Beschluss vom 28.05.2008 -
BVerwG 1 WB 19.07ECLI:DE:BVerwG:2008:280508B1WB19.07.0

Leitsätze:

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1. Unbestimmte Begriffe in Verwaltungsvorschriften sind in dem Sinne zu verstehen und der Rechtmäßigkeitskontrolle zugrunde zu legen, wie sie in der Verwaltungspraxis tatsächlich angewendet werden.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2
    SG § 3 Abs. 1

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.05.2008 - 1 WB 19.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:280508B1WB19.07.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 19.07

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst Reinelt und
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Ziesak
am 28. Mai 2008 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob einem Offizier die Zuerkennung der individuellen Förderperspektive A 15 allein deshalb verweigert werden darf, weil er dauerhaft nicht auslandsdienstverwendungsfähig ist.

2 Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 30. Juni 2018. Mit Wirkung vom 1. April 2001 wurde er zum Oberstleutnant befördert und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 eingewiesen. Derzeit wird der Antragsteller als Rüstungsstabsoffizier/Instandsetzungsstabsoffizier beim ...amt in K. verwendet.

3 Mit Schreiben vom 30. August 2006 wandte sich der Antragsteller an das Personalamt der Bundeswehr. Er sei am 29. August 2006 von dem S 1-Stabsoffizier des ...amts telefonisch darüber informiert worden, dass er bei der Perspektivkonferenz I 2006 keine individuelle Förderperspektive bis zur Dotierungshöhe der Besoldungsgruppe A 15 erhalten habe und nicht für eine Verwendung auf Dienstposten der Verwendungsstufe Oberstleutnant A 15 ausgewählt worden sei; seine fehlende Auslandsverwendungsfähigkeit stelle insoweit ein „Kill-Kriterium“ dar. Da er auf Dauer nicht auslandsverwendungsfähig sei, bitte er um Mitteilung, welche Gründe dazu geführt hätten, dass er nicht berücksichtigt worden sei, und welche Rolle seine fehlende Auslandsverwendungsfähigkeit in dieser und in folgenden Perspektivkonferenzen gehabt habe bzw. haben werde. Ferner bitte er, ihm die Gewichtung seiner körperlichen Einschränkung für herausgehobene Dienstposten - insbesondere solche, die während der geplanten Verwendungsdauer nicht für einen Auslandseinsatz vorgesehen seien - darzulegen.

4 Mit Schreiben vom 24. November 2006, ausgehändigt am 4. Dezember 2006, erläuterte das Personalamt dem Antragsteller, dass er im Rahmen einer ganzheitlichen, vergleichenden Betrachtung regelmäßig alle zwei Jahre in der Perspektivkonferenz I vorgestellt werde. Bisher habe er sich gegenüber seinen Mitbewerbern nicht durchsetzen können. Hinsichtlich der Wertigkeit der Auslandsdienstverwendungsfähigkeit stelle der Katalog der Bedarfsträgerforderungen fest, dass der Offizier eindeutig über die Fähigkeit verfügen müsse, als Führer/Führerin oder in seiner/ihrer Funktion im Einsatz im Erweiterten Aufgabenspektrum zu bestehen. Diese Forderung nach Auslandsdienstverwendungsfähigkeit gelte auch für Offiziere, die in Ämtern oder höheren Kommandobehörden auf herausgehobenen Dienstposten verwendet würden, weil diese ebenso wie Offiziere in Truppenverwendungen regelmäßig zum Einsatz im Erweiterten Aufgabenspektrum herangezogen werden könnten. Da die vom Bedarfsträger geforderte Auslandsdienstverwendungsfähigkeit nicht vorgelegen habe, habe die Förderperspektive A 15 nicht zuerkannt werden können. Dies werde in künftigen Perspektivkonferenzen in gleicher Art und Weise zu handhaben sein. Eine Zuerkennung der individuellen Förderperspektive A 15 werde unabhängig vom Leistungsbild so lange nicht erfolgen können, wie die Einschränkungen der Auslandsdienstverwendungsfähigkeit vorlägen.

5 Mit Schreiben vom 15. Dezember 2006, bei seinem nächsten Disziplinarvorgesetzten eingegangen am selben Tage, legte der Antragsteller unter Bezugnahme auf das Schreiben des Personalamts vom 24. November 2006 „Beschwerde gegen die Entscheidung der Perspektivkonferenz I 2006“ ein. Er fühle sich aufgrund seiner körperlichen Einschränkungen diskriminiert. Der in vielen Bereichen gesetzlich verankerten Forderung nach Gleichstellung von Personen mit körperlichen Einschränkungen sei nicht Rechnung getragen worden. Als Inhaber eines A 14-Dienstpostens in einem Amt könne er bereits jetzt grundsätzlich zum Einsatz im Erweiterten Aufgabenspektrum herangezogen werden. Eine Vielzahl von Dienstpostenbeschreibungen der A 15-Ebene verlange zudem keine uneingeschränkte Auslandsverwendungsfähigkeit. Eine Förderung mit dauerhaften körperlichen Einschränkungen sei dann angemessen, wenn außer der Auslandsverwendungsfähigkeit alle anderen Kriterien wie Eignung, Befähigung und Leistung für die förderliche Verwendung sprächen.

