Urteil vom 05.07.2006 -
BVerwG 1 D 5.05ECLI:DE:BVerwG:2006:050706U1D5.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 05.07.2006 - 1 D 5.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:050706U1D5.05.0]

Urteil

BVerwG 1 D 5.05

  • VG Göttingen - 30.11.2004 - AZ: VG 9 A 4/04

In dem Disziplinarverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht, Disziplinarsenat,
in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 5. Juli 2006,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht Heeren,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz,
Polizeihauptmeister Müller und
Postbetriebsassistent Alsdorf
als ehrenamtliche Richter
sowie
...
als Vertreter der Einleitungsbehörde,
Rechtsanwalt ...,
als Verteidiger
und
...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Auf die Berufung des Polizeimeisters ... wird das Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 30. November 2004 im Disziplinarmaß aufgehoben.
  2. Die jeweiligen Dienstbezüge des Beamten werden um ein Zehntel auf die Dauer von 18 Monaten gekürzt.
  3. Die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Beamten hierin erwachsenen notwendigen Auslagen hat der Bund zu tragen.

Gründe

I

1 1. Die Einleitungsbehörde hat gegen den ... Beamten durch Verfügung vom 5. November 2001 das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet und eine Untersuchungsführerin bestellt.

2 Nach ordnungsgemäßer Durchführung der Untersuchung hat der Bundesdisziplinaranwalt den Beamten angeschuldigt, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er
1. am 14. Dezember 1999 eine Verkehrsunfallflucht beging; 2. am 27. April 2000 gegen die Dienstvorschriften zum Tragen und zur Aufbewahrung von Schusswaffen verstieß; 3. am 10. Dezember 2001 seinen Dienst verspätet antrat; 4. am 5. Februar 2002 beim dienstlichen Schießtraining der Anweisung der „Aufsicht beim Schützen“ nicht unverzüglich und uneingeschränkt Folge leistete; 5. am 5. März 2002 eigenmächtig und ohne erkennbaren Grund das dienstlich angeordnete Schwimmen abbrach; 6. am 18. März 2002 sich nicht unverzüglich bei seiner Hundertschaft krankmeldete; 7. eine am 30. März 2002 während des Einsatzes ihm gegenüber erfolgte Beleidigung weisungswidrig nicht meldete; 8. am 2. April 2002 eine Straßenverkehrsgefährdung beging; 9. am 6. April 2002 während eines Einsatzes nicht das erforderliche Engagement zeigte; 10. am 10. April 2002 verschlafen hatte und verspätet zum Einsatz erschien; 11. am 15. April 2002 bei einer Fortbildungsveranstaltung die Mitarbeit verweigerte; 12. am 22. April 2002 unentschuldigt der dienstlich angeordneten Sportausbildung fernblieb.

3 2. Das Verwaltungsgericht ... hat durch Urteil vom 30. November 2004 entschieden, dass der Beamte unter Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags auf die Dauer von sechs Monaten in Höhe von 75 v.H. seines erdienten Ruhegehalts aus dem Dienst entfernt wird. In den Urteilsgründen heißt es, die Anschuldigungspunkte 7 und 12 seien durch die Einleitungsbehörde in der Hauptverhandlung zurückgezogen worden. Im Übrigen hat das Gericht seinem Urteil folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde gelegt und dienstrechtlich im Einzelnen wie folgt bewertet:

4 Anschuldigungspunkt 1:

5 Der Beamte habe am 14. Dezember 1999 ein anderes Fahrzeug beschädigt und danach eine Verkehrsunfallflucht begangen. Dies ergebe sich aus dem rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 14. März 2000, dessen Feststellungen auch Gegenstand des vorliegenden förmlichen Disziplinarverfahrens seien. Anlass für eine Lösung von den diesbezüglichen Feststellungen des Amtsgerichts bestehe für die Disziplinarkammer nach Auswertung der vorliegenden Strafakte nicht. Durch dieses Verhalten habe der Beamte außerdienstlich gegen seine Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten (§ 54 Satz 3 BBG) verstoßen, zumal ihm als Polizeibeamten die Verhütung von Straftaten obliege und er durch sein Verhalten ein schlechtes Beispiel gebe.

6 Anschuldigungspunkt 2:

7 Der Beamte habe am 27. April 2000 seine ihm zugewiesene Dienstpistole nicht ordnungsgemäß verwahrt und die Pistole bei dem dienstlichen Streifengang auf dem Flughafengelände ... anfänglich nicht mitgeführt. Er habe an diesem Tage seine Pistole samt dazugehöriger Munition in seiner Tasche in einem Spind des Aufenthaltsraumes zurückgelassen, der nicht nur von Kollegen und Kolleginnen, sondern auch vom Reinigungspersonal und Mitarbeitern der Flughafen AG betreten werde, und ohne seine Dienstpistole den Streifendienst begonnen. Dies habe der Beamte bei seiner Vernehmung am 24. Oktober 2000 und in der Hauptverhandlung eingeräumt. Er habe gegen seine Pflichten aus § 54 Satz 1, § 55 Satz 2 BBG verstoßen, indem er Dienstvorschriften bzw. Anordnungen im Umgang mit Waffen und Munition und zum Mitführen derselben beim Streifengang missachtet habe. Der Beamte habe auch schuldhaft gehandelt; denn die ihm obliegenden Pflichten seien ihm bekannt gewesen.

