit bereits festgelegt war.

9 Der ebenfalls geltend gemachte Grund, der Vorsitzende habe andere Auffassungen nicht zur Kenntnis nehmen wollen, ist ebenfalls unbegründet. Richtig ist lediglich, dass der Vorsitzende die Frage der unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung in diesem Verfahrensstadium nicht erörtern wollte, weil nach seinem pflichtgemäßen Ermessen zu diesem Zeitpunkt zunächst richtig weiter auf die Frage der Vergleichbarkeit einzugehen war. Den Äußerungen des Vorsitzenden war weder zu entnehmen, dass er die Auffassung des Klägers nicht zur Kenntnis genommen hatte, noch, dass sie zu keinem anderen Zeitpunkt mehr erörtert werden sollte.

10 Der Befangenheitsantrag kann auch nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, der Vorsitzende habe für die Nichtteilnahme der Richterin am Bundesverwaltungsgericht T. eine unzutreffende Begründung gegeben. Der abgelehnte Richter hat in seiner dienstlichen Stellungnahme dargelegt, er habe zu Beginn der Verhandlung darauf hingewiesen, Frau Richterin T. sei sowohl durch den Geschäftsverteilungsplan für den Senat als auch durch ihre Urlaubsabwesenheit an einer Mitwirkung an dem Verfahren gehindert. Selbst eine unzutreffende Auskunft über die Gründe ihrer Verhinderung wäre bei objektiver Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise nicht geeignet, Zweifel an der Unvoreingenommenheit des abgelehnten Richters zu wecken.

Beschluss vom 13.07.2010 -
BVerwG 2 C 21.09ECLI:DE:BVerwG:2010:130710B2C21.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.07.2010 - 2 C 21.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:130710B2C21.09.0]

Beschluss

BVerwG 2 C 21.09

  • VGH Baden-Württemberg - 10.09.2008 - AZ: VGH 4 S 1533/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Juli 2010
durch die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister, Buchheister,
Dr. Maidowski sowie Dr. Hartung
beschlossen:

Die Gegenvorstellung gegen den Beschluss vom 18. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Gründe

1 Die Gegenvorstellung, deren Zulässigkeit vom Senat unterstellt wird, ist unbegründet.

2 1. Der Senat hat in dem Beschluss vom 18. Mai 2010 unter Ziffer 1 zunächst über die Besetzungsrüge entschieden, bevor er unter Ziffer 2 das Befangenheitsgesuch behandelt hat. Eines gesonderten Beschlusses oder einer gesonderten Beschlussformel bedurfte es nicht.

3 Richter Dr. B. war - wie sich auch dem Rechtsgedanken des § 222b Abs. 2 Satz 1 StPO entnehmen lässt - nicht daran gehindert, an dem Beschluss über die Besetzungsrüge mitzuwirken. Denn seine Berechtigung zur Mitwirkung war nicht wegen einer von einem Verfahrensbeteiligten geäußerten Besorgnis der Befangenheit, sondern im Hinblick auf den Beschluss des Präsidiums zur Geschäftsverteilung bezweifelt worden.

4 Auch der Einwand, der Senat habe sich mit dem Beschluss des Präsidiums zur Geschäftsverteilung nicht zutreffend auseinandergesetzt, geht fehl. Die Zuweisung terminierter Verfahren an den Richter Dr. B. beruht ungeachtet des Umstands, dass die drei betroffenen Verfahren ausdrücklich genannt werden, auf dem abstrakt-generellen Gesichtspunkt, dass es aus Gründen der Arbeitsökonomie und der Verfahrensbeschleunigung sinnvoll ist, dem Berichterstatter bereits zur mündlichen Verhandlung terminierte und von diesem weitgehend bearbeitete Verfahren auch bei einem Senatswechsel zu belassen. Dass nach diesem Grundsatz nicht in jedem Fall eines Senatswechsels verfahren werden muss, ändert nichts daran, dass es sich um eine abstrakt-generelle Regelung handelt, deren Heranziehung im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden ist. Der Hinweis des Klägers, dass schon vor der Terminierung der betreffenden Verfahren eine den Senatswechsel betreffende Anfrage an das Bundesministerium der Verteidigung gerichtet worden sei, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Dieses Schreiben sollte lediglich die Voraussetzungen für einen Senatswechsel klären; der durch den Präsidiumsbeschluss vom 26. März 2010 herbeigeführte Senatswechsel lag zeitlich nach der - am 12. März 2010 erfolgten - Terminierung der betreffenden Verfahren und vermag ebenso wenig wie seine Vorbereitung infrage zu stellen, dass es sinnvoll war, es bei dem bisherigen Berichterstatter zu belassen.

