Beschluss vom 02.06.2008 -
BVerwG 2 B 2.08ECLI:DE:BVerwG:2008:020608B2B2.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.06.2008 - 2 B 2.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:020608B2B2.08.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 2.08

  • Niedersächsisches OVG - 10.10.2007 - AZ: OVG 5 LC 265/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Juni 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kugele und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 264,35 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen Abweichung der Berufungsentscheidung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2 Eine Abweichung des Berufungsgerichts von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, die nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO mit der Divergenzrüge geltend zu machen ist, kann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aufwerfen (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 9. November 1979 - BVerwG 4 N 1.78 , 4 N 2 bis 4.79 - BVerwGE 59, 87 <93> m.w.N. und vom 22. Juni 1984 - BVerwG 8 B 121.83 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 225). Ob dies hier der Fall ist, braucht nicht entschieden zu werden. Die als vermeintlich rechtsgrundsätzlich geltend gemachte Rechtsfrage bedarf keiner (weiteren) Klärung in einem Revisionsverfahren.

3 Die Klägerin sieht sinngemäß die Frage als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig an, ob dem gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbot entsprochen werde, wenn Erlassregelungen einen angemessenen Ausgleich ermöglichen, es hingegen nicht erforderlich sei, diesen auch tatsächlich zu gewähren.

4 Die teilzeitbeschäftigte Klägerin begehrt von der Beklagten Dienstbefreiung für die Teilnahme an einer mehrtägigen Klassenfahrt. Das Berufungsgericht hat die Klage - soweit hier von Interesse - mit der Begründung abgewiesen, dass weder der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG noch das Gebot des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit gemäß Art. 141 EG i.V.m. der Richtlinie 75/117/EWG vom 10. Februar 1975 (ABl Nr. L 045 S. 19) noch das Gebot der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsausbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen gemäß der Richtlinie 76/207/EWG vom 14. Februar 1976 (ABl Nr. L 39 S. 40) noch das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter gemäß der Richtlinie 97/81 EG des Rates vom 15. Dezember 1997 (ABl 1998 L 14/9) eine andere Entscheidung geböten. Denn die Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Satz 2 NBG hinsichtlich eines Anspruchs auf Dienstbefreiung beträfen teil- und vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte gleichermaßen. Ferner könne eine gleichheitswidrige Benachteiligung durch entsprechende zeitliche Entlastungen ausgeglichen werden.

5 Daraus kann entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht hergeleitet werden, es sei nicht erforderlich, den Ausgleich tatsächlich zu gewähren. Diese Schlussfolgerung verbietet sich schon deshalb, weil das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des beschließenden Senats (vgl. insbesondere das Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 61.03 u.a. - BVerwGE 122, 65) lediglich darauf abgestellt hat, es komme für die Feststellung, dass keine Diskriminierung vorliege, nicht darauf an, ob die betroffene Lehrkraft von einer der nach Landesrecht vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen tatsächlich Gebrauch gemacht habe. Ebenso wenig komme es darauf an, so das Berufungsgericht wiederum unter Bezugnahme auf die zitierte Entscheidung des beschließenden Senats, ob sich für eine mit einem Bruchteil der vollen Wochenstunden beschäftigte Lehrkraft ein mathematisch exakter Ausgleich herstellen lasse, wenn sie nur an jeder zweiten (oder dritten oder vierten usw.) Klassenreise teilzunehmen habe; es genüge vielmehr, dass es möglich sei, jedenfalls einen annähernden Ausgleich zu schaffen. Bei diesen unmissverständlich formulierten Rechtssätzen drängt sich ohne Weiteres auf, dass der beschließende Senat und mit ihm das Berufungsgericht nicht zum Ausdruck gebracht haben, es komme nicht darauf an, ob der Dienstherr vorgesehene Ausgleichsmaßnahmen unbeachtet lassen dürfe und die von der Klägerin befürchtete Sanktionslosigkeit bestünde. Festgestellt wurde vielmehr, dass die Möglichkeit der Lehrkraft, Ausgleichsmaßnahmen zu beanspruchen, eine Ungleichbehandlung oder Diskriminierung ausschließe.

6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 GKG.