Beschluss vom 03.07.2009 -
BVerwG 2 B 13.09ECLI:DE:BVerwG:2009:030709B2B13.09.0

Beschluss

BVerwG 2 B 13.09

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 29.10.2008 - AZ: OVG 21 A 2024/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. Juli 2009
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Groepper, Dr. Heitz
und Dr. Burmeister
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 14 187,12 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde des Klägers kann keinen Erfolg haben. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.

2 1. Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Anwärterbezügen, die er als Finanzanwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf während des Vorbereitungsdienstes in den Jahren 1992 bis 1995 erhielt. In dessen Rahmen absolvierte der Kläger ein Studium an der Fachhochschule für Finanzen des Beklagten. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Vorbereitungsdienstes wurde er in ein Beamtenverhältnis auf Probe übernommen, aus dem er nach kurzer Zeit auf eigenen Antrag ausschied, um Rechtswissenschaft zu studieren. Nach der Zweiten Juristischen Staatsprüfung ließ sich der Kläger als Rechtsanwalt nieder. Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage gegen den Rückforderungsbescheid abgewiesen. Der Kläger sei zur Rückzahlung der Anwärterbezüge verpflichtet, weil er nicht nachgewiesen habe, nach dem Abschluss seiner juristischen Ausbildung alle zumutbaren Anstrengungen unternommen zu haben, um in den öffentlichen Dienst zurückzukehren.

3 2. Mit der Beschwerde wirft der Kläger die Frage als rechtsgrundsätzlich bedeutsam auf, ob und in welchem Umfang ein nach dem Vorbereitungsdienst ausgeschiedener Beamter nach Abschluss eines Hochschulstudiums erfolglose Bemühungen um die Wiederaufnahme in den öffentlichen Dienst nachweisen muss, um die Rückforderung der Anwärterbezüge zu vermeiden. Es sei zu klären, ob die Stellensituation, die Examensnote des Bewerbers und die gängige Verwaltungspraxis in die Beurteilung einzubeziehen seien. Aufgrund der damaligen Stellensituation und des lediglich ausreichenden Ergebnisses der Zweiten Juristischen Staatsprüfung habe er keine Chance gehabt, eine Anstellung im öffentlichen Dienst zu finden.

4 Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18; stRspr). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage nicht erfüllt. Denn diese Frage kann aufgrund der Rechtsprechung des Senats zur Bedeutung der maßgebenden Vorschrift des § 59 Abs. 5 BBesG ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden.

5 Nach § 59 Abs. 5 BBesG kann die Gewährung der Anwärterbezüge für Anwärter, die im Rahmen ihres Vorbereitungsdienstes ein Studium ableisten, von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht werden. Der Bedeutungsgehalt dieser Vorschrift ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt: Sie soll sicherstellen, dass Anwärter, die im Rahmen des Vorbereitungsdienstes an einer Fachhochschule studieren, keine finanziellen Vorteile gegenüber anderen Studierenden erlangen, wenn sie nach erfolgreichem Abschluss des Vorbereitungsdienstes nicht mehr bereit sind, als Beamte im öffentlichen Dienst zu verbleiben. Daher ermächtigt § 59 Abs. 5 BBesG den Dienstherrn, die Zahlung der Anwärterbezüge daran zu koppeln, dass der Anwärter nach dem Abschluss des Vorbereitungsdienstes mindestens fünf Jahre als Beamter Dienst leistet. Ein derartiger Zeitraum ist auch in Anbetracht des Grundrechts der freien Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1 GG zumutbar. Scheidet der Beamte vor Ablauf der festgelegten Mindestdienstzeit von bis zu fünf Jahren auf eigenen Antrag aus, so können die Anwärterbezüge als „zuviel gezahlt“ nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG, § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB durch Leistungsbescheid zurückgefordert werden (Urteile vom 27. Februar 1992 - BVerwG 2 C 28.91 - Buchholz 240 § 59 BBesG Nr. 7; vom 10. Februar 2000 - BVerwG 2 A 6.99 - Buchholz 240 § 59 BBesG Nr. 10 und vom 13. September 2001 - BVerwG 2 A 9.00 - Buchholz 240 § 59 BBesG Nr. 11).

6 Davon ausgehend unterliegt keinem Zweifel, dass der Dienstherr durch § 59 Abs. 5 BBesG auch ermächtigt wird, die Rückforderung der Anwärterbezüge im Falle des vorzeitigen Ausscheidens des Beamten wegen der Aufnahme eines Hochschulstudiums davon abhängig zu machen, dass dieser sich nach dem Abschluss des weiteren Studiums nachweislich ernsthaft um eine erneute Anstellung im öffentlichen Dienst bemüht hat. Denn eine Auflage dieses Inhalts stellt den Betroffenen erheblich besser. Er erhält die Möglichkeit, der Rückzahlungspflicht zu entgehen, obwohl er die festgelegte Mindestdienstzeit nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes nicht abgeleistet hat (Urteil vom 10. Februar 2000 a.a.O.).

7 Das Oberverwaltungsgericht hat diese Rechtsgrundsätze dem Berufungsurteil zugrunde gelegt und sie zutreffend auf den vorliegenden Fall angewandt. Es hat dargelegt, der Beklagte sei entsprechend seiner Ermessenspraxis aufgrund der Gesamtwürdigung der tatsächlichen Umstände ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass der Kläger nach der Zweiten Juristischen Staatsprüfung keine ernsthaften Bemühungen um eine Anstellung im öffentlichen Dienst nachgewiesen habe. Diesen Schluss hat das Oberverwaltungsgericht nicht nur auf die Anzahl der Bewerbungen des Klägers um eine Stelle im öffentlichen Dienst gestützt. Vielmehr hat es auch einbezogen, dass sich der Kläger in den ersten Monaten nach der Zweiten Juristischen Staatsprüfung und in der Zeit zwischen Oktober 2004 und März 2006 gar nicht beworben habe. Nach seinen Tatsachenfeststellungen seien Bewerbungen trotz der Examensnote des Klägers nicht von vornherein aussichtslos gewesen. Ergänzend hat das Oberverwaltungsgericht darauf hingewiesen, die Tätigkeiten des Klägers während des juristischen Studiums und Vorbereitungsdienstes erweckten den Anschein, ihm sei es von vornherein um eine Berufstätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes gegangen.

8 Danach ist die vom Kläger aufgeworfene Frage schon deshalb nicht rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil sie sich ausschließlich auf Umstände des vorliegenden Falles bezieht und nicht verallgemeinerungsfähig ist. Der Kläger macht keinen allgemeinen rechtlichen Klärungsbedarf geltend, sondern wendet sich gegen die rechtliche Würdigung der tatsächlichen Umstände des zu entscheidenden Einzelfalles durch das Oberverwaltungsgericht. Zudem würde sich die Frage in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO an die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zu der damaligen Stellensituation im öffentlichen Dienst gebunden ist. Auf der für den Senat maßgebenden Tatsachengrundlage des Berufungsurteils sind Bewerbungen des Klägers um eine Stelle im öffentlichen Dienst nicht aussichtslos gewesen.

9 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.