6 Mit Bescheid vom 3. April 2007 wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - die Beschwerde zurück. Die Ergebnisse von Perspektivkonferenzen berührten grundsätzlich noch nicht unmittelbar die Rechte eines Soldaten und seien daher keine anfechtbaren Maßnahmen. Im Falle des Antragstellers stelle jedoch die Mitteilung seiner individuellen Förderperspektive A 14 ausnahmsweise eine persönliche Beschwer dar, weil so lange von einer endgültigen und damit wehrbeschwerdefähigen Entscheidung auszugehen sei, so lange sich weder der Gesundheitszustand des Antragstellers noch die Bedarfsträgerforderungen ändern würden. Die Beschwerde sei aber deshalb unzulässig, weil der Antragsteller die Beschwerdefrist versäumt habe. Das Ergebnis der Perspektivkonferenz sei ihm bereits am 29. August 2006 eröffnet worden, so dass die Beschwerdefrist mit Ablauf des 12. September 2006 geendet habe. Das Schreiben vom 30. August 2006, mit dem der Antragsteller um eine Darstellung der Hintergründe der Entscheidung der Perspektivkonferenz gebeten habe, stelle keinen Rechtsbehelf dar. Soweit sich die Beschwerde gegen das Schreiben des Personalamts vom 24. November 2006 richte, sei sie unzulässig, weil die Gründe, die zu einer Entscheidung geführt hätten, nicht isoliert anfechtbar seien. Im dienstaufsichtlichen Teil des Bescheids führte der Bundesminister der Verteidigung aus, dass die Zuerkennung (nur) der individuellen Förderperspektive A 14 nicht zu beanstanden sei. Die Voraussetzung der Auslandsdienstverwendungsfähigkeit für die Zuerkennung der individuellen Förderperspektive A 15 verstoße nicht gegen den Grundsatz, dass Soldaten nach Eignung, Leistung und Befähigung zu verwenden seien.

7 Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 30. April 2007 beantragte der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Antrag wurde vom Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 4. Mai 2007 dem Senat vorgelegt.

8 Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Seine Beschwerde sei nicht verfristet. Die Mitteilung des dafür unzuständigen S 1-Offiziers habe die Beschwerdefrist nicht in Gang setzen können. Maßgeblich für den Fristbeginn sei vielmehr der 4. Dezember 2006, an dem ihm das Schreiben des Personalamts vom 24. November 2006 eröffnet worden sei. Sein Antrag sei auch in der Sache begründet. Die Auslandsverwendungsfähigkeit eines Soldaten stelle kein zulässiges Kriterium dar, um ihn von einer A 15-Verwendung auszuschließen. Auf dieser Ebene gebe es gerade in den Ämtern der Bundeswehr zahlreiche Dienstposten, deren Inhaber nicht für eine Auslandsverwendung in Betracht kämen. Er, der Antragsteller, sei als amtlich anerkannter Sachverständiger in einer Verwendung eingesetzt, in der - wie auch der Bundesminister der Verteidigung einräume - ausnahmsweise auf die Auslandsverwendungsfähigkeit verzichtet werden könne, wenn kein geeigneter Kandidat zur Verfügung stehe. So seien etwa bei der Zentralen Militärkraftfahrstelle, deren Leiter bestätigt habe, dass er ihn, den Antragsteller, ungeachtet seiner fehlenden Auslandsverwendungsfähigkeit auf einem A 15-Dienstposten übernehmen würde, Auslandserfahrungen nicht erforderlich. Das Kriterium der Auslandsverwendungsfähigkeit gelte zudem ausschließlich für die Teilstreitkraft Heer und nicht auch für Luftwaffe und Marine, obwohl Soldaten dieser Teilstreitkräfte ebenfalls an Auslandseinsätzen teilnähmen. Im Organisationsbereich der Streitkräftebasis gebe es Stellen mit nahezu gleichem Aufgabenprofil, die mit Soldaten aus allen Teilstreitkräften besetzt würden. Völlig unverständlich werde die Situation bei den sog. Wechseldienstposten der Streitkräftebasis, d.h. Dienstposten, die abwechselnd durch die verschiedenen Teilstreitkräfte besetzt würden.

9 Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass die Nichtzuerkennung der Laufbahnperspektive A 15 wegen seiner dauerhaft fehlenden Auslandsverwendungsfähigkeit rechtswidrig war.