8 Anschuldigungspunkt 3:

9 Am 10. Dezember 2001 sei der Beamte eine Stunde verspätet zum Dienst erschienen. Nach den glaubhaften Angaben des zuständigen Zugführers, dem Zeugen ... W., sei bei der entsprechenden Einsatzvorbereitung am 9. Dezember 2001 über die Zeiten des Dienstbeginns und die Abfahrt der Fahrzeuge zu einem Einsatz in F. informiert worden und seien diese Zeiten auch rechtzeitig schriftlich am schwarzen Brett im Dienstgebäude ausgehängt worden. Mit Ausnahme des Beamten seien alle am Einsatz beteiligten Beamten dieser Anweisung gefolgt. Durch sein Verhalten habe der Beamte fahrlässig gegen seine Dienstpflichten aus § 55 Satz 2 BBG verstoßen; denn er habe Vorkehrungen für sein rechtzeitiges Eintreffen am bekannten Einsatzort treffen müssen. Sein Verhalten habe die Einsatzbereitschaft und -fähigkeit der Polizei in Frage gestellt.

10 Anschuldigungspunkt 6:

11 Am 18. März 2002 (einem Montag) habe der Beamte seine Hundertschaft nicht rechtzeitig vor dem vorgesehenen Dienstbeginn um 7.00 Uhr über eine Erkrankung informiert. Nach einer ihm bekannten Grundsatzanordnung der betreffenden Hundertschaft vom 20. Dezember 2001 sei eine Erkrankung ohne Diensteinteilung mit Dienstbeginn des nächsten Arbeitstages der Hundertschaft fernmündlich im Voraus zu melden. Nach den glaubhaften Angaben des Zeugen ... D. am 5. September 2002 sei der Beamte bis zum 15. März 2002 arbeitsunfähig erkrankt gewesen und am 18. März 2002 nicht zum Dienst erschienen. Nach wiederholten Versuchen sei es dem Zeugen schließlich gelungen, den Beamten zu erreichen und von ihm die Antwort zu erlangen, er sei bis zum 25. März 2002 arbeitsunfähig erkrankt. Die betreffende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe der Hundertschaft erst am 19. März 2002 vorgelegen. Durch sein schuldhaftes Verhalten habe der Beamte gegen seine Melde- und Informationspflichten gegenüber seiner Dienststelle nach § 54 Satz 1 und 3, § 55 Satz 1 und 2 BBG verstoßen und dadurch die ordnungsgemäße Abwicklung des Dienstbetriebes gestört.

12 Anschuldigungspunkt 9:

13 Am 6. April 2002 sei der Beamte verspätet zu einem Einsatz anlässlich einer Neonazikundgebung im Einsatzbereich des Hauptbahnhofes in X. erschienen. Nach den glaubhaften und überzeugenden Angaben des Zeugen G. am 5. September 2002 und in seiner vorangehenden dienstlichen Erklärung zu dem betreffenden Vorfall sei der Beamte mit seiner Gruppe um ca. 9.30 Uhr durch den Gruppenführer eingewiesen und als Sammelpunkt für die Gruppe sei der Eingang zur Westhalle im Hauptbahnhof X. vorgegeben worden. Die Gruppenmitglieder hätten bis 9.50 Uhr Gelegenheit gehabt, sich in einem Aufenthaltsraum zu versorgen. Um 10.00 Uhr sei die Einsatzgruppe am Einsatzort gewesen, jedoch ohne den Beamten. Als der Beamte um 10.15 Uhr noch nicht am Sammelpunkt gewesen sei, habe sich der Zeuge G. auf den Weg zum zugewiesenen Aufenthaltsraum begeben, da er den Beamten dort vermutet habe. Auf dem Querbahnsteig sei ihm der Beamte mit den Worten entgegengekommen: „Ihr habt mich wohl schon gesucht.“ Soweit sich der Beamte dahin eingelassen habe, er sei auf der Toilette gewesen und habe danach wegen fehlender Informationen über den genauen Einsatzort seine Gruppe gesucht, so vermöge dies die glaubhaften Angaben des Zeugen G. nicht zu entkräften; denn es verstehe sich von selbst, dass einer Gruppe der Einsatzort und die Einsatzzeit bei einer entsprechenden Kundgebung rechtzeitig mitgeteilt würden. Es sei abwegig, wenn der Beamte Glauben machen wolle, er habe keine Informationen hierüber gehabt und von einem bevorstehenden Einsatz nichts bemerkt. Zudem könnten die Einlassungen des Beamten auch vom zeitlichen Ablauf her nicht zutreffen. Wenn die Anlegung der Körperschutzausstattung 15 Minuten beansprucht habe, so müssten bereits Vorbereitungshandlungen seiner Kollegen im Gange gewesen sein, als der Beamte zur Toilette gegangen sein wolle. Durch sein Verhalten habe der Beamte fahrlässig gegen seine Dienstpflichten aus § 55 Satz 2 BBG verstoßen. Er habe rechtzeitig am bekannt gegebenen Einsatzort erscheinen müssen; sein Verhalten habe den Dienstablauf gefährdet.