5 Fehl geht schließlich auch die Kritik an der Einschätzung des Senats, die Formulierung des senatsinternen Geschäftsverteilungsplans beruhe auf einem offensichtlichen Versehen. Dass der Geschäftsverteilungsplan in seiner Wortwahl differenziert formuliert ist und anders gedeutet werden könnte als der Senat ihn versteht, rechtfertigt nicht den vom Kläger in den Raum gestellten Manipulationsvorwurf. Es bleibt dabei: Dem Senat ist bei dem Beschluss über die Geschäftsverteilung das offensichtliche Versehen unterlaufen, die gewünschte Beibehaltung der zuvor geltenden Mitwirkungsregelung unzureichend zum Ausdruck gebracht zu haben.

6 2. Der mit der Gegenvorstellung angegriffene Beschluss ist auch materiell nicht zu beanstanden. In dem in der mündlichen Verhandlung geführten Rechtsgespräch werden alle aus der Sicht der Beteiligten sowie der Senatsmitglieder relevanten Aspekte ergebnisoffen angesprochen, ohne dass aus der vom Vorsitzenden im Rahmen seiner Sitzungsleitung hierfür gewählten Gliederung inhaltliche Präferenzen oder gar die mangelnde Bereitschaft abgeleitet werden kann, Standpunkte der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis nehmen zu wollen. Wenn ein rechtlicher Aspekt dabei so angesprochen wird, „als wäre hierüber überhaupt noch nicht gesprochen worden“, so spricht dies nicht gegen, sondern für die Ergebnisoffenheit des Rechtsgesprächs. Auch der Umstand, dass der Vorsitzende an der von ihm gewählten sachlichen Gliederung des Gesprächs festhält, bietet keinerlei Grundlage für die Annahme, die Diskussion über ein nach dieser Gliederung erst später zu behandelndes Thema solle unterbunden werden.

7 Auch die neuerlichen Ausführungen zu der Frage, wann, mit welchen Formulierungen und in welcher Reihenfolge der Vorsitzende die anwesende Sitzgruppe und damit das Fehlen einzelner Senatsmitglieder (Richterin T. sowie Richter Dr. M.) erläutert hat, stellen die Ausführungen des angegriffenen Beschlusses hierzu nicht in Frage. Der Umstand, dass für das Fehlen eines Richters mehrere Ursachen benannt werden, ist bei der gebotenen objektiven Betrachtung nicht als Versuch der Verschleierung oder Irreführung, sondern als Bemühen um vollständige Information der Verfahrensbeteiligten zu sehen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen dies oder eine - unterstellt - missverständliche oder unzutreffende Erklärung zu diesem Aspekt die Besorgnis der Befangenheit begründen könnte. Die Einholung einer weiteren dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden war deshalb nicht erforderlich.
Thomsen Dr. Burmeister Buchheister

Beschluss vom 05.10.2010 -
BVerwG 2 C 21.09ECLI:DE:BVerwG:2010:051010B2C21.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 05.10.2010 - 2 C 21.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:051010B2C21.09.0]

Beschluss

BVerwG 2 C 21.09

  • VGH Baden-Württemberg - 10.09.2008 - AZ: VGH 4 S 1533/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Oktober 2010
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen sowie
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister, Dr. Maidowski
und Dr. Hartung
beschlossen:

  1. 1. Das Gesuch des Klägers vom 27. Juli 2010, den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht H. für befangen zu erklären, wird abgelehnt.
  2. 2. Die Gegenvorstellung des Klägers vom 27. Juli 2010 gegen den Beschluss des Senats vom 13. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Gründe

