Beschluss vom 01.12.2016 -
BVerwG 6 B 32.16ECLI:DE:BVerwG:2016:011216B6B32.16.0

Kein Anspruch auf Wiedergabe des Namens in Groß- und Kleinbuchstaben im Reisepass

Leitsatz:

Der durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) gewährleistete Schutz des Namens umfasst grundsätzlich nicht die Wiedergabe des Namens in Groß- und Kleinbuchstaben in einem Reisepass.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
    PassG § 4 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, Abs. 5 Satz 1
    PassV § 1 Satz 1, Anlagen 1 und 1a
    NamÄndG § 3 Abs. 1

  • VG Stuttgart - 29.09.2014 - AZ: VG 11 K 4564/13
    VGH Mannheim - 16.03.2016 - AZ: VGH 1 S 1177/15

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 01.12.2016 - 6 B 32.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:011216B6B32.16.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 32.16

  • VG Stuttgart - 29.09.2014 - AZ: VG 11 K 4564/13
  • VGH Mannheim - 16.03.2016 - AZ: VGH 1 S 1177/15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. Dezember 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller und Hahn
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16. März 2016 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Kläger begehrt die Ausstellung eines Reisepasses, in dem sein Name mit Groß- und Kleinbuchstaben wiedergegeben ist. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II

2 Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde des Klägers bleibt ohne Erfolg.

3 Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

4 1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
"ob nach den Bestimmungen des Passgesetzes, § 4 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Pässe zwingend nur nach dem nach der zugrunde liegenden Passverordnung ausgefertigten und in der dortigen Anlage abgedruckten Muster in Großbuchstaben ausgefertigt werden dürfen oder die Ausfertigung in Groß- und Kleinbuchstaben ebenso gerechtfertigt und mit den Bestimmungen des Passgesetzes und der auf dieser Grundlage erlassenen Passverordnung vereinbar ist."

5 Dieser Frage kommt keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu, da sie sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesauslegung ohne Weiteres im Sinne der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs beantworten lässt (vgl. zu diesem Maßstab etwa BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2012 - 6 B 21.12 - Buchholz 442.066 § 71 TKG Nr. 1 Rn. 2). Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich aus dem Passgesetz (PassG) in Verbindung mit der Passverordnung (PassV), dass der Name nur in Großbuchstaben darzustellen ist. § 4 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 PassG zufolge sind Pässe nach einheitlichem Muster auszustellen. Die Muster des Reisepasses bestimmt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 PassG das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf. § 1 Satz 1 der auf dieser Grundlage erlassenen Passverordnung regelt, dass der Reisepass nach dem in der Anlage 1 oder Anlage 1a abgedruckten Muster auszustellen ist. Diese Muster sehen jeweils die Darstellung des Namens ausschließlich in Großbuchstaben vor. Der Inhalt der gesetzlichen Regelung ist aufgrund der dargestellten Verweisungskette eindeutig und bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Insbesondere besteht entgegen dem Beschwerdevorbringen in diesem Zusammenhang kein Raum für eine Berücksichtigung des Umstands, dass ein Name in der Geburtsurkunde in Groß- und Kleinbuchstaben angegeben wird, oder der Erwägung, dass die Maschinenlesbarkeit auch bei der Groß- und Kleinschreibweise bestehe.

6 2. Die Beschwerde hält ferner für grundsätzlich klärungsbedürftig,
"ob bei der Auslegung der Bestimmungen der Verordnung (EG) 2252/2004 zu den Anforderungen an einzuhaltende und im dortigen Anhang aufgeführte Mindestsicherheitsnormen für die Personaldatenseite zwingend zur Erfüllung des Kriteriums der Maschinenlesbarkeit die Darstellung in Großbuchstaben oder auch die Darstellung in Groß- und Kleinbuchstaben zulässig ist, sowie [gemeint wohl: soweit] hierdurch das Kriterium der Maschinenlesbarkeit auch weiterhin erfüllt ist."