10 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

11 Der Antrag sei unzulässig, weil der Antragsteller sein Rechtsschutzziel mit einem vorrangigen Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsantrag erreichen könne. Der Antrag sei darüber hinaus unbegründet, weil die Beschwerde zu Recht wegen des Fristversäumnisses zurückgewiesen worden sei. Entscheidend für den Beginn der Beschwerdefrist sei die Kenntnis vom Beschwerdeanlass, die der Antragsteller bereits am 29. August 2006 erlangt habe. Weder die Wehrbeschwerdeordnung noch die Richtlinie für die Durchführung von Perspektivberatungen enthalte eine Regelung, durch wen eine belastende Maßnahme zu eröffnen sei. Abgesehen davon sei das Erfordernis der uneingeschränkten Auslandsdienstverwendungsfähigkeit als Voraussetzung für die Förderung eines Berufsoffiziers über die allgemeine Laufbahnperspektive hinaus aber auch der Sache nach nicht zu beanstanden. Zur Eignung eines Soldaten gehöre auch die körperliche Konstitution. Die Bedarfsträgerforderung nach Verwendungsfähigkeit im Auslandseinsatz sei insoweit Ausdruck der geänderten Ausrichtung der Bundeswehr. Da bei Stellenbesetzungen für die Einsatzkontingente nicht automatisch auf festgelegte Dienstposten im Grundbetrieb zurückgegriffen werden könne, müsse Personal streitkräfteweit auch aus der militärischen Grundorganisation - einschließlich Ämtern und Stäben - herangezogen werden. Nur für Spezialverwendungen, für die besondere Befähigungen gefordert seien, könne ausnahmsweise auf die Auslandsdienstverwendungsfähigkeit verzichtet werden, wenn kein geeigneter Kandidat zur Verfügung stehe.

12 Der Senat hat ergänzend eine Amtliche Auskunft zur Verwaltungspraxis bei der Anwendung der Bedarfsträgerforderungen für die Auswahl von Offizieren für Verwendungen in der Besoldungsgruppe A 15 eingeholt.

13 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: 337/07 - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

14 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

15 1. Der Antrag ist bei sach- und interessengerechter Auslegung zulässig.

16 Der Antrag wäre als unzulässig anzusehen, sofern sich der Antragsteller - wie es allerdings der Formulierung im Betreff seiner Beschwerde vom 15. Dezember 2006 entspricht - „gegen die Entscheidung der Perspektivkonferenz I 2006“ wenden wollte. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind die Ergebnisse der Beratungen von Perspektivkonferenzen und die Zuerkennung einer individuellen Förderperspektive keine gerichtlich isoliert angreifbaren Maßnahmen im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO), weil sie als Elemente innerdienstlicher Willens- und Meinungsbildung im Rahmen der Vorbereitung von Personalentscheidungen noch nicht unmittelbar die Rechte eines Soldaten berühren (vgl. Beschlüsse vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 34.05 - Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 59 = NZWehrr 2006, 209, vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41 <insoweit jeweils nicht veröffentlicht> sowie zuletzt vom 30. April 2008 - BVerwG 1 WB 44.07 - jeweils m.w.N.). Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

17 Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers lässt sich jedoch auch so verstehen, dass er sich gegen die Mitteilung des Personalamts der Bundeswehr vom 24. November 2006 wendet und beantragt, diese aufzuheben, soweit darin festgestellt wird, dass ihm die individuelle Förderperspektive A 15 unabhängig vom Leistungsbild so lange nicht zuerkannt werden kann, wie die Einschränkungen seiner Auslandsdienstverwendungsfähigkeit vorliegen. Mit diesem Gegenstand ist der Antrag zulässig.

18 Für diese Auslegung spricht zum einen die ausdrückliche Bezugnahme auf die Mitteilung des Personalamts vom 24. November 2006 in der Beschwerde des Antragstellers. Zum anderen geht es dem Antragsteller vor dem Hintergrund seiner - nicht näher benannten, jedoch zwischen den Beteiligten unstrittigen - körperlichen Einschränkungen in der Sache vor allem um die generelle Klärung, ob es rechtmäßig ist, ihn - nicht nur bei der Perspektivkonferenz I 2006, sondern auch bei allen folgenden Konferenzen - schon allein wegen der dauerhaft fehlenden Auslandsdienstverwendungsfähigkeit von der Chance auszuschließen, als Ergebnis einer Betrachtung im Konkurrentenvergleich die individuelle Förderperspektive A 15 zu erlangen. Nicht zuletzt mit diesem generellen Anliegen hatte sich der Antragsteller mit seinem Schreiben vom 30. August 2006 an das Personalamt gewandt. Das hierauf ergangene Schreiben des Personalamts vom 24. November 2006 erläutert dem Antragsteller demgemäß auch nicht nur die Gründe für die Entscheidung der - zurückliegenden - Perspektivkonferenz I 2006, sondern äußert sich darüber hinaus dezidiert zu der Frage, wie die Eignungsanforderungen gegenüber dem Antragsteller bei künftigen Perspektivkonferenzen gehandhabt werden. Die Mitteilung, dass die Zuerkennung der individuellen Förderperspektive A 15 unabhängig vom Leistungsbild so lange nicht erfolgen könne, wie die Einschränkungen der Auslandsdienstverwendungsfähigkeit vorlägen, stellt eine (gegenüber der Erläuterung der Ergebnisse der Perspektivkonferenz I 2006) eigenständige und erstmals in dem Schreiben vom 24. November 2006 getroffene Feststellung dar.