1 1. Der Senat entscheidet über das Befangenheitsgesuch und die Gegenvorstellung in folgender Besetzung: Nachdem Richter am Bundesverwaltungsgericht G. in den Ruhestand getreten und Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt durch Beschluss des Präsidiums vom 28. Juni 2010 zum 2. August 2010 dem 2. Senat zugewiesen worden ist, wird damit Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Maidowski gem. § 10 Satz 2 des Beschlusses über die Geschäftsverteilung des 2. Revisionssenats im Geschäftsjahr 2010 (vom 16. Dezember 2009) zu dem nach dem allgemeinen Dienstalter nächst jüngeren, ansonsten nicht am Verfahren mitwirkenden Senatsmitglied, das den wegen des gegen ihn gerichteten Befangenheitsantrags ausgeschlossenen Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht H. vertritt. Die übrigen mitwirkenden Richter ergeben sich aus der Darstellung in den Beschlüssen vom 18. Mai und 13. Juli 2010.

2 2. Das erneute Gesuch des Klägers vom 27. Juli 2010, den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht H. für befangen zu erklären, wird abgelehnt. Auch nach Würdigung des schriftsätzlichen Vortrags vom 27. Juli 2010, der weitgehend früheren Vortrag wiederholt und vertieft, sieht das Gericht keinen Anlass, von seiner bisherigen rechtlichen Würdigung im Beschluss vom 18. Mai 2010 abzuweichen. Dass die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 13. Juli 2010 nach Einschätzung des Klägers seiner Begründung nicht gerecht werden sollen, ändert nichts daran, dass der Senat alle Argumente des Klägers zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat.

3 3. Die erneute Gegenvorstellung des Klägers zur unrichtigen Besetzung des Gerichts ist nunmehr unzulässig und zurückzuweisen. Der Senat hat den Rechtsstandpunkt des Klägers zur Besetzung des Gerichts bereits zur Kenntnis genommen, Bedenken an der Zulässigkeit derartiger Gegenvorstellungen zurückgestellt und sie unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung prozessualen Unrechts durch Beschluss vom 13. Juli 2010 in der Sache gewürdigt. Durch die erneute Gegenvorstellung wird deutlich, dass der Kläger nun in einen rechtlichen Dialog über die Richtigkeit des vom Senat vertretenen Rechtsstandpunktes eintreten will. Ungeachtet dessen hält der Senat an seinem bereits dargelegten Rechtsstandpunkt fest.

Urteil vom 28.10.2010 -
BVerwG 2 C 21.09ECLI:DE:BVerwG:2010:281010U2C21.09.0

Urteil

BVerwG 2 C 21.09

  • VGH Baden-Württemberg - 10.09.2008 - AZ: VGH 4 S 1533/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister und Dr. Hartung
für Recht erkannt:

  1. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den Zuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG ab 1. Juli 2009 zu gewähren. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10. September 2008, das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. Juni 2005 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. November 2004 werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.
  2. Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.
  3. Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen jeweils zur Hälfte.

Gründe

I

1 Der Kläger steht als Beamter im Dienst der Beklagten. Im Oktober 2001 begründete er eine Lebenspartnerschaft mit einem Mann, der Vater von zwei im Oktober 2004 und Juli 2010 geborenen Kindern ist, für die er die elterliche Mitsorge trägt. Der Lebensmittelpunkt der Kinder ist bei der Mutter.

2 Den im November 2003 gestellten Antrag des Klägers auf Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die eingetragene Lebenspartnerschaft stelle keine Ehe im Sinne des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG dar. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies sie zurück. Klage und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

3 Ein Anspruch auf den Familienzuschlag der Stufe 1 ergebe sich weder aus Art. 3 Abs. 1 GG noch aus Art. 33 Abs. 5 GG; auch die Richtlinie 2000/78/EG führe zu keinem anderen Ergebnis. Lebenspartner seien nach dem Wortlaut des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG nicht anspruchsberechtigt. Für eine analoge Anwendung fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Der verfassungsrechtliche Förderauftrag aus Art. 6 Abs. 1 GG berechtige den Gesetzgeber, die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen. Die Unterscheidung sei auch im Hinblick auf die tatsächlichen Lebensverhältnisse und ihre rechtliche Ausgestaltung nicht unverhältnismäßig, weil auch unverheiratete Beamte den Familienzuschlag der Stufe 1 unter den Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG erhielten. Die Regelung verstoße ebenso wenig gegen die Richtlinie 2000/78/EG. Das Bundesverfassungsgericht habe mit Beschluss vom 6. Mai 2008 entschieden, dass im deutschen Recht eine rechtliche Gleichstellung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe weder allgemein noch speziell im öffentlichen Dienstrecht bestehe. § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG berücksichtige den in der Lebenswirklichkeit anzutreffenden typischen Befund, dass in der Ehe anders als bei Lebenspartnerschaften ein Ehegatte namentlich wegen der Aufgabe der Kindererziehung und hierdurch bedingter Erwerbseinschränkungen tatsächlich Unterhalt vom Ehegatten erhalte und so ein erweiterter Alimentationsbedarf entstehe.