7 Diese Frage rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision, denn sie ist nicht entscheidungserheblich. Der Verwaltungsgerichtshof ist ausdrücklich davon ausgegangen, dass die unionsrechtlichen Fragen keiner Entscheidung bedürften. Selbst wenn die Darstellung des Namens in Großbuchstaben im Pass unionsrechtlich vorgegeben und die passrechtlichen Vorschriften aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts daher nicht auf ihre Vereinbarkeit mit dem nationalen Verfassungsrecht zu überprüfen wären, fehle es jedenfalls an einem aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Anspruch des Klägers auf Ausstellung eines Passes, in dem der Name in Groß- und Kleinbuchstaben dargestellt ist.

8 3. Soweit der Kläger schließlich geklärt wissen möchte,
"ob man aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Artikel 2 Abs. 1 i.V.m. Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes einen Anspruch ableitet, einen Pass nach den Bestimmungen des Passgesetzes und der hierzu ergangenen staatlichen Vorschriften in Groß- und Kleinbuchstabenschreibweise ausgestellt zu erhalten oder nicht",
zielt er zwar auf die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass ein aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG folgender Anspruch des Klägers auf Ausstellung eines Passes, in dem der Name in Groß- und Kleinbuchstaben dargestellt ist, nicht bestehe. Auch dieser Frage fehlt jedoch die für eine Zulassung erforderliche Klärungsfähigkeit in einem Revisionsverfahren, weil sie sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres im Sinne des Verwaltungsgerichtshofs beantworten lässt.

9 In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass der Name eines Menschen von dem in Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasst ist. Er dient nicht nur als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal, sondern ist darüber hinaus Ausdruck der Identität und Individualität. Der Einzelne kann daher verlangen, dass die Rechtsordnung seinen Namen respektiert und schützt (BVerfG, Beschlüsse vom 8. März 1988 - 1 BvL 9/85 und 43/86 - BVerfGE 78, 38 <49> und vom 24. März 1998 - 1 BvR 131/96 - BVerfGE 97, 391 <399>; Urteil vom 18. Februar 2004 - 1 BvR 193/97 - BVerfGE 109, 256 <266>). Der durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistete Schutz des Namens umfasst jedoch grundsätzlich nicht die vom Kläger begehrte Wiedergabe seines Namens in Groß- und Kleinbuchstaben in dem von ihm beantragten Reisepass. Durch die Beschränkung auf Großbuchstaben bei der Eintragung des Namens im Pass wird dem Passinhaber weder das Recht zur Führung seines Namens bestritten noch führt diese Schreibweise zu einer Diskriminierung, Verunglimpfung oder sonst menschenunwürdigen Behandlung (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. September 1992 - 1 C 41.90 - Buchholz 402.02 PAuswG Nr. 5 S. 10 f. und vom 31. Januar 1969 - 7 C 69.67 - BVerwGE 31, 236 <237 f.>).

10 Anders als etwa der Austausch eines Umlautes durch einen Vokal mit angefügtem "e" (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 29. September 1992 - 1 C 41.90 - Buchholz 402.02 PAuswG Nr. 5 S. 7) stellt die Schreibweise des Familiennamens ausschließlich in Großbuchstaben in rechtlicher Hinsicht keine Namensänderung i.S.v. § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 5. Januar 1938 (RGBI. I S. 9), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2008 (BGBI. I S. 2586) dar. Es handelt sich vielmehr nur um eine bereichsspezifisch vorgegebene Gestaltung der den Namen bildenden Buchstaben, die keine Auswirkungen auf die orthografische Richtigkeit der Schreibweise hat. Die einheitliche Verwendung von Großbuchstaben bei der Namensangabe im Pass bezweckt im Wesentlichen die Erhöhung der Fälschungssicherheit und liegt damit im allgemeinen Interesse. Ausweislich der vom Verwaltungsgericht eingeholten und im Tatbestand des Berufungsurteils erwähnten Auskunft des Bundesministeriums des Innern vom 31. Juli 2014 ergibt sich aus der Großschreibung ein größerer Flächenbedarf für die einzelnen Buchstaben. Manipulationen an den Daten führen dementsprechend zu großflächigen Verletzungen der Karte, welche in Verbindung mit den verwendeten Sicherheitsmerkmalen und der Personalisierungstechnik zu einem im Kontrollprozess auffälligen Spurenbild führen. Bei Eintragungen mit Kleinbuchstaben wäre dies nur noch eingeschränkt der Fall.