14 Anschuldigungspunkt 10:

15 Am 10. April 2002 sei der Beamte zu dem für 9.30 Uhr bestimmten Dienstantritt in der Halle eines Hotels in W. nicht erschienen und habe später zu dem Einsatz abgeholt werden müssen, weil er verschlafen habe. Nach den glaubhaften Angaben des am 5. September 2002 vernommenen Zeugen ... W. sei der Beamte mit seiner Gruppe am 9. April 2002 abends im Hotel über die Einsatzzeit für den darauf folgenden Tag informiert worden. Die Einsatzzeit sei für den 10. April 2002 um 10.00 Uhr in der Musikhochschule in W. gewesen, der Treffpunkt für 9.30 Uhr in der Hotelhalle bestimmt worden. Da der Zeuge den Beamten beim Frühstück nicht gesehen habe, habe er vergeblich versucht, ihn um 9.25 Uhr über Handy zu erreichen. Um 9.30 Uhr habe der Zeuge über die Hotelrezeption angerufen. Der Beamte habe sich mit verschlafener Stimme gemeldet. Die Gruppe sei ohne den Beamten zum Einsatzort gefahren. Der Beamte sei durch den Kraftfahrer später nachgeholt worden. Durch sein Verhalten habe der Beamte fahrlässig gegen seine Dienstpflichten aus § 55 Satz 2 BBG verstoßen; denn er habe Vorkehrungen dafür treffen müssen, rechtzeitig den Dienst am bekannten Einsatzort antreten zu können. Sein Verhalten habe die Einsatzbereitschaft und -fähigkeit der Polizei gefährdet.

16 Anschuldigungspunkt 11:

17 Am 15. April 2002 sei der Beamte zu einer auf dem Dienstplan vermerkten Fortbildungsveranstaltung ohne Schreibmaterialien erschienen, habe eine Aufforderung des Ausbilders zum Besorgen von Schreibutensilien nicht befolgt, einen Ankreuztest zur Selbstbestimmung nicht ausgefüllt und sei danach durch den Ausbilder des Unterrichts verwiesen worden. Dies habe der Zeuge Z. anlässlich seiner Vernehmung am 5. September 2002 glaubhaft geschildert. Mit diesem Verhalten habe der Beamte allerdings noch nicht die Schwelle der disziplinaren Relevanz überschritten; einem solchen Verhalten habe zunächst mit pädagogischen Mitteln begegnet werden müssen.

18 Die unter den Punkten 4., 5. und 8. der Anschuldigungsschrift vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen seien hingegen nicht aufrechtzuerhalten. Das Verwaltungsgericht führt dies im Einzelnen aus.

19 Der Beamte habe ein schwerwiegendes Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 BBG begangen, indem er schuldhaft über mehrere Jahre hinweg die ihm obliegenden Pflichten verletzt habe.

20 Mit der im Dezember 1999 begangenen Unfallflucht habe der Beamte gegen seine Pflichten aus § 54 Satz 3 i.V.m. § 77 Abs. 2 Satz 2 BBG verstoßen. Bereits das abgeurteilte strafbare Handeln des Beamten stelle für sich isoliert gesehen ein schwerwiegendes Dienstvergehen dar; denn eine Verkehrsunfallflucht zeige in der Regel eine verantwortungslose Haltung des Kraftfahrers. In der Öffentlichkeit hinterlasse das einen sehr ungünstigen Eindruck und führe im Regelfall zu einem schwerwiegenden Dienstvergehen, das nicht mehr mit einer Gehaltskürzung zu ahnden sei. Erschwerend komme hier hinzu, dass dem Beamten als Polizeivollzugsbeamten die Verhütung von Straftaten obliege, er auch dienstlich mit dem Führen von Kraftfahrzeugen betraut sei und es sich bei dem Fehlverhalten um eine Wiederholungstat im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr handele.

21 Auch seine verspäteten Dienstantritte am 10. Dezember 2001 (Anschuldigungspunkt 3), die verspätete Krankmeldung am 18. März 2002 (Anschuldigungspunkt 6) sowie die durch Verschlafen bedingte Verspätung am Einsatzort am 10. April 2002 (Anschuldigungspunkt 10) stellten schwere Dienstpflichtverletzungen dar; denn sie hätten den ordnungsgemäßen Einsatz der Polizei gefährdet. Es verstehe sich von selbst, dass es zur ordnungsgemäßen Abwicklung eines Dienstbetriebs unabdingbar sei, dass ein Beamter ohne schuldhaftes Zögern sein Fernbleiben und die vermutliche Dauer desselben der Dienststelle mitteile oder mitteilen lasse. Diese Melde- und Informationspflicht sei im Übrigen konkret gegenüber dem Beamten angeordnet, von ihm aber nicht befolgt worden.

