Beschluss vom 04.05.2011 -
BVerwG 7 PKH 9.11ECLI:DE:BVerwG:2011:040511B7PKH9.11.0

Leitsatz:

Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe über einen gestellten Befangenheitsantrag nicht entschieden, kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden.

  • Rechtsquellen
    VwGO §§ 54, 132 Abs. 2 Nr. 3

  • OVG Berlin-Brandenburg - 27.01.2011 - AZ: OVG 12 B 69.07
    VG Berlin - 12.10.2007 - AZ: VG 2 A 136.05 

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 04.05.2011 - 7 PKH 9.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:040511B7PKH9.11.0]

Beschluss

BVerwG 7 PKH 9.11

  • OVG Berlin-Brandenburg - 27.01.2011 - AZ: OVG 12 B 69.07
  • VG Berlin - 12.10.2007 - AZ: VG 2 A 136.05 

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. Mai 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Brandt
beschlossen:

Der Antrag des Klägers, ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Januar 2011 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

1 Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen; denn die beabsichtigte weitere Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO).

2 Eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn davon ausgegangen werden kann, dass ein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Dabei müssen die Voraussetzungen einer Grundsatz-, einer Divergenz- oder einer Verfahrensrüge so weit dargetan werden, wie dies ohne anwaltlichen Beistand möglich und zumutbar ist. Zwar kann von dem anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten, der einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellt, nicht verlangt werden, dass er die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darlegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder den Verfahrensmangel in der Weise bezeichnet, wie dies gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde selbst erforderlich wäre. Geboten ist aber, dass sich aus der in der Beschwerdefrist vorgelegten Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs das Vorliegen eines Zulassungsgrundes zumindest in groben Zügen erkennen lässt (vgl. Beschlüsse vom 8. September 2008 - BVerwG 3 PKH 3.08 - juris Rn. 3, vom 13. September 1989 - BVerwG 1 ER 619.89 - Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 20 und vom 17. September 1964 - BVerwG 8 B 57.64 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 34). Daran fehlt es hier. Für den allein geltend gemachten Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nichts ersichtlich.

3 Der Kläger beanstandet, dass das Oberverwaltungsgericht über einen von ihm gestellten - weiteren - Befangenheitsantrag nicht vorab durch gesonderten Beschluss entschieden, sondern diesen verfahrensfehlerhaft übergangen habe. Im Gegensatz zur Behauptung einer fehlerhaften Ablehnung eines Befangenheitsantrags, die als unanfechtbare Vorentscheidung (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 2 ZPO) der Überprüfung durch das Revisionsgericht nur ausnahmsweise - im Falle von Willkür oder vergleichbar schweren Mängeln - zugänglich ist (vgl. Beschlüsse vom 15. Mai 2008 - BVerwG 2 B 77.07 - NVwZ 2008, 1025 <juris Rn. 6> und vom 21. März 2000 - BVerwG 7 B 36.00 - juris Rn. 4), kann eine solche Rüge zwar grundsätzlich mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden (vgl. hierzu BFH, Beschlüsse vom 17. Mai 2010 - VII B 254/09 - BFH/NV 2010, 1835 <juris Rn. 8> und vom 14. Februar 2002 - I B 109, 111, 113/00 - BFH/NV 2002, 1161 <juris Rn. 9> m.w.N.). Die Vorgehensweise des Oberverwaltungsgerichts begegnet aber keinen rechtlichen Bedenken.

