Beschluss vom 04.04.2002 -
BVerwG 4 B 18.02ECLI:DE:BVerwG:2002:040402B4B18.02.0

Beschluss

BVerwG 4 B 18.02

  • Bayerischer VGH München - 02.08.2001 - AZ: VGH 2 B 97.172

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. April 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. L e m m e l und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. August 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Die allein auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt erfolglos. Rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftige Fragen des revisiblen Rechts werden in der Beschwerde nicht angesprochen.
1. Nicht zugelassen werden kann die Revision wegen der in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen, wann und unter welchen konkreten Umständen ein Stillhalteabkommen zustande kommt, insbesondere welche Anforderungen an ein stillschweigendes Stillhalteabkommen im Bezug auf das Erlöschen von Zwangsgeldansprüchen zu stellen sind, und ob mit der Bitte um Aussetzung der Vollstreckung, verbunden mit der Androhung rechtlicher Schritte, ein Stillhalteabkommen geschlossen werden kann, wenn die Behörde darauf nicht reagiert.
Es ist schon zweifelhaft, ob diese Fragen überhaupt revisibles Recht betreffen. Unter welchen Voraussetzungen eine Zwangsgeldforderung erlischt, ist nämlich für Bayern in der irrevisiblen Vorschrift des Art. 71 des bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und anderer Gesetze - AGBGB - (Bayerische Rechtssammlung 400-1-J) geregelt. Das Berufungsgericht führt aus, dass nach dieser Vorschrift Zwangsgeldforderungen regelmäßig in drei Jahren erlöschen, dass das Erlöschen jedoch in entsprechender Anwendung des § 202 Abs. 1 BGB (a.F.) gehemmt sei, solange der Verpflichtete vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt sei.
Ob sich mit der Verweisung des Landesrechts auf die bundesrechtliche Norm des § 202 Abs. 1 BGB wenigstens insoweit revisible Fragen stellen können, kann offen bleiben. Denn eine entscheidungserhebliche Grundsatzfrage zur Auslegung des § 202 BGB enthält die Beschwerde nicht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, an die der Senat gebunden ist, weil die Beschwerde sie nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat, hat die Beklagte den Anträgen des Klägers vom 21. April und vom 29. Juni 1992 entsprochen und die Vollziehung des Zwangsgeldbescheides bis zum 1. Oktober 1995 ausgesetzt. In welcher Weise dies geschehen ist, lässt sich dem Berufungsurteil allerdings nicht entnehmen. Soweit die Beschwerde meint, die Aussetzung sei nach Auffassung des Berufungsgerichts (erst) mit dem Schreiben der Beklagten vom 8. Januar 1996 vorgenommen worden, missversteht sie das Berufungsurteil; das Schreiben vom 8. Januar 1996 wird in ihm lediglich als Beleg dafür erwähnt, dass die Beklagte die Vollziehung des Bescheids zunächst bis zum 1. Oktober 1995 ausgesetzt habe. Nicht durch die Feststellungen des Berufungsgerichts gedeckt ist aber auch der Vortrag der Beschwerde, die Beklagte habe auf die Aussetzungsanträge des Klägers nicht reagiert. Im Gegenteil stellt das Berufungsgericht fest, dass die Beklagte diesen Anträgen nachgekommen sei und die Vollziehung ausgesetzt habe, und zwar sogar mit der Bestimmung einer Frist. Wie dies geschehen ist, ist unerheblich. Denn weil nicht zweifelhaft ist, dass ein Recht zur vorübergehenden Verweigerung der Leistung (im Sinne von § 202 Abs. 1 BGB) je nach den Umständen des Einzelfalles auch durch schlüssiges Handeln eingeräumt werden kann, wäre es unerheblich, wenn dem Kläger die Aussetzung der Vollziehung - etwa durch einen internen Vermerk oder durch eine Weisung an die Stadtkasse - nicht ausdrücklich mitgeteilt worden sein sollte. Zutreffend ist ferner zwar, dass § 202 Abs. 1 BGB voraussetzt, dass der Verpflichtete ein Recht zur Leistungsverweigerung besessen hat. Hiervon ist aber auch das Berufungsgericht ausgegangen.
2. Auch wegen der Frage, unter welchen Umständen eine rechtliche Unmöglichkeit mit einer tatsächlichen Unmöglichkeit gleichzusetzen ist, kann die Revision nicht zugelassen werden. Entscheidungserheblich ist die Frage nur insoweit, wie die Beschwerde geltend macht, die in der Baugenehmigung enthaltene aufschiebende Bedingung, einen Freiflächengestaltungsplan vorzulegen, sei nichtig, weil der Kläger ohne Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer rechtlich nicht zur Vorlage des Plans in der Lage sei. Insoweit besteht jedoch Einigkeit, dass die rechtliche Unmöglichkeit im Regelfall keinen Nichtigkeitsgrund darstellt, nämlich immer dann, wenn die erforderliche Berechtigung noch nachträglich geschaffen werden kann (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl. 2000, § 44 Rn. 40, 42). Insbesondere nimmt die herrschende Lehre nur Unvermögen an, wenn die Unmöglichkeit, einer Forderung nachzukommen, in der mangelnden Alleinberechtigung des Adressaten liegt (Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. 2001, § 44 Rn. 142, m.w.N.). Da im vorliegenden Fall nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die grundsätzliche Mitwirkungspflicht des anderen Miteigentümers bei der Einreichung des Freiflächengestaltungsplans außer Frage stand, kann der Mangel der Alleinberechtigung des Klägers keinen Nichtigkeitsgrund darstellen.
3. Auf die ergänzende Beschwerdebegründung im Schriftsatz vom 6. März 2002 ist nicht einzugehen, weil dieser Schriftsatz erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingegangen ist.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Den Wert des Streitgegenstandes setzt der Senat gemäß § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG fest.