22 Dadurch, dass der Beamte am 27. April 2000 die Dienstvorschriften bzw. Anordnungen im Umgang mit Waffen und Munition und zum Mitführen derselben beim Streifendienst missachtet habe (Anschuldigungspunkt 2), habe er gegen Kernpflichten eines Polizeivollzugsbeamten in besonders schwerwiegender Art und Weise verstoßen. Das Zurücklassen seiner Dienstpistole mit dazugehöriger Munition in einem Spind in einem für Dritte zugänglichen Aufenthaltsraum auf dem Gelände des Flughafens ... sei unverantwortlich gewesen. Dieses Fehlverhalten sei durch nichts zu entschuldigen, selbst wenn der Beamte wegen eines knappen Dienstantritts unter Zeitdruck gestanden haben sollte.

23 Die von dem Beamten über Jahre hinweg begangenen Pflichtenverstöße stellten ein einheitlich zu bewertendes Dienstvergehen dar. Sein offensichtlich gestörtes Verhältnis zur Rechtsordnung und eine insgesamt bedenklich laxe Dienstauffassung unter Missachtung von dienstlichen Anordnungen bildeten gleichsam die Klammer für alle begangenen Verfehlungen und stellten den inneren und äußeren Zusammenhang zwischen allen nachgewiesenen Pflichtverstößen im Sinne eines einheitlichen Dienstvergehens her.

24 Dieses Dienstvergehen wiege derart schwer, dass zur Überzeugung der Disziplinarkammer die Entfernung des Beamten aus dem Dienst unerlässlich sei. Der Beamte habe in schwerwiegender und nachhaltiger Art und Weise gegen Kernpflichten eines Polizeibeamten verstoßen und sich als untragbar im Polizeidienst erwiesen. Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Im Gegenteil sei festzustellen, dass sich die Leistungen des Beamten selbst unter dem Druck eines gegen ihn eingeleiteten förmlichen Disziplinarverfahrens nicht gebessert hätten.

25 3. Hiergegen hat der Beamte rechtzeitig Berufung eingelegt mit dem Antrag, auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen. Auf Befragen hat der Verteidiger mit Zustimmung des Vertreters der Einleitungsbehörde erklärt, dass er das Rechtsmittel auf das Disziplinarmaß beschränke. Zur Sache hat sich der Beamte wie folgt eingelassen:

26 Zu dem Vorfall vom 27. April 2000 (Anschuldigungspunkt 2) sei zu bemerken, dass der Streifenführer ihm ausdrücklich gesagt habe, er solle die vergessene Waffe erst holen, wenn die Runde beendet sei. Dies habe er als dienstlichen Befehl aufgefasst und sich daran gehalten. Die Waffe habe sich in einer geschlossenen Tasche (bzw. einem Rucksack) in einem verschlossenen Spind befunden.

27 Am Tag vor dem 10. Dezember 2001 (Anschuldigungspunkt 3) sei er eine Viertelstunde zu spät gekommen, weil er weisungsgemäß die Dienstfahrräder repariert habe. Wenn für seinen Dienstvorgesetzten ersichtlich gewesen sei, dass er zu spät zur Einweisungsveranstaltung erschienen sei, hätte es diesem oblegen, ihn auf den für den folgenden Tag vorgezogenen Dienstbeginn besonders hinzuweisen. Der fahrlässige Pflichtverstoß wiege daher weniger schwer.

28 Zu der verspäteten Krankmeldung im März 2002 (Anschuldigungspunkt 6) sei Folgendes zu bemerken: Er sei bereits in der Woche zuvor bis zum Freitag, 15. März, krankgeschrieben und am 18. März erneut beim Arzt gewesen. Er habe sodann eine erneute Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 25. März 2002 erhalten. Diese Bescheinigung habe er an seine Dienststelle weitergeleitet. Zuvor habe er am Sonntag, 17. März, bei der Wache ... in D. angerufen und mitgeteilt, dass seine Erkrankung voraussichtlich länger dauern werde. Seinen Meldepflichten habe er damit im Wesentlichen genügt.

29 Zu dem Geschehen vor dem Demonstrationseinsatz in X. am 6. April 2002 (Anschuldigungspunkt 9) hat der Beamte vorgetragen: Er habe kurz vor 10.00 Uhr eine Toilette aufsuchen müssen. Bei seiner Rückkehr habe er seine Gruppe nicht mehr angetroffen. Er habe sich daraufhin sofort einsatzbereit angezogen und in der Haupthalle des Bahnhofs nach seinen Kollegen gesucht. Dabei sei ihm der Kollege G. entgegengekommen und habe ihn mit zum Einsatzort genommen. Er räume ein, dass er sich pflichtwidrig nicht abgemeldet habe. Das Urteil übersehe indes, dass, als er sich entfernt habe, der angesprochene Einsatzpunkt noch nicht festgestanden habe.

30 Zu dem Verschlafen und der dadurch bedingten Verspätung am 10. April 2002 (Anschuldigungspunkt 10) lässt sich der Beamte dahin ein, er habe die Weckzeit an seinem Handy eingestellt. Über Nacht habe sich jedoch der Akku entleert.

31 Die nur verbliebenen Dienstvergehen zu den Anschuldigungspunkten 1 bis 3, 6 sowie 9 und 10 rechtfertigten unter Berücksichtigung seines Vorbringens nicht die Entfernung aus dem Dienst.

