Beschluss vom 03.09.2015 -
BVerwG 4 B 34.15ECLI:DE:BVerwG:2015:030915B4B34.15.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 03.09.2015 - 4 B 34.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2015:030915B4B34.15.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 34.15

  • VG Darmstadt - 05.02.2014 - AZ: VG 2 K 1273/12.DA
  • VGH Kassel - 26.06.2015 - AZ: VGH 5 A 684/15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. September 2015
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz als Vorsitzenden
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz und Dr. Külpmann
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2015 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 9 535,73 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2 1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst. Die von der Beschwerde als klärungsbedürftig aufgeworfene, auf § 37 Abs. 1 HVwVfG bezogene Frage,
ob ein Kostenbescheid ausreichend bestimmt ist, dessen Angaben sich ausschließlich auf die Erfüllung der vom Verwaltungsgerichtshof genannten formellen Anforderungen beschränkt und hinsichtlich des materiellen Rechnungsinhaltes teilweise von vorgegebenen Werten ausgeht, die an keiner Stelle weiter erläutert werden, so dass eine entsprechende Nachprüfung des Rechnungsbetrages dem Grunde und der Höhe nach durch den Kostenschuldner nicht möglich ist,
führt nicht zur Zulassung der Revision. Die Vorschrift des § 37 Abs. 1 HVwVfG, in der geregelt ist, dass ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss, gehört zwar zum revisiblen Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), weil sie ihrem Wortlaut nach mit § 37 Abs. 1 des VwVfG des Bundes übereinstimmt. Die aufgeworfene Frage ist jedoch nicht klärungsbedürftig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2008 - 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11 m.w.N.) bedeutet der Grundsatz der hinreichenden Bestimmtheit einer Einzelfallregelung zum einen, dass deren Adressat in der Lage sein muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird; zum anderen folgt daraus, dass der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann. Dass der streitgegenständliche Kostenbescheid diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Verwaltungsgerichtshof im Einklang mit dieser Rechtsprechung bejaht.

3 Soweit die Beschwerde bemängelt, dass der Bescheid hinsichtlich des materiellen Regelungsgehalts teilweise von vorgegebenen Werten ausgehe, die an keiner Stelle erläutert würden, so dass eine Nachprüfung des Rechnungsbetrags durch den Kostenschuldner nicht möglich sei, ist dies keine Frage der Bestimmtheit, sondern der in § 39 Abs. 1 HVwVfG geregelten Begründungsanforderungen, die der Verwaltungsgerichtshof im angegriffenen Bescheid ebenfalls als erfüllt angesehen hat. Welchen Inhalt und Umfang die Begründung eines Bescheides haben muss, richtet sich dabei nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalles (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 4 C 31.13 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2014:​271114U4C31.13.0] - NVwZ 2015, 531 Rn. 8). Inwieweit darüber hinaus revisionsgerichtlicher Klärungsbedarf besteht, legt die Beschwerde nicht dar.

4 2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen.

5 a) Der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 5 f.) hat keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass der Beklagte eine Ermessensausübung zu Gunsten des Klägers im Sinne einer Billigkeitsentscheidung nach § 17 HVwKostG zu Unrecht unterlassen habe. Für einen Billigkeitserlass könne das Ermessen generell dergestalt ausgeübt werden, dass eine solche Billigkeitsentscheidung - so der Verwaltungsgerichtshof - überhaupt erst dann geboten sei, wenn die tatsächlichen Rohbaukosten weniger als 50 % der - für die Abrechnung der Prüfingenieurvergütung grundsätzlich maßgeblichen - landesdurchschnittlichen Rohbaukosten betragen.

6 Die Beschwerde wendet sich gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs (UA S. 7), dass der Kläger andere Gesichtspunkte, die nichts mit der Problematik der Höhe der Rohbaukosten zu tun hätten, aber eine Billigkeitsentscheidung nach § 17 HVwKostG erfordert hätten, gegenüber dem Beklagten nicht geltend gemacht habe. Diese fehlerhafte Erkenntnis ziehe der Verwaltungsgerichtshof aus dem klägerischen Schreiben vom 1. September 2011, in dem der Kläger die seiner Ansicht nach hohen Baukosten angeführt habe. Die Beschwerde wirft dem Verwaltungsgerichtshof vor, Vortrag aus der Klagebegründung nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Dies führt schon deswegen nicht auf einen Gehörsverstoß, weil der Verwaltungsgerichtshof für maßgeblich gehalten hat, ob entsprechende Anhaltspunkte gegenüber dem Beklagten geltend gemacht worden sind. Solche Anhaltspunkte benennt aber auch die angeführte Stelle der Klagebegründung nicht, sondern spricht allein pauschal und ohne nähere Erläuterung von "unzähligen Hinweisen". Zum anderen kritisiert die Beschwerde, dass der Verwaltungsgerichtshof aus dem Wortlaut des Schreibens unzutreffende Schlüsse gezogen habe. Der Sache nach macht sie damit eine sachlich unrichtige Beweiswürdigung geltend; ein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kann darauf nicht gestützt werden.

7 b) Soweit die Beschwerde schließlich eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) hinsichtlich der Frage rügt, ob eine Ermessensausübung in dem Verhältnis zwischen Behörde und Prüfingenieur stattgefunden habe und ob die abgerechneten Positionen mit den Vereinbarungen im erteilten Auftrag übereinstimmten, kam es hierauf nach dem insoweit maßgeblichen Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichtshofs (UA S. 5 f.) nicht an (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1982 - 2 C 50.80 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 197). Denn dieser hat die generelle Ermessensausübung gebilligt, eine Billigkeitsentscheidung nur für geboten zu halten, wenn die tatsächlichen Rohbaukosten - anders als vorliegend - weniger als 50 % der landesdurchschnittlichen Rohbaukosten betragen.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.