Beschluss vom 03.07.2003 -
BVerwG 6 B 29.03ECLI:DE:BVerwG:2003:030703B6B29.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 03.07.2003 - 6 B 29.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:030703B6B29.03.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 29.03

  • Bayerischer VGH München - 28.01.2003 - AZ: VGH 24 B 02.322

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. Juli 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. H a h n und Dr. G r a u l i c h
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom
  2. 28. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
  3. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

1. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet.
Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist dabei auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt.
a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage verleiht der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
Die Klägerin möchte geklärt wissen, "ob die von ihr verwandten biometrischen Systeme dazu führen, dass die Vorschriften des § 7 Abs. 4 JÖSchG bzw. des § 184 Abs. 1 Nr. 3 a StGB dahin verfassungskonform ausgelegt werden müssen, dass eine Abgabe von bespielten Bildträgern in Automaten dann zulässig ist, wenn wegen der durch das biometrische System getroffenen Sicherungsvorkehrungen ein Zutritt bzw. Zugriff Jugendlicher auf das Automatenangebot ausgeschlossen ist". Die Frage kann schon deshalb nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führen, weil sie von einem durch das Berufungsgericht nicht festgestellten Sachverhalt ausgeht. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass "die nicht durch Geschäftspersonal kontrollierte Abgabe jugendgefährdender Videos trotz bestehender technischer Sicherungsvorkehrungen Missbrauch in der Weise nicht ausschließt, dass ein zugangsberechtigtes Clubmitglied einen Jugendlichen mit in die Geschäftsräume nimmt und der Jugendliche Gelegenheit erhält, von den Covers der Videos Kenntnis zu nehmen". Danach ist eine Konfrontation Jugendlicher jedenfalls mit dem Cover der Kassetten nicht ausgeschlossen.
Aber auch unabhängig davon führt die Frage nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
Soweit sich die Frage auf § 184 Abs. 1 Nr. 3 a StGB bezieht, folgt dies schon daraus, dass das Berufungsgericht diese Strafnorm nicht angewandt hat. Es hat die Neufassung des § 184 StGB lediglich als gesetzgeberische Reaktion auf eine in der Flut von Videos mit gewaltverherrlichendem oder pornographischem Inhalt liegende besonders jugendgefährdende Erscheinung erwähnt. Eine für das Berufungsurteil nicht entscheidungserhebliche Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (Beschluss vom 7. Januar 1986 - BVerwG 2 B 94.85 - Buchholz 310 § 75 VwGO Nr. 11).
Auch hinsichtlich des § 7 Abs. 4 JÖSchG kann die aufgeworfene Frage nicht zur Revisionszulassung führen. Die Vorschrift bestimmte, dass in der Öffentlichkeit bespielte Bildträger nicht in Automaten angeboten werden dürfen. Sie ist am 1. April 2003 außer Kraft getreten. An diesem Tag ist das Jugendschutzgesetz vom 23. Juli 2002 (BGBl I S. 2730) in Kraft getreten (Bekanntmachung vom 1. April 2003, BGBl I S. 476). Dieses enthält in §§ 12 und 15 eine differenzierende Regelung über das Zugänglichmachen bespielter Bildträger und die Aufstellung von Automaten zur Abgabe bespielter Bildträger, welche die Frage einer verfassungskonformen Auslegung des § 7 Abs. 4 JÖSchG gegenstandslos macht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Rechtsfragen bei ausgelaufenem Recht trotz anhängiger Fälle regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung, da die Zulassungsvorschrift des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur eine für die Zukunft geltende Klärung herbeiführen soll. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Klärung noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist. Für das Vorliegen einer solchen Sachlage ist der Beschwerdeführer darlegungspflichtig (vgl. Beschlüsse vom 17. April 1998 - BVerwG 1 B 31.98 - Buchholz 402.240 § 100 AuslG Nr. 1 und vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 Nr. 9 m.w.N.). An einer derartigen Darlegung fehlt es. Die Klägerin weist lediglich darauf hin, der Verwaltungsgerichtshof habe bereits die Neuregelung in seiner Entscheidung angewandt, was lediglich insoweit zutrifft, als er sie als seine Rechtsauffassung zu § 7 Abs. 4 JÖSchG bestätigend angesehen hat.
b) Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung von der Rechtsprechung der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte ist ebenfalls nicht gegeben. Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz im Sinne der genannten Vorschrift liegt nur vor, wenn das Berufungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem ebensolchen Rechtssatz abgerückt ist, der von einem der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellt worden ist. Dabei müssen die Rechtssätze sich grundsätzlich auf dieselbe Rechtsnorm beziehen. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt in diesem Zusammenhang, dass in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, dass und inwiefern das Berufungsgericht seine Entscheidung auf einen in der genannten Weise widersprechenden Rechtssatz gestützt hat. Daran fehlt es. Die Klägerin meint, dass die angefochtene Entscheidung von dem Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 6 C 13.01 - (BVerwGE 116, 5 = DVBl 2002, 976) abweicht. In diesem Urteil hat der Senat sich u.a. mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Rundfunkstaatsvertrags sowie mit der Frage des Verstoßes gegen § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB durch Ausstrahlung von pornographischen Fernsehfilmen befasst, nicht jedoch mit § 7 Abs. 4 JÖSchG. Dem entsprechend zeigt die Klägerin auch keinen Rechtssatz des Berufungsgerichts auf, der von einem in der vorgenannten Entscheidung aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht.
2. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.