II

32 Die Berufung hat Erfolg und führt zur Kürzung der Dienstbezüge.

33 Das gerichtliche Disziplinarverfahren ist auch nach Inkrafttreten des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen (§ 85 Abs. 1, 3 und 7 BDG; zum Übergangsrecht: Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - NVwZ 2002, 1515). Auf sog. Altfälle - wie hier - können die Vorschriften des Bundesdisziplinargesetzes ausnahmsweise Anwendung finden, soweit diese den beschuldigten Beamten materiellrechtlich besser stellen (Urteil vom 17. März 2004 - BVerwG 1 D 23.03 - BVerwGE 120, 218 <222> = Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 6 = NVwZ 2005, 96 zu § 14 BDG).

34 In der Berufungshauptverhandlung hat der Beamte das von ihm eingelegte Rechtsmittel auf Frage des Gerichts und mit Zustimmung des Vertreters der Einleitungsbehörde auf das Disziplinarmaß beschränkt. Der Senat ist deshalb an die erstinstanzlichen Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung als Dienstvergehen gebunden und hat nur noch über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden. Zu den bindenden Feststellungen gehören die zum konkreten historischen Vorgang getroffenen, mit denen die Verletzungshandlung in Bezug auf den Tatbestand des angenommenen Pflichtenverstoßes gekennzeichnet wird, z.B. zur Frage der Eigennützigkeit (s. § 54 Satz 2 BBG; vgl. auch Urteil vom 23. Mai 2001 - BVerwG 1 D 12.00 ), zur Anzahl der Teilakte oder des Zeitpunkts auch des Tatentschlusses (Urteil vom 4. September 1970 - BVerwG 1 D 18.70 - BVerwGE 43, 125) und die Feststellungen zur Form des Verschuldens (Vorsatz oder Fahrlässigkeit). Zusätzliche oder abweichende Feststellungen können nur noch getroffen werden, soweit sie sich zu den bindenden Tat- und Schuldfeststellungen nicht in Widerspruch setzen und ausschließlich für die Bestimmung des Disziplinarmaßes von Bedeutung sind; sog. doppelrelevante Umstände sind also bei einer beschränkten Berufung einer Korrektur nicht mehr zugänglich, allenfalls einer zu den Tat- und Schuldfeststellungen widerspruchsfreien Ergänzung. Ansonsten bleiben sowohl abweichende als auch ergänzende Feststellungen möglich, die - belastend und als sog. Milderungsgrund entlastend - der Charakterisierung der Handlungsweise und der Persönlichkeit des Beamten dienen. Das sind z.B. das Tatmotiv und die auf den Tatentschluss einwirkenden äußeren Umstände, auch die Frage nach einer Bereicherungsabsicht, nach einer verminderten Schuldfähigkeit, eines bestimmten Fahrlässigkeitsgrades, des Grades einer Trunkenheit, der Mitschuld eines außenstehenden Dritten, eines verschuldeten Verbotsirrtums (vgl. zu allem: Behnke, BDO, 2. Aufl., § 82 Rn. 28, 31; Claussen/Janzen, BDO, 8. Aufl., § 82 Rn. 7, 8; Köhler/Ratz-Mayer, BDG, 3. Aufl., § 64 Rn. 6, 8; jeweils m.w.N.), letztlich auch des Nachtatverhaltens.

35 Wenn ein Beamter in mehreren Anschuldigungspunkten angeschuldigt worden ist, die Verurteilung wegen eines Dienstvergehens erstinstanzlich aber nicht in allen Punkten zur Feststellung eines Pflichtverstoßes als Bestandteil des Dienstvergehens geführt hat, ist das Berufungsgericht durch eine Beschränkung der Berufung auf die Disziplinarmaßnahme darüber hinaus an die disziplinarrechtliche Würdigung insoweit gebunden, als es den Umfang des festgestellten Dienstvergehens betrifft. Nach einer derartigen Beschränkung des Rechtsmittels spielt es keine Rolle mehr, ob Anschuldigungspunkte versehentlich nicht gewürdigt worden sind, ob sie mit verfahrensrechtlich unzulässigen Erwägungen ausgeschieden worden sind (Claussen/Janzen a.a.O. § 82 Rn. 7b) oder womöglich noch ein sachgleiches Strafverfahren anhängig ist (vgl. Urteil vom 8. Juni 1983 - BVerwG 1 D 112.82 - BVerwGE 76, 87). Unbeachtlich ist es daher im vorliegenden Fall, dass das Verwaltungsgericht die von der Einleitungsbehörde „zurückgenommenen“ Teile der Anschuldigungsschrift von seiner Würdigung ausgenommen hat, auch wenn eine derartige Einschränkung der Anschuldigung allein aufgrund einer (Teil-)Rücknahme derselben - durch wen auch immer - grundsätzlich nicht zulässig ist (vgl. Köhler/Ratz, BDO, 2. Aufl., § 65 Rn. 5 m.w.N. aus der Rspr). Nach allem hatte der Senat nur noch über das Disziplinarmaß für das vom Verwaltungsgericht wegen des Verhaltens in den Anschuldigungspunkten zu 1 bis 3, 6, 9 und 10 festgestellten teils außerdienstlichen (Anschuldigungspunkt 1) und im Übrigen innerdienstlichen Dienstvergehens zu entscheiden.