4 Dem tritt der Kläger mit der Revision entgegen. Die Auslegung des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG verstoße gegen die Richtlinie 2000/78/EG.

5 Der Kläger hält seine Besetzungsrügen aufrecht und beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10. September 2008 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. Juni 2005 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 25. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. November 2004 zu verpflichten, dem Kläger ab dem 2. Dezember 2003 den Familienzuschlag der Stufe 1 zu gewähren.

6 Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7 Sie verteidigt das Berufungsurteil.

II

8 Der Senat ist zur Entscheidung der Sache befugt. Die gegen dessen vor-schriftsgemäße Besetzung vom Kläger erhobenen Bedenken teilt er aus den in den Senatsbeschlüssen vom 18. Mai 2010, 13. Juli 2010 und 5. Oktober 2010 bereits dargelegten Gründen nicht.

9 Für den Zeitraum vom 2. Dezember 2003 bis zum 30. Juni 2009 ist die zulässige Revision zurückzuweisen, im Übrigen ist sie begründet.

10 Dem Kläger steht der Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG erst ab dem 1. Juli 2009 zu, um den Anwendungsvorrang des Unionsrechts, hier der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl L 303 vom 2. Dezember 2000, S. 16) - Richtlinie 2000/78/EG - sicherzustellen.

11 Für den davor liegenden Zeitraum stellt die unterschiedliche Behandlung von verheirateten Beamten und Beamten in eingetragener Lebenspartnerschaft in Bezug auf den Familienzuschlag der Stufe 1 keine unmittelbare Diskriminierung der Lebenspartner dar.

12 Nach ihrem Art. 1 bezweckt die Richtlinie 2000/78/EG, bestimmte Arten der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, zu denen auch die Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung gehört, im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten zu bekämpfen. Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person. Eine unmittelbare Diskriminierung setzt eine vergleichbare Situation voraus. Unterschiedliche, weil nicht vergleichbare Situationen werden vom Anwendungsbereich des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a, Art. 1 der Richtlinie nicht erfasst.

13 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - ist es Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten, die Vergleichbarkeit zu beurteilen. Dabei haben sie den konkreten rechtlichen Kontext, aus dem sich die Ungleichbehandlung ergibt, als Vergleichsmaßstab zugrunde zu legen (EuGH, Urteil vom 1. April 2008 - Rs. C-267/06 - NJW 2008, 1649 <1653> -Maruko-).

14 Danach kommt es hier auf die normative Vergleichbarkeit der Situationen verheirateter und in Lebenspartnerschaft lebender Beamter in Bezug auf den Familienzuschlag der Stufe 1 an. Während den verheirateten Beamten diese Leistung nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG schon wegen des Familienstandes der Ehe ohne weitere Voraussetzungen zusteht, können die Beamten, die eine Eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen sind, den Zuschlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG nur beanspruchen, wenn sie dem Lebenspartner Unterhalt gewähren und dessen Einkommen eine bestimmte Höhe nicht überschreitet. Der Bundesgesetzgeber hat in diesem Bereich von einer Gleichstellung bewusst abgesehen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1830/06 - NJW 2008, 2325 <2326>; BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2006 - BVerwG 2 C 43.04 - BVerwGE 125, 79 Rn. 10 f.).