11 Zwar mögen Fallgestaltungen nicht ausgeschlossen sein, in denen die Schreibweise des Familiennamens ausschließlich in Großbuchstaben tatsächlich zu einer Beeinträchtigung der Individualität und Unterscheidbarkeit des Namens eines Passinhabers führen kann mit der Folge, dass der Schutzbereich des in Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausnahmsweise berührt wäre. Ob hierzu etwa der besondere Fall eines klein geschriebenen Namensteils "d" mit nachfolgendem Apostroph gehört, der dem in der Beschwerdebegründung erwähnten Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 20. April 2012 - 12 K 1126/11 - (juris) zugrunde lag, kann dahingestellt bleiben. Denn nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, die in der Beschwerdebegründung, nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen werden, ist für die Behauptung des Klägers, seine Eltern hätten in seiner Geburtsurkunde bewusst seinen Namen in Groß- und Kleinbuchstaben eintragen lassen und dies sei für ihn identitätsstiftend, nichts ersichtlich.

12 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Beschluss vom 02.02.2017 -
BVerwG 6 KSt 1.17ECLI:DE:BVerwG:2017:020217B6KSt1.17.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.02.2017 - 6 KSt 1.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:020217B6KSt1.17.0]

Beschluss

BVerwG 6 KSt 1.17

  • VG Stuttgart - 29.09.2014 - AZ: VG 11 K 4564/13
  • VGH Mannheim - 16.03.2016 - AZ: VGH 1 S 1177/15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Februar 2017
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Hahn
als Einzelrichter gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG
beschlossen:

  1. Die Erinnerung des Klägers gegen den Kostenansatz in der Kostenrechnung vom 28. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1 Die Rücksendung der vom Kläger mit der Bemerkung "Zurückweisung - Diese Ausfertigung entspricht nicht den gesetzlichen Vorschriften" versehenen Kostenrechnung vom 28. Dezember 2016 ist als Erinnerung gegen den Kostenansatz für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision zu werten (§ 66 Abs. 1 Satz 1 GKG).

2 Die Erinnerung, über die gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG der Einzelrichter zu entscheiden hat, hat keinen Erfolg. Es kann offen bleiben, ob die Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 66 Abs. 1 GKG vor dem Bundesverwaltungsgericht dem Vertretungszwang nach § 67 Abs. 4 VwGO unterliegt. Denn die angegriffene Kostenrechnung vom 28. Dezember 2016 ist weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.

3 Der Kostenansatz beruht darauf, dass der Senat mit Beschluss vom 1. Dezember 2016 - BVerwG 6 B 32.16 - die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16. März 2016 zurückgewiesen und ihm gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt hat. Diese Entscheidung des Senats ist unanfechtbar.

4 Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GKG sind Kosten nach Maßgabe des Gerichtskostengesetzes zu erheben. Das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist gemäß § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 5500 des Kostenverzeichnisses gebührenpflichtig, soweit die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wurde.

5 Aus dem vom Bundesverwaltungsgericht für das Beschwerdeverfahren festgesetzten Streitwert i.H.v. 5 000 € errechnet sich gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 GKG i.V.m. der Gebührentabelle als Anlage 2 des Gesetzes eine einfache Gebühr i.H.v. 146 €. Dementsprechend beträgt die in Nr. 5500 des Kostenverzeichnisses vorgesehene 2,0-Gebühr 292 €. Diese Gebühr ist mit der Entscheidung des Senats über die Kosten gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 GKG fällig und in der angefochtenen Kostenrechnung zutreffend in Ansatz gebracht geworden.

6 Soweit sich der Kläger zur Begründung seiner Erinnerung pauschal darauf beruft, die Ausfertigung der Kostenrechnung entspreche nicht den gesetzlichen Vorschriften, vermag dies dem Rechtsbehelf nicht zum Erfolg zu verhelfen. Formale Fehler sind nicht ersichtlich. Gemäß § 25 Abs. 2 Satz 3 der Kostenverfügung (KostVfG) in der Fassung vom 6. März 2014 bedürfen Kostenanforderungen, die - wie hier - automationsgestützt erstellt werden, weder einer Unterschrift noch eines Abdrucks des Dienstsiegels. Die Kostenanforderung enthält auch den erforderlichen Vermerk, dass das Schreiben mit einer Datenverarbeitungsanlage erstellt wurde und daher nicht unterzeichnet wird.

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.