36 Das Verwaltungsgericht hat das einheitlich zu beurteilende Fehlverhalten des Beamten als schweres Dienstvergehen im Kernpflichtenbereich eines Polizeibeamten gewürdigt, das mangels vorliegender Milderungsgründe nur mit einer Entfernung aus dem Dienst geahndet werden könnte. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Das Fehlverhalten des Beamten rechtfertigt diese Maßnahme nicht, weil das Vertrauensverhältnis nicht endgültig zerstört ist.

37 Gemäß § 13 Abs. 1 und 2 BDG, gegen dessen Heranziehung in sog. Altfällen keine Bedenken bestehen, ist die Angemessenheit der Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung der objektiven Handlungsmerkmale wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, Dauer des Fehlverhaltens, der subjektiven Handlungsmerkmale wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten sowie der Beweggründe für sein Verhalten und der unmittelbaren Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte zu beurteilen. Es bedarf stets einer umfassenden Würdigung der Fallumstände, insbesondere des Persönlichkeitsbilds des Beamten, um den für die Entfernung aus dem Dienst erforderlichen endgültigen Vertrauensverlust feststellen zu können. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob der Dienstherr bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Grundlage der festgestellten belastenden und entlastenden Umstände noch Grund zu der Annahme haben kann, der Beamte werde in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen (Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - NVwZ 2006, 469 <471>). Davon ist hier auszugehen.

38 Die vom Verwaltungsgericht festgestellten Pflichtverletzungen sind im Einzelnen wie folgt zu bewerten:

39 Das unter Anschuldigungspunkt 1 angeschuldigte außerdienstliche Verhalten des Beamten, das dieser einräumt, stellt einen vorsätzlichen Verstoß gegen § 54 Satz 3 BBG dar, der nach seiner Bedeutsamkeit die Schwelle zum außerdienstlichen Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BBG) überschreitet, weil eine Verkehrsunfallflucht geeignet ist, negative Rückschlüsse auf die dienstliche Vertrauenswürdigkeit des Beamten in seinem Amt als Angehöriger der Bundespolizei (damals: BGS) zu ziehen und eine ansehensschädigende Wirkung auslösen kann (vgl. zuletzt Urteil vom 15. März 2006 - BVerwG 1 D 3.05 - Rn. 18 f.). Um eine Kernpflichtverletzung kann es sich bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen freilich nicht handeln. Von einem Polizeibeamten, dessen Aufgabe es unter anderem ist, Straftäter zu verfolgen, muss aber in besonderem Maße erwartet werden, dass er sich auch selbst im privaten Bereich gesetzestreu verhält, insbesondere nicht in Konflikt mit den Strafvorschriften gerät. Im vorliegenden Fall schwächt sich allerdings der daraus zu erhebende Vorwurf ab. Die Unfallflucht sowie die dabei gezeigte und für Dritte schädliche Verantwortungslosigkeit erscheinen in einem etwas milderen Licht, weil der verursachte Fremdschaden mit etwa 400 DM einen eher geringen Umfang hatte; bei sog. „Bagatellschäden“ nach misslungenen Parkmanövern werden auch die wirtschaftlichen Folgen vom Schädiger oftmals unterschätzt und subjektiv bagatellisiert. Milder zu beurteilen ist der Verstoß auch insofern, als er hier nicht im Zusammenhang mit einer vorausgegangenen Verkehrsgefährdung steht. Dementsprechend hat auch das Amtsgericht ... mit der Verhängung einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 60 DM der geringeren Schuld des Beamten durchaus Rechnung getragen. Ein Maßnahmeverbot nach § 14 BDO oder - als der materiell günstigeren Regelung nach § 14 BDG - greift hier nicht, weil wegen des einheitlichen, sich aus mehreren Pflichtverstößen zusammensetzenden Dienstvergehens die für die Anwendung der Vorschriften vorausgesetzte Identität des Sachverhalts (von Strafurteil und angeschuldigtem Dienstvergehen) nicht besteht.