15 Die ausdrücklich an die Ehe anknüpfende Regelung des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG besitzt in erster Linie eine soziale, nämlich familienbezogene Ausgleichsfunktion. Sie trägt dem in der Lebenswirklichkeit typischerweise anzutreffenden Befund Rechnung, dass ein Ehegatte zugunsten der Betreuung und Erziehung gemeinsamer Kinder Einschränkungen bei der eigenen Erwerbstätigkeit hinnimmt und so ein erweiterter Alimentationsbedarf entsteht (BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39 <62>; Kammerbeschluss vom 6. Mai 2008 a.a.O. S. 2327; BVerwG, Urteil vom 29. September 2005 - BVerwG 2 C 44.04 - BVerwGE 125, 227 <229>). Durch den Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG will der Gesetzgeber Ehen auch im Hinblick auf daraus hervorgehende Kinder fördern. Der Regelung liegt eine familienpolitische, auf den Familienstand der Ehe zugeschnittene Zielsetzung zugrunde. Dies unterscheidet die Leistung von anderen Besoldungsleistungen wie dem Auslandszuschlag, aber auch von Beihilfeleistungen, Leistungen der Hinterbliebenenversorgung und Aufwandsentschädigungen (vgl. Urteile vom 28. Oktober 2010 - BVerwG 2 C 47. 09, BVerwG 2 C 52.09 , BVerwG 2 C 56.09 - und Beschluss vom 28. Oktober 2010 - BVerwG 2 C 53.09 -, jeweils zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung Buchholz vorgesehen).

16 Im Hinblick auf den besonderen verfassungsrechtlichen Schutz- und Förderauftrag des Art. 6 Abs. 1 GG ist diese Zielsetzung als tragfähig angesehen worden, um die Besserstellung verheirateter Beamter zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. Mai 2008 a.a.O.). Die zugrunde liegende typisierende Betrachtungsweise, wonach in der Mehrzahl der ehelichen Haushalte Kinder aufwachsen, ist angesichts des anerkannt weiten Spielraums des Gesetzgebers im Besoldungsrecht nicht beanstandet worden (vgl. Urteil vom 1. September 2005 - BVerwG 2 C 24.04 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 33 Rn. 21).

17 Davon ausgehend fehlt es in Bezug auf den Familienzuschlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG an der Vergleichbarkeit der Lebensverhältnisse. Eingetragene Lebenspartnerschaften unterscheiden sich tatsächlich von Ehen, was Betreuung und Erziehung von Kindern und darauf zurückzuführende Lücken in der Erwerbsbiographie angeht. Eine derartige Situation tritt bei Lebenspartnern nicht in einer Zahl auf, die eine gesetzliche Typisierung rechtfertigen könnte. Die unterschiedliche Situation ist auch normativ nicht vergleichbar, weil der Gesetzgeber bis zu dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - (BVerfGE 124, 199) an die typischerweise unterschiedlichen Lebensverhältnisse familienpolitische Leistungen zur Förderung der Ehe anknüpfen durfte.

18 Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Urteil vom 17. Juli 2002 - 1 BvF 1, 2/01 - (BVerfGE 105, 313) zur Verfassungsmäßigkeit des Lebenspartnerschaftsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 11. Dezember 2001 (BGBl I S. 3513) ausgeführt, dem Gesetzgeber sei es wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht verwehrt, diese gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen. Aus der Zulässigkeit, in Erfüllung und Ausgestaltung des Förderauftrags die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu privilegieren, lasse sich jedoch kein in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltenes Gebot herleiten, andere Lebensformen gegenüber der Ehe zu benachteiligen (S. 348). Der Senat hat dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die bindende Aussage entnommen, der Gesetzgeber sei zwar berechtigt, nicht aber verfassungsrechtlich verpflichtet, den Familienstand der Eingetragenen Lebenspartnerschaft der Ehe gleichzustellen. Vielmehr könne er die Ehe wegen der Gewährleistung des Art. 6 Abs. 1 GG aus sachlichen Gründen privilegieren (Urteile vom 26. Januar 2006 - BVerwG 2 C 43.04 - BVerwGE 125, 79 Rn. 14). Diese Beurteilung ist in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung geteilt worden (BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 - BVerwG 6 C 27.06 - BVerwGE 129, 133 Rn. 26; BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005 - B 4 RA 14/05 R - FamRZ 2006, 620; BGH, Urteil vom 14. Februar 2007 - IV ZR 267/04 - NJW-RR 2007, 1441). Sie ist von der für Beamtenrecht zuständigen Kammer des Bundesverfassungsgerichts bestätigt worden (Kammerbeschlüsse vom 20. September 2007 - 2 BvR 855/06 - DVBl 2007, 1431 und vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1830/06 - NJW 2008, 2325).