19 Diese Feststellung ist auch geeigneter und zulässiger Gegenstand eines gerichtlichen Antragsverfahrens. Nach der Rechtsprechung des Senats stellt eine Entscheidung, durch die ein Soldat endgültig von jeder späteren höherwertigen Verwendung ausgeschlossen wird, eine nach § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO anfechtbare Maßnahme dar (vgl. Beschlüsse vom 11. Januar 1983 - BVerwG 1 WB 129.82 - BVerwGE 76, 50 = NZWehrr 1983, 148 und vom 14. November 1995 - BVerwG 1 WB 44.95 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 5 m.w.N.). Dem steht die hier strittige Feststellung in ihrer Wirkung gleich. Denn der Antragsteller kann danach wegen der Dauerhaftigkeit seiner körperlichen Einschränkungen nicht mehr damit rechnen, auf einem nach der Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstposten förderlich verwendet zu werden. Die vom Personalamt getroffene Feststellung hat auch nicht bloß informatorischen, auf die geltende Erlasslage hinweisenden, sondern verbindlichen Charakter, wie sich insbesondere aus der bis zum Abteilungsleiter reichenden Mitzeichnung des Entwurfs, der förmlichen Aushändigung des Schreibens gegen Empfangsbekenntnis und insbesondere dessen Aufnahme in die Personalgrundakte des Antragstellers ergibt.

20 2. Der Antrag ist unbegründet.

21 Der Antragsteller hat zwar gegen das Schreiben des Personalamts vom 24. November 2006, das ihm am 4. Dezember 2006 ausgehändigt wurde, fristgerecht am 15. Dezember 2006 bei seinem nächsten Disziplinarvorgesetzten Beschwerde eingelegt (§ 5 Abs. 1 Satz 1, § 6 Abs. 1 WBO). Auf die zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob der Antragsteller bereits durch das Telefongespräch am 29. August 2006 Kenntnis (im Sinne von § 6 Abs. 1 WBO) von dem Ergebnis der Perspektivkonferenz I 2006 erhalten hat, kommt es nicht an, weil dieses nicht Gegenstand des vorliegenden Antrags ist.

22 Die Feststellung des Personalamts der Bundeswehr in dem Schreiben vom 24. November 2006, dass dem Antragsteller die individuelle Förderperspektive A 15 unabhängig vom Leistungsbild so lange nicht zuerkannt werden kann, wie die Einschränkungen seiner Auslandsdienstverwendungsfähigkeit vorliegen, ist jedoch rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Die Feststellung findet ihre Grundlage in einer an den Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums der Verteidigung orientierten ständigen Verwaltungspraxis (dazu a), die rechtlich nicht zu beanstanden ist (dazu b).

23 a) Die Feststellung des Personalamts beruht auf Richtlinien und Erlassen, mit denen das Bundesministerium der Verteidigung das ihm bei der Verwendung und Verwendungsplanung der Berufssoldaten zustehende Ermessen für sich und die nachgeordneten Stellen gebunden hat. Außenwirkung gegenüber dem Soldaten erlangen diese Verwaltungsvorschriften mittelbar über den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (stRspr, vgl. Beschluss vom 29. Januar 2008 - BVerwG 1 WB 2.07 -). Eine - wie hier - an Verwaltungsvorschriften orientierte ständige Verwaltungspraxis verpflichtet zur Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle; andererseits kann der Soldat nur (und nicht mehr als) eine Behandlung entsprechend der gleichmäßig vollzogenen Verwaltungsvorschriften beanspruchen. Die tatsächlich geübte Verwaltungspraxis ist auch insofern von Bedeutung, als eine bestehende Ermessensbindung durch eine hiervon abweichende Praxis aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft geändert werden kann (vgl. Beschluss vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 12.07 - Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 3). Ebenso ist die tatsächliche Verwaltungspraxis maßgeblich, wenn diese eine Verwaltungsvorschrift auf bestimmte Sachverhalte nicht anwendet und so den Anwendungsbereich der Vorschrift einschränkt (vgl. Beschluss vom 10. April 2008 - BVerwG 1 WDS-VR 2.08 -).