40 Das unter Anschuldigungspunkt 2 angeschuldigte Fehlverhalten im Umgang mit der Dienstwaffe ist auch nach den - freilich nicht in die Einzelheiten gehenden - Feststellungen des Verwaltungsgerichts ein teils fahrlässiges, teils vorsätzliches. Hinsichtlich des fahrlässigen Teils kommt dem Beamten zugute, dass er sich nach seinen nicht zu widerlegenden Einlassungen aufgrund unverschuldeter Zugverspätung in großer Eile befand und deshalb vergaß, dass sich seine Dienstwaffe noch im geschlossenen Rucksack befand, den er in aller Eile im Spind verstaute, bevor er diesen abschloss und zum Einsatz eilte. Nach Ansprache durch seinen Vorgesetzten, den Zeugen S., darauf aufmerksam gemacht, konnte von Fahrlässigkeit allerdings keine Rede mehr sein. Jedoch konnte der Beamte dessen Äußerung, er solle die Pistole in der Pause an sich nehmen, so verstehen, dass ihm die Weisung erteilt wurde, den Streifengang erst einmal nur mit der Maschinenpistole und ohne zusätzliche Führung der eigenen Dienstwaffe zu Ende zu gehen. In der Pause jedoch, als er die Dienstpistole immer noch nicht sogleich an sich nahm, stand seinem vorsätzlichen Handeln kein solcher Milderungsgrund mehr zur Seite. Nachteile sind aus dem Verhalten zwar nicht entstanden. Jedoch war die jederzeitige Einsatzbereitschaft im Dienst beeinträchtigt. Sie muss bei waffentragenden Polizeibeamten stets gewährleistet sein. Daher ist es alles andere als in ihr Belieben gestellt zu entscheiden, wann und wo sie die Waffe führen. Der Beamte hat zwar keine Kernpflicht verletzt; jedoch müssen die Pflichten der hohen Verantwortung beim Umgang mit Waffen entsprechend als besonders bedeutsam eingestuft werden.

41 Zu Anschuldigungspunkt 6 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Beamte entgegen einer Grundsatzanordnung der Hundertschaft nicht bis zum vorgeschriebenen Zeitpunkt (bis 7 Uhr des nächsten Einsatztags, hier: am Montag, dem 18. März 2002) die weitere Krankschreibung (über den letzten Zeitpunkt der bis dahin bis zum 15. März 2002 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit hinaus bis zum 25. März 2002) vorab telefonisch mitgeteilt habe. Soweit der Beamte nunmehr erstmals behauptet hat, er habe bereits am Sonntag auf der Wache angerufen, nimmt ihm der Senat dies nicht ab, kann dies aber auch ohnehin nicht berücksichtigen, weil sich der Beamte damit in Widerspruch zu den nach der Beschränkung des Rechtsmittels bindenden Tatfeststellungen des Verwaltungsgerichts setzt. Die ursprüngliche Einlassung des Beamten, er habe bereits am Freitag, dem 15. März 2002, den Arzt aufgesucht und die Bescheinigung über die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit noch an diesem Tag per Post abgesandt, vermag den Beamten hingegen nicht vollends zu entlasten. Er konnte nicht davon ausgehen, dass die tatsächlich auch erst am 19. März 2002 bei der Hundertschaft eingegangene Benachrichtigung auf dem Postweg den zuständigen Dienstvorgesetzten auf jeden Fall rechtzeitig erreichen würde. Dies zu gewährleisten ist aber ersichtlich der Sinn der vorgeschriebenen unverzüglichen telefonischen Benachrichtigung. Nur auf diesem Wege lässt sich eine rechtzeitige, sinnvolle und gerechte Einsatzplanung gewährleisten. Der Beamte mag auf den rechtzeitigen Eingang beim Vorgesetzten gehofft haben; ihm ist gleichwohl der Fahrlässigkeitsvorwurf hinsichtlich des verspäteten Eingangs der Benachrichtigung nicht zu ersparen; über den ihm nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts bekannten Befehl, unverzüglich telefonisch Nachricht zu geben, hat er sich vorsätzlich hinweggesetzt. Das alles lässt aber nicht darüber hinwegsehen, dass dieser Verstoß insgesamt weniger schwer wiegt, als beispielsweise ein unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst an einem einzelnen Tag. Insbesondere liegt eine Kernpflichtverletzung nicht vor.

42 Zu den verbleibenden drei Vorwürfen der Anschuldigungspunkte 9 (Nachlässigkeit und Unaufmerksamkeit während des Aufenthalts vor dem Einsatz im Hauptbahnhof führen zum nicht rechtzeitigen Eintreffen am Einsatzort vor dem Westeingang des Bahnhofs), 3 bzw. 10 (jeweils Verspätungen um ca. 1 Stunde, davon einmal wegen Verschlafens <Anschuldigungspunkt 10> und einmal wegen Unaufmerksamkeit und nachlässig unterlassener Nachfragen zu dem vorher bekannt gegebenen Einsatzzeitpunkt) hat das Verwaltungsgericht ein fahrlässiges Verschulden des Beamten festgestellt. Die Verstöße gegen leicht einsehbare Grundpflichten wiegen insofern nicht leicht, als eine erhebliche Verspätung die Einsatzbereitschaft gefährden kann. In den drei konkreten Fällen ist es allerdings - abgesehen von einem behebbaren Transportproblem - nicht zu erheblichen dienstlichen Nachteilen gekommen. Dem Beamten ist auch nicht zu widerlegen, dass sein nachlässiges, unaufmerksames und sorgloses Verhalten nicht darauf beruhte, dass er sich hätte schonen wollen.

43 Bei der Gesamtwürdigung nach der Schwere des Dienstvergehens und des Verschuldens steht das Gewicht des außerdienstlichen Teils des Dienstvergehens, der Unfallflucht des Beamten, im Vordergrund. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts wäre dieses aber im Beamtendisziplinarrecht - auch bei einem Polizisten - isoliert betrachtet nicht etwa regelmäßig mit einer Maßnahme oberhalb der Gehaltskürzung zu ahnden. Zu Unrecht beruft sich das Verwaltungsgericht insofern auf Rechtsprechung des Wehrdisziplinarsenats, der für Soldaten in derartigen Fällen regelmäßig eine Beförderungssperre für angebracht hält (vgl. u.a. Urteil vom 16. Oktober 2002 - 2 WD 23.01 und 2 WD 32.02 - BVerwGE 117, 117 = Buchholz 236.1 § 13 SG Nr. 9). Zum einen ist die Systematik im Wehrdisziplinarrecht insofern eine andere, als Beförderungsverbot und Kürzung der Dienstbezüge zwei selbständige Maßnahmearten darstellen und das Beförderungsverbot als eine im Verhältnis zur Gehaltskürzung gesteigerte Disziplinarmaßnahme anzusehen ist (§ 58 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 WDO), während nach der Bundesdisziplinarordnung die Gehaltskürzung automatisch mit einer Beförderungssperre verbunden ist (§ 9 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BDO). Fallbezogen kommt zum anderen noch hinzu, dass die Unfallflucht in den beiden vom Wehrdisziplinarsenat entschiedenen Fällen mit vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdungen und Personenschäden einhergingen. Der Rechtsprechung des Senats entspricht es, weniger schematisch vorzugehen und - je nach den Gesamtumständen - eine Gehaltskürzung im unteren Bereich auszusprechen. Davon ist hier nicht abzuweichen. Der Umstand, dass es sich bei dem Beamten um einen Polizeibeamten handelt, geht zwar zu seinen Lasten; dass es nur um einen „Bagatellschaden“ ging, lässt den Verstoß aber wiederum in einem milderen Licht erscheinen (vgl. auch Urteil vom 29. August 2001 - BVerwG 1 D 49.00 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 31 = ZBR 2002, 212; zur Trunkenheitsfahrt mit erheblichem Sachschaden eines Polizeihauptkommissars im BGS mit BGS-Führerschein vgl. auch Urteil vom 6. September 1994 - BVerwG 1 D 11.94 -; zur Unfallflucht außerhalb des Dienstes im Rückfall: Urteil vom 4. Juni 1984 - BVerwG 1 D 6.84 -; zur Unfallflucht im Dienst mit Dienstfahrzeug: Urteil vom 21. Juli 1986 - BVerwG 1 D 162.85 - DokBerB 1986, 277).

44 Vom Gewicht des Verstoßes her kommt der außerdienstlichen Unfallflucht der Pflichtverstoß des Beamten beim Umgang mit der Dienstwaffe am nächsten. Da vorwiegend durch Fahrlässigkeit geprägt, erreicht er deren Bedeutung jedoch nicht vollends. Seine eigentliche Bedeutsamkeit erhält er erst durch den Zusammenhang mit den weiteren drei vorwiegend durch Fahrlässigkeit geprägten Pflichtverstößen. Wiederholte Nachlässigkeiten und Fahrlässigkeiten im Umgang mit besonders wichtigen dienstlichen Sorgfaltspflichten lassen, je häufiger sie auftreten, desto eher besorgen, dass sich Derartiges künftig auch bei ähnlich wichtigen Anlässen wiederholen wird. Auf die Dauer und als ein ständig sich wiederholendes Verhalten ist dieses nicht hinzunehmen. Die Summe dieser Pflichtverstöße - hier: fünf Verstöße innerhalb eines Zeitraums von zweieinhalb Jahren - ist es daher, die ihnen ihr eigentliches Gewicht verleiht. Sie legt im Ausgangspunkt ein höheres Maß an disziplinarrechtlicher Ahndung nahe als das außerdienstliche Dienstvergehen für sich betrachtet.

45 Dem stehen jedoch in Ansätzen positive persönliche Aspekte gegenüber, die bei der Bemessung nicht gänzlich zu vernachlässigen sind. Unter Berücksichtigung der zuletzt endlich gezeigten besseren Leistungen - sie entsprechen jetzt im Allgemeinen den Anforderungen - geht der Senat ungeachtet zwischenzeitlich erhobener weiterer Vorwürfe davon aus, dass der Beamte in der festen partnerschaftlichen Beziehung, in der er jetzt lebt, nunmehr vermehrt Halt und damit auch zu mehr Verantwortung gefunden hat. Dazu mag auch die inzwischen erfolgte Wegversetzung von D. beigetragen haben. Von daher erschien es dem Senat geboten aber auch ausreichend, dem Bedürfnis nach vermehrter Pflichtenmahnung insgesamt durch eine Gehaltskürzung im mittleren Bereich Rechnung zu tragen. Ausgehend davon, dass sich der Rahmen für die Gehaltskürzung mit Blick auf das günstigere materielle Recht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG mit einer Laufzeit von längstens drei Jahren bestimmt (vgl. Urteil vom 8. September 2004 - BVerwG 1 D 18.03 - Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7, im Anschluss an das Urteil vom 17. März 2004 - BVerwG 1 D 23.03 - BVerwGE 120, 218 <222>), hielt der Senat daher eine Gehaltskürzung von einem Zehntel auf die Dauer von 18 Monaten für angemessen.

46 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 ff. BDO.