19 Der Umstand, dass in Ehen typischerweise ein Ehepartner aus Gründen der Kinderbetreuung und -erziehung Erwerbseinbußen in Kauf nimmt, kann erst seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2009 (a.a.O.) nicht mehr herangezogen werden, um die normative Vergleichbarkeit der Situation von Ehegatten und Lebenspartnern in Bezug auf den Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG zu verneinen. Das Bundesverfassungsgericht hat die bis dahin vertretene Differenzierung aufgrund der dargestellten typisierenden Betrachtungsweise verworfen, weil es nicht in jeder Ehe Kinder gebe, nicht jede Ehe auf Kinder ausgerichtet sei und eine Rollenverteilung, bei der ein Ehegatte deutlich weniger berufsorientiert sei, nicht unterstellt werden dürfe. Es entspreche vielmehr dem Recht der Ehegatten aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG, über die Art und Weise ihres ehelichen Zusammenlebens in gleichberechtigter Weise selbst zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2009, a.a.O., S. 229 f.). An diese Aussage ist der Senat gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG gebunden. Sie entzieht der bislang anerkannten Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung von verheirateten und in Eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten bei der Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 die Grundlage. Dies gilt aus demselben Grund auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG. Die unterschiedliche Behandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft in § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG kann seit dem Beschluss vom 7. Juli 2009 (a.a.O.) nicht mehr als sachlich gerechtfertigt angesehen werden. Da es nunmehr an einer tragfähigen Rechtfertigung fehlt, befinden sich die Angehörigen beider Gruppen auch in Bezug auf diese Leistung in einer vergleichbaren Situation im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie.

20 Ist die normative Vergleichbarkeit erst durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2009 (a.a.O.) hergestellt worden, so gebietet Unionsrecht eine Gewährung des Familienzuschlags nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG erst ab diesem Zeitpunkt (vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. Juni 2010 - 1 BvR 170/06 - DVBl 2010, 1098). Erst ab diesem Zeitpunkt unterfällt auch diese Leistung dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG.

21 Zwar lässt die Richtlinie 2000/78/EG nach ihrem 22. Erwägungsgrund einzelstaatliche Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt; nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) werden die in Ausübung der nationalen Zuständigkeit ergangenen nationalen Vorschriften dadurch jedoch dann nicht dem Geltungsanspruch der Richtlinie 2000/78/EG entzogen, wenn die Leistungen Entgeltcharakter haben (EuGH, Urteil vom 1. April 2008 - Rs. C-267/06, Maruko - NJW 2008, 1649 <1652>; anders noch: BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2006 - BVerwG 2 C 43.04 - BVerwGE 125, 79 <83> und vom 15. November 2007 - BVerwG 2 C 33.06 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 41 = NJW 2008, 868 <869>). Dies ist hier der Fall, weil der Familienzuschlag gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BBesG Bestandteil der Besoldung und somit Arbeitsentgelt im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Richtlinie 2000/78/EG ist.

22 Befinden sich Beamte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, in Bezug auf den Familienzuschlag der Stufe 1 nunmehr in einer vergleichbaren Situation wie verheiratete Beamte, so werden sie schlechter gestellt, weil ihnen der Zuschlag nicht bereits aufgrund des Familienstandes gewährt wird. Die unionsrechtliche gebotene Gleichstellung verlangt, dass § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG auch auf die in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten Anwendung findet.

23 Die Benachteiligung geschieht wegen der sexuellen Ausrichtung, weil die Lebenspartnerschaft von Personen gleichen Geschlechts eingegangen wird, während die Ehe Personen unterschiedlichen Geschlechts vorbehalten bleibt. Die Wahl des Familienstandes entspricht in der Regel der sexuellen Ausrichtung der Partner (vgl. auch Urteile vom 28. Oktober 2010 - BVerwG 2 C 47.09 , BVerwG 2 C 52.09 , BVerwG 2 C 56.09 -, jeweils zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung Buchholz vorgesehen).