24 Das hier in Rede stehende personalplanerische Instrument der individuellen Förderperspektive ist im Einzelnen geregelt in den Richtlinien des Bundesministeriums der Verteidigung - PSZ I 1 - vom 7. August 2003 für die langfristige Verwendungsplanung (R 5/03) und für die Durchführung von Perspektivberatungen (R 6/03) der Berufsoffiziere des Truppendienstes, des Sanitätsdienstes, des Militärmusikdienstes und des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr (jeweils Az.: 16-30-00) sowie in der Teilkonzeption Personalmanagement der Bundeswehr (TK PersMgmtBw) vom 2. April 2004 (Az.: 09-10-10/8). Danach (vgl. zum Folgenden insb. Nr. 3.1 R 5/03) ist die langfristige Verwendungsplanung grundsätzlich an der allgemeinen Laufbahnperspektive des Offiziers auszurichten. Sie ist das Planungsziel, das für jeden geeigneten Berufsoffizier im Rahmen der Laufbahngestaltung durch die Personalführung mindestens verwirklicht werden soll. Für den Berufsoffizier des Truppendienstes ist allgemeine Laufbahnperspektive der Dienstgrad Oberstleutnant in der Besoldungsgruppe A 14; diesen Status hat der Antragsteller derzeit inne. Die individuelle Förderperspektive kann von der allgemeinen Laufbahnperspektive abweichen. Sie ist abhängig von Eignung, Befähigung und Leistung des Offiziers sowie den strukturellen Realisierungsmöglichkeiten. Die individuelle Förderperspektive wird den Berufsoffizieren nach Beratungen in regelmäßig stattfindenden Perspektivkonferenzen als Ergebnis einer ganzheitlichen Betrachtung zur Eignungs- und Leistungsfeststellung im Konkurrentenvergleich zugewiesen. Die festgestellte individuelle Förderperspektive ist die Grundlage für die individuelle Verwendungsplanung. Sie bildet damit regelmäßig die Basis, ist jedoch kein Präjudiz für Verwendungsentscheidungen. Sie begründet weder einen Anspruch auf entsprechende Verwendungen noch ergibt sich daraus ein genereller Ausschluss von zukünftigen entsprechenden Verwendungen (vgl. hierzu auch bereits Beschlüsse vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 34.05 - Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 59 = NZWehrr 2006, 209 und vom 30. April 2008 - BVerwG 1 WB 44.07 -).

25 Die materiellen Anforderungen, die bei der Festlegung der individuellen Förderperspektive zugrunde zu legen sind, sind zum einen - streitkräfteeinheitlich - unmittelbar in der Richtlinie für die langfristige Verwendungsplanung niedergelegt (Nr. 4.3 Abs. 1 R 5/03; zu den allgemeinen Anforderungen zur Einsteuerung in die Dotierungshöhe der Besoldungsgruppe A 15 vgl. Nr. 4.3.2 R 5/03). Zum anderen können darüber hinausgehende Anforderungen, die sich aus der Zugehörigkeit zu einzelnen Teilstreitkräften, Organisationsbereichen, Truppengattungen sowie Dienst- und Verwendungsbereichen ergeben, durch die Führungsstäbe der Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche (Streitkräftebasis, Zentraler Sanitätsdienst) festgelegt werden (Nr. 4.3 Abs. 2 R 5/03 mit Anlagen 8 bis 12). Solche darüber hinausgehenden Anforderungen sind für die Berufsoffiziere des Truppendienstes des Heeres - unter anderem - in dem vom Führungsstab des Heeres festgelegten Katalog der Bedarfsträgerforderungen für Personelle Auswahlkonferenzen im Heer vom 30. Januar 2004 (BMVg Fü H I 1 - Az.: 16-30-00) enthalten. Dessen Anlage 1 fordert unter Nr. I.2.1 („Allgemeines Persönlichkeitsbild“) für die Auswahl für A 15-Verwendungen im Rahmen der Perspektivkonferenz I unter anderem, dass der Offizier „eindeutig über die Fähigkeit verfügen“ muss, „als Führer/Führerin oder in seiner/ihrer Funktion im Erweiterten Aufgabenspektrum“, also insbesondere in Auslandseinsätzen, „zu bestehen“. Diese Forderung wirkt sich auch auf die Möglichkeit einer Verwendung in der Besoldungsgruppe A 16 und höher aus, weil diese eine Vorverwendung auf der Ebene A 15 voraussetzt oder aber ein vorheriger Auslandseinsatz explizit als Auflage vorgegeben wird. Für Verwendungen der Dotierungshöhe A 14 besteht dagegen eine entsprechende Bedarfsträgerforderung nicht; das Ziel der allgemeinen Laufbahnperspektive für Berufsoffiziere des Truppendienstes kann also auch dann erreicht werden, wenn der Soldat nicht über die beschriebene Fähigkeit zum Einsatz im Ausland verfügt.

26 Im Hinblick darauf, dass die Forderung nach Einsatzfähigkeit im Erweiterten Aufgabenspektrum in den Abschnitt mit der Überschrift „Allgemeines Persönlichkeitsbild“ eingeordnet ist, könnte zweifelhaft sein, ob unter dieser Anforderung nur die geistige und charakterliche oder aber auch die entsprechende körperliche bzw. gesundheitliche Eignung zu verstehen ist, zumal unter Nr. I.2.4 der genannten Anlage 1 ausdrückliche Anforderungen an die „körperliche Leistungsfähigkeit“, allerdings im Wesentlichen sportlicher Art (Allgemeines Militärisches Ausdauertraining, Deutsches Sportabzeichen), gestellt werden. Nach der vom Senat eingeholten Amtlichen Auskunft des Bundesministeriums der Verteidigung - PSZ I 1 - vom 15. Mai 2008 zur Verwaltungspraxis bedeutet die Fähigkeit, als Führer/Führerin oder in seiner/ihrer Funktion im Erweiterten Aufgabenspektrum zu bestehen, „auch die gesundheitliche Eignung im Sinne der Auslandsdienstverwendungsfähigkeit“ bzw. stellt die „fehlende körperliche Eignung ein ausschlaggebendes Kriterium“ dafür dar, „um nicht positiv beraten zu werden“. Da Verwaltungsvorschriften ihre rechtliche (Außen-)Wirkung über die an ihnen orientierte, tatsächlich geübte gleichmäßige (Art. 3 Abs. 1 GG) Verwaltungspraxis entfalten, ist diese Praxis auch für die Auslegung unbestimmter Begriffe dieser Vorschriften maßgeblich. Unbestimmte Begriffe in Verwaltungsvorschriften sind mit anderen Worten grundsätzlich in dem Sinne zu verstehen (und der Rechtmäßigkeitskontrolle zugrunde zu legen), wie sie tatsächlich angewendet werden.