4 Der Kläger hat gegen die zur Entscheidung berufenen Berufsrichter mit Schriftsatz vom 13. August 2010 einen Befangenheitsantrag gestellt, den das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 1. Oktober 2010 zurückgewiesen hat. Dabei ist das Oberverwaltungsgericht auch auf den Schriftsatz des Klägers vom 17. September 2010 eingegangen, mit dem die Richter aufgrund ihrer dienstlichen Äußerungen zum Befangenheitsantrag, die den Anforderungen des § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 44 Abs. 3 ZPO nicht entsprächen, erneut wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden waren. Es hat ausgeführt, dass für die Einholung weiterer dienstlicher Äußerungen kein Anlass bestehe; mit den abgegebenen dienstlichen Äußerungen liege eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch vor. Mit Schriftsatz vom 26. Januar 2011 hat der Kläger „weiter die Zusammensetzung des Senats (gerügt), da über der 2. Ablehnungsantrag vom 17. September 2010 nicht beachtet wurde und hierzu auch keine richterlichen Stellungnahmen vorliegen“. Hierauf hat sich der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung bezogen. Das Oberverwaltungsgericht hat sich ungeachtet dieses Vorbringens an einer Verhandlung und Entscheidung nicht gehindert gesehen, da die vorgebrachten Einwände bereits Gegenstand des Beschlusses vom 1. Oktober 2010 gewesen seien und demnach für eine erneute Entscheidung über den Ablehnungsantrag kein Raum sei. Das ist nicht zu beanstanden. Denn über unzulässige Befangenheitsanträge muss nicht gesondert entschieden werden. Unzulässig ist ein Ablehnungsgesuch insbesondere auch dann, wenn es - wie hier - lediglich wiederholt wird (vgl. bereits BVerfG, Beschluss vom 2. November 1960 - 2 BvR 473/60 - BVerfGE 11, 343 <348> sowie Kammerbeschluss vom 6. Mai 2010 - 1 BvR 96/10 - NVwZ-RR 2010, 545 <juris Rn. 24>; BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1972 - BVerwG 2 B 33.71/ 2 C 16.71 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 10).

5 Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Beschluss vom 17.10.2011 -
BVerwG 7 PKH 18.11ECLI:DE:BVerwG:2011:171011B7PKH18.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.10.2011 - 7 PKH 18.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:171011B7PKH18.11.0]

Beschluss

BVerwG 7 PKH 18.11

  • OVG Berlin-Brandenburg - 04.05.2011 - AZ: OVG 12 B 69.07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Oktober 2011
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Guttenberger und
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser und Schipper
beschlossen:

Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Brandt wird zurückgewiesen.

Gründe

1 Der Antrag auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht Sailer und der Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Brandt wegen Besorgnis der Befangenheit ist unbegründet. Dahinstehen kann deshalb, ob eine Richterablehnung im Rahmen einer Anhörungsrüge, die gerade der Selbstkorrektur des Gerichts dienen soll, überhaupt zulässig ist (verneinend: Bader, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2010, § 152a Rn. 11; Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Mai 2010, § 152a Rn. 28 m.w.N.; a.A. Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 152a Rn. 19).

2 Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit setzt nicht voraus, dass der Richter tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt, wenn vom Standpunkt der Beteiligten aus gesehen hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1975 - BVerwG 6 C 129.74 - BVerwGE 50, 36 <38 f.>).

3 Bei Anwendung dieses Maßstabs ist die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter nicht begründet. Der Vorwurf des Klägers, die Richter seien voreingenommen, weil sie mit Beschluss vom 4. Mai 2011 - BVerwG 7 PKH 9.11  - über seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Januar 2011 in einer Art „Blitzentscheidung“ ablehnend entschieden hätten, womit er wegen seines Hinweises auf eine weitere Begründung nach Mitteilung des Aktenzeichens nicht hätte rechnen müssen, ist unzutreffend. Dem Kläger ist mit gerichtlichem Schreiben vom 5. April 2011 das Aktenzeichen des anhängig gewordenen Verfahrens zur Gewährung von Prozesskostenhilfe bekannt gegeben worden. Er hatte daher bis zur Beschlussfassung durch den Senat am 4. Mai 2011 ausreichend Zeit, seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe weiter zu begründen.