24 Der Kläger kann sich auf die Richtlinie 2000/78/EG auch unmittelbar berufen.

25 Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedsstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Der Mitgliedsstaat hat bei der Umsetzung von Richtlinien in rechtstechnischer Hinsicht daher zwar eine gewisse Wahlfreiheit, er muss jedoch sicherstellen, dass die vollständige und wirkungsvolle Anwendung der Richtlinie in hinreichend klarer und bestimmter Weise gewährleistet ist. Soweit die Richtlinie Ansprüche des Einzelnen begründen soll, muss insbesondere erreicht werden, dass die Begünstigten in der Lage sind, von ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese vor den nationalen Gerichten geltend zu machen (EuGH, Urteil vom 13. De-zember 2007 - Rs. C-418/04 - Slg. 2007, I-10947 Rn. 157 f.). Rechtsvorschriften, die der Richtlinie entgegenstehen, müssen daher aufgehoben oder geändert werden. Andernfalls muss auf andere geeignete Weise und für die Begünstigten erkennbar erreicht werden, dass die sich aus der Richtlinie ergebende Rechtslage Bestandteil der Rechtsordnung des Mitgliedsstaats wird.

26 Weder mit dem Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897) noch mit späteren Änderungen hat der nationale Gesetzgeber die Gleichstellung von verheirateten und verpartnerten Beamten beim Familienzuschlag der Stufe 1 vorgenommen. Insbesondere aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz folgt kein selbstständiger Leistungsanspruch dieser Art.

27 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann sich der Einzelne vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf inhaltlich unbedingte und hinreichend genaue Regelungen einer Richtlinie berufen, wenn der Mitgliedsstaat die Richtlinie bis zum Ablauf einer Umsetzungsfrist nicht oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat. Umsetzungsmaßnahmen müssen die vollständige Anwendung der Richtlinie gewährleisten (EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks und Spencer - Slg. 2002, I - 6325 Rn. 23 f.). Eine Regelung des Unionsrechts ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung begründet und ihre Anwendung nicht von weiteren Maßnahmen der Mitgliedsstaaten oder der Unionsorgane abhängt (vgl. Urteil vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 49.03 - BVerwGE 122, 244 <246>). Sie ist hinreichend genau, wenn sie die Verpflichtung gegenüber dem Einzelnen unmissverständlich festlegt (EuGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - Rs. C-194/08, Gassmayr - EuGRZ 2010, <296>).

28 Aus Art. 16 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG ergibt sich die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, alle dem unionsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung zuwider laufenden Rechtsvorschriften aufzuheben oder zu ändern. An dieser Umsetzung fehlt es in Bezug auf den Familienzuschlag der Stufe 1 seit Juli 2009. Die unvollständige Umsetzung dieser Richtlinie hat zur Folge, dass die hier maßgeblichen Regelungen der Art. 1 bis 3 der Richtlinie 2000/78/EG für die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 unmittelbar Anwendung finden, weil nur auf diese Weise dem Recht, das dem Kläger aus dem Gemeinschaftsrecht erwächst, die volle Wirksamkeit verschafft werden kann (EuGH, Urteil vom 21. Juni 2007 - Rs. C-231/96, Jonkmann u.a. - EuZW 2007, 643, Rn. 41). Diese unionsrechtlichen Regelungen sind geeignet, unmittelbare Rechtswirkungen zu entfalten, weil sie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind. Die Beklagte hat daher auch Beamten, die in eingetragener Lebensgemeinschaft leben, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG den Familienzuschlag der Stufe 1 seit Juli 2009 zu gewähren.

29 Der besoldungsrechtliche Gesetzesvorbehalt nach § 2 Abs. 1 BBesG (vgl. Beschluss vom 26. Januar 2010 - BVerwG 2 B 56.09 - juris Rn. 7) steht dem auch nicht entgegen (Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 72.08 - zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung Buchholz bestimmt). Er nimmt nicht teil an den Verfassungsgrundsätzen, die den Anwendungsvorrang des Unionsrechts in Frage stellen könnten (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juni 2009 - BVerfG 2 BvE 2/08 u.a. - BVerfGE 123, 267 <353 ff.> sowie Beschluss vom 6. Juli 2010 - BVerfG 2 BvR 2661/06 - DVBl 2010, 1229 <1230 ff.>).

30 Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht geboten, weil der Rechtsstreit keine klärungsbedürftigen Fragen des Unionsrechts aufwirft, die noch nicht Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof waren (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81 -, Cilfit u.a. - Slg. 1982, S. 3415).

31 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Herbert Dr. Heitz Thomsen