27 Die Feststellung des Personalamts in dem Schreiben vom 24. November 2006, dass dem Antragsteller die individuelle Förderperspektive A 15 unabhängig vom Leistungsbild so lange nicht zuerkannt werden kann, wie die Einschränkungen seiner Auslandsdienstverwendungsfähigkeit vorliegen, entspricht damit der Verwaltungspraxis unter den geltenden Richtlinien und Erlassen.

28 b) Diese Verwaltungsvorschriften und die hieran orientierte Verwaltungspraxis sind, soweit hier einschlägig, rechtlich nicht zu beanstanden.

29 aa) Die Anforderung, dass der Offizier „eindeutig über die Fähigkeit verfügen“ muss, „als Führer/Führerin oder in seiner/ihrer Funktion im Einsatz im Erweiterten Aufgabenspektrum zu bestehen“, und in diesem Sinne auslandsdienstverwendungsfähig zu sein hat, stellt ein mit dem Leistungsprinzip vereinbares Kriterium für die Zuerkennung der individuellen Förderperspektive A 15 dar.

30 Verwendungsentscheidungen sind gemäß Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG nach den Grundsätzen der Eignung, Befähigung und Leistung zu treffen. Dies gilt auch für die hier in Rede stehende langfristige Verwendungsplanung der Berufsoffiziere in Form von Perspektivkonferenzen, deren Ergebnisse die Basis für künftige Verwendungsentscheidungen bildet. Die unbestimmten Rechtsbegriffe der Eignung, Befähigung und Leistung werden in vielfältiger Weise - so etwa durch die Soldatenlaufbahnverordnung, Zentrale Dienstvorschriften wie die „Bestimmungen für die Beförderung und für die Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten“ (ZDv 20/7), Richtlinien und Erlasse (Zusammenstellung bei Scherer/Alff/Poretschkin, SG, 8. Aufl. 2008, § 3 Rn. 55) bis hin zu Anforderungsprofilen für einzelne Dienstposten - konkretisiert und in einzelne laufbahn-, laufbahngruppen- oder dienstpostenbezogene Kriterien und Anforderungen umgemünzt. Die Festlegung solcher Kriterien und Anforderungen ist grundsätzlich eine Frage militärischer Zweckmäßigkeit, die insoweit keiner inhaltlichen Nachprüfung durch die Wehrdienstgerichte unterliegt (vgl. Beschlüsse vom 24. Juni 2003 - BVerwG 1 WB 1.03 - m.w.N., vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 <337 f.> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41 sowie zuletzt vom 26. Februar 2008 - BVerwG 1 WB 1.07 -). Art. 33 Abs. 2 GG enthält keine Richtlinien darüber, in welcher Weise der Leistungsgrundsatz zu verwirklichen ist, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist (Beschluss vom 3. Oktober 1979 - BVerwG 2 B 24.78 - Buchholz 237.1 Art. 12 BayBG Nr. 2 und Urteil vom 7. Mai 1981 - BVerwG 2 C 42.79 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 19). Auf welche Weise der Dienstherr in diesem Rahmen dem Leistungsprinzip gerecht wird, unterliegt deshalb seinem Gestaltungsermessen (Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 2 C 10.06 - BVerwGE 128, 231 <237 f.> = Buchholz 237.7 § 25a NWLBG Nr. 1). Dies gilt auch für die Gewichtung einzelner Gesichtspunkte (Urteil vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 m.w.N.).

31 Die Voraussetzung, dass Berufsoffiziere für die Zuerkennung einer individuellen Förderperspektive zur Verwendung auf herausgehobenen Dienstposten (Besoldungsgruppe A 15 und höher) uneingeschränkt auslandsdienstverwendungsfähig sein müssen, ist nach diesen Maßstäben rechtlich nicht zu beanstanden.

32 Die Anforderung der Auslandsdienstverwendungsfähigkeit trägt der gewandelten Aufgabenrealität der Bundeswehr Rechnung. Die herkömmliche Landesverteidigung gegen einen konventionellen Angriff als strukturbestimmende Aufgabe der Bundeswehr entspricht nicht mehr der aktuellen sicherheitspolitischen Lage. Seit etwa 15 Jahren und auf absehbare Zukunft hinaus stellen vielmehr die Aufgaben der internationalen Konfliktverhütung und Krisenbewältigung - einschließlich des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus - die wahrscheinlichen Aufgaben dar. Deutschland ist zu einem der größten Truppensteller für internationale Friedensmissionen, die Bundeswehr zu einer Armee im Einsatz - und zwar im nahezu weltweiten Auslandseinsatz - geworden. Dieses sog. Erweiterte Aufgabenspektrum prägt maßgeblich die Fähigkeiten und das Führungssystem der Bundeswehr. Es wirkt strukturbestimmend für die Transformation der Bundeswehr, so etwa bei der strikt einsatzorientierten Neuorientierung und Gliederung der Streitkräfte nach den drei Kräftekategorien Eingreifkräfte, Stabilisierungskräfte und Unterstützungskräfte. All dies betrifft in besonderem Maße das Heer, das der Hauptträger der Auslandseinsätze der Bundeswehr ist (vgl. zum Ganzen näher die Verteidigungspolitischen Richtlinien für den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung vom 21. Mai 2003, insb. Nr. 9 f., 54 ff., 77 ff., 84 ff., sowie das Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr, insb. S. 62 ff., 76 ff., 82 ff., 88 ff., 106 ff.).

33 Vor diesem Hintergrund stellt es ein legitimes - durch entsprechende Eignungskriterien absicherbares - Interesse der Personalführung dar, dass die begrenzte Zahl der Offiziere in herausgehobenen Funktionen bzw. auf höherdotierten Dienstposten grundsätzlich für Einsätze in dem beschriebenen Erweiterten Aufgabenspektrum zur Verfügung steht. Da Auslandseinsätze einen stetigen Wechsel im Personal erfordern und dabei nicht auf festgelegte Dienstposten im Grundbetrieb zurückgegriffen werden kann, ist die grundsätzliche Verfügbarkeit der Soldaten für Auslandseinsätze wichtig, um Reaktionsvermögen und Flexibilität im Kräfteeinsatz zu erhalten. Der Gesichtspunkt der Verfügbarkeit spielt insbesondere bei der langfristigen Verwendungsplanung in Gestalt der Zuerkennung einer individuellen Förderperspektive eine tragende Rolle. Denn dabei geht es noch nicht um bestimmte einzelne Folgeverwendungen oder einen konkreten Verwendungsaufbau, von denen sich in der Regel angeben lässt, ob sie eine Auslandsdienstverwendungsfähigkeit auch tatsächlich erfordern oder nicht. Vielmehr geht es darum, die Perspektive in ein Spektrum möglicher förderlicher Verwendungen zu eröffnen, zu dem an maßgeblicher Stelle auch Auslandseinsätze gehören und in dem deshalb die grundsätzliche Auslandsdienstverwendungsfähigkeit eines jeden Offiziers, der für Verwendungen auf dieser Ebene vorgesehen ist, von zentraler Bedeutung ist. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass es - wie der Antragsteller vorträgt - insbesondere in Ämtern und Stäben zahlreiche nach der Besoldungsgruppe A 15 bewertete Dienstposten gibt, die nicht für Auslandseinsätze in Betracht kommen und für die deshalb eine Auslandsdienstverwendungsfähigkeit nicht erforderlich ist. Denn das Modell der langfristigen Verwendungsplanung für Berufsoffiziere, das den geltenden Richtlinien zugrunde liegt, möchte einer solchen Bindung der zu fördernden Soldaten an bestimmte Dienstposten oder Verwendungsarten gerade entgegenwirken; auch Offiziere in Ämtern oder höheren Kommandobehörden werden deshalb, wie bereits das Personalamt in dem angefochtenen Bescheid vom 24. November 2006 ausgeführt hat, regelmäßig für Einsätze im Erweiterten Aufgabenspektrum herangezogen. Die Stimmigkeit dieses Modells wird ferner auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass - wie der Bundesminister der Verteidigung einräumt - bei Spezialverwendungen, für die besondere Befähigungen vorausgesetzt werden, im Ausnahmefall auf die Auslandsdienstverwendungsfähigkeit verzichtet wird, wenn sonst kein geeigneter Kandidat zur Verfügung steht. Solche Ausnahmen bei Entscheidungen über die Besetzung einzelner spezieller Dienstposten berühren nicht die Grundsätze der (nicht auf bestimmte Dienstposten bezogenen) langfristigen Verwendungsplanung.

34 Dem Bundesminister der Verteidigung kommt schließlich auch in der Beurteilung der personalplanerischen Folgen, die die Forderung nach uneingeschränkter Auslandsdienstverwendungsfähigkeit nach sich zieht, eine Einschätzungsprärogative zu. Der Bundesminister der Verteidigung hat hierzu im dienstaufsichtlichen Teil des Beschwerdebescheids vom 3. April 2007 erklärt, es sei unbestritten, dass dem Dienstherrn wegen dieser Anforderung qualifizierte Offiziere, die ohne gesundheitliche Einschränkungen möglicherweise für eine A 15-Verwendung ausgewählt werden könnten, auf dieser Besoldungsebene „verloren gehen“ könnten; angesichts der immer größer werdenden Bedeutung der Auslandseinsätze sei dies aber nicht vermeidbar. Diese Folgeneinschätzung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Wehrdienstgericht ist nicht befugt, seine Auffassung über die militärische Zweckmäßigkeit an die Stelle derjenigen des hierzu berufenen Bundesministers der Verteidigung zu setzen.

35 bb) Es verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), dass das Vorliegen der Auslandsdienstverwendungsfähigkeit nur für Berufsoffiziere der Teilstreitkraft Heer - wie den Antragsteller -, nicht aber für Berufsoffiziere der beiden anderen Teilstreitkräfte eine unabdingbare Voraussetzung für die Zuerkennung der individuellen Förderperspektive A 15 bildet.

36 Ein Anspruch auf Gleichbehandlung steht dem Einzelnen stets nur gegenüber dem nach der Kompetenzverteilung konkret zuständigen Träger öffentlicher Gewalt zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. - BVerfGE 76, 1 <73>). Die Richtlinie für die langfristige Verwendungsplanung legt, wie oben (unter a) dargestellt, einerseits unmittelbar streitkräfteeinheitliche, also für die Berufsoffiziere aller Teilstreitkräfte gleichermaßen geltende Anforderungen fest und enthält andererseits eine Öffnungsklausel für darüber hinausgehende Anforderungen, die von den Führungsstäben der Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche (Streitkräftebasis, Zentraler Sanitätsdienst) festgelegt werden können. Die hier strittige Anforderung der Auslandsdienstverwendungsfähigkeit stellt eine Bedarfsträgerforderung dar, die von dem Führungsstab des Heeres aufgrund der genannten Öffnungsklausel aufgestellt wurde (Nr. 4.3 Abs. 2 R 5/03 mit Anlage 8). Die Pflicht zur Gleichbehandlung reicht deshalb insoweit nicht über den Kompetenzbereich des Führungsstabes des Heeres und damit nicht über den Bereich der Teilstreitkraft Heer hinaus. Der Antragsteller kann daher keine Gleichbehandlung mit Berufsoffizieren der Luftwaffe oder Marine verlangen.

37 Soweit der Antragsteller außerdem geltend macht, dass es - wegen der nur für Heeresoffiziere geltenden Anforderungen - im Organisationsbereich der Streitkräftebasis zwangsläufig zu Ungleichbehandlungen kommen müsse, weil dort Heeres-, Luftwaffen- und Marinesoldaten auf gleichartigen oder auf sog. Wechseldienstposten verwendet würden, kann sich daraus jedenfalls bereits keine Verletzung eigener Rechte des Antragstellers ergeben; denn dieser gehört der Teilstreitkraft Heer und nicht der Streitkräftebasis an. Im Übrigen dürfte aber auch die Schlussfolgerung des Antragstellers auf unzutreffenden Annahmen beruhen. Denn die Vorschrift, dass die Führungsstäbe der Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche weitergehende Anforderungen festlegen können, die sich aus der Zugehörigkeit zu einzelnen Teilstreitkräften, Organisationsbereichen, Truppengattungen sowie Dienst- und Verwendungsbereichen ergeben (Nr. 4.3 Abs. 2 Satz 1 R 5/03), lässt sich nur so verstehen, dass für die Soldaten der Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche die Festlegungen des jeweiligen Führungsstabes maßgeblich sind, für die der Streitkräftebasis angehörenden Heeresuniformträger (entsprechend: Luftwaffen- oder Marineuniformträger) also (nur) die Festlegungen des Führungsstabes der Streitkräftebasis und nicht die davon möglicherweise abweichenden Festlegungen des Führungsstabes des Heeres (bzw. entsprechend: des Führungsstabes der Luftwaffe oder der Marine). Es würde demgemäß auch keinen Gleichheitsverstoß darstellen, wenn für Heeresuniformträger im Organisationsbereich der Streitkräftebasis, etwa in der vom Antragsteller angeführten Zentralen Militärkraftfahrstelle, andere Festlegungen gelten sollten als für Soldaten der Teilstreitkraft Heer in funktionsgleichen Verwendungen. Inwieweit Differenzierungen zwischen Heeres-, Luftwaffen- und Marineuniformträgern innerhalb der Streitkräftebasis aufgrund von Festlegungen des Führungsstabes der Streitkräftebasis zulässig sind, ist hier nicht Gegenstand des Verfahrens.

38 Der Antragsteller kann schließlich auch keine Gleichbehandlung in dem Sinne verlangen, dass das Bundesministerium der Verteidigung verpflichtet gewesen wäre, die die Fähigkeit zum Auslandseinsatz betreffenden Anforderungen streitkräfteeinheitlich unmittelbar und abschließend in der Richtlinie für die langfristige Verwendungsplanung festzulegen. Eine solche streitkräfteeinheitliche Regelung ist von der Sache her nicht geboten; die Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche leisten ihren jeweiligen Fähigkeiten und Strukturen entsprechende, nach Art und Maß unterschiedliche Beiträge zu den Einsätzen im Erweiterten Aufgabenspektrum (vgl. dazu Weißbuch 2006, S. 106 bis 121). Es spricht deshalb rechtlich nichts dagegen, die Führungsstäbe der Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche - wie geschehen - zu ermächtigen, die diesbezüglichen Anforderungen an das ihnen jeweils unterstellte Personal nach