4 Der weitere Vorwurf, die Richter hätten ihre Entscheidung nebst Leitsatz zeitnah auf der Webseite des Bundesverwaltungsgerichts veröffentlicht, ohne die Frist zur Einlegung einer Gehörsrüge abzuwarten, ist ebenfalls unbegründet. Die Veröffentlichung von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ist Sache der dortigen Dokumentationsstelle, auf die die Richter keinen Einfluss nehmen. Auf die rechtliche Erheblichkeit dieses Einwandes ist daher nicht näher einzugehen.

5 Der Beschluss vom 4. Mai 2011 über die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags ist entgegen der Auffassung des Klägers auch ausreichend begründet worden. Dabei hat der Senat die Vorgehensweise des Oberverwaltungsgerichts, anlässlich des zweiten Befangenheitsantrags des Klägers keine weiteren richterlichen Stellungnahmen einzuholen und über den Befangenheitsantrag nicht gesondert zu entscheiden, weil die vorgebrachten Einwände aufgrund des ersten Befangenheitsantrags bereits Gegenstand eines Beschlusses vom 1. Oktober 2010 waren, als rechtlich bedenkensfrei erachtet. Dass der Kläger diese Würdigung für fehlerhaft hält, reicht zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit nicht aus. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Würdigung willkürlich ist (vgl. Urteil vom 11. Februar 1982 - BVerwG 1 D 2.81 - BVerwGE 73, 339 <346>; Beschlüsse vom 29. Mai 1991 - BVerwG 4 B 71.91 - NJW 1992, 1186 <1187> und vom 23. Oktober 2007 - BVerwG 9 A 50.07, BVerwG 9 VR 19.07, BVerwG 9 VR 21.07 - Buchholz 303 § 43 ZPO Nr. 1; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 54 Rn. 11a f. m.w.N., sind nicht ersichtlich.

Beschluss vom 03.11.2011 -
BVerwG 7 PKH 18.11ECLI:DE:BVerwG:2011:031111B7PKH18.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 03.11.2011 - 7 PKH 18.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:031111B7PKH18.11.0]

Beschluss

BVerwG 7 PKH 18.11

  • OVG Berlin-Brandenburg - 04.05.2011 - AZ: BVerwG 7 PKH 9.11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. November 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Brandt
beschlossen:

Der Antrag des Klägers, ihm für eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Mai 2011 - BVerwG 7 PKH 9.11 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

1 Dem Kläger kann die begehrte Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht bewilligt werden. Denn eine Anhörungsrüge gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1, § 121 ZPO). Der Senat hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht im Sinne von § 152a Abs. 1 Nr. 2 VwGO in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

2 Ohne Erfolg rügt der Kläger, dass der Senat vor Eingang einer weiteren Begründung, deren Einreichung für die Zeit nach Mitteilung des Aktenzeichens angekündigt worden war, entschieden hat. Denn auf neuen Vortrag konnte es bereits von Rechts wegen nicht ankommen. Über den Antrag war nämlich auf der Grundlage der in der Beschwerdefrist vorgelegten Begründung zu entscheiden. Aber auch ungeachtet dessen war der Senat im Zeitpunkt der Beschlussfassung am 4. Mai 2011 nicht verpflichtet, mit seiner Entscheidung weiter zuzuwarten. Denn ausweislich der Gerichtsakten war dem Kläger das Aktenzeichen bereits mit Schreiben vom 5. April 2011 mitgeteilt worden; darüber hinaus war das Aktenzeichen auch einem weiteren Schreiben vom 13. April 2011 zu entnehmen.

3 Mit dem Vorbringen des Klägers zu einer vermeintlich unzutreffenden rechtlichen Würdigung des Vorgehens des Oberverwaltungsgerichts wird eine Gehörsverletzung ebenso wenig aufgezeigt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nämlich nicht verletzt, wenn das Gericht dem zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Vorbringen nicht folgt, sondern aus Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als der Beteiligte es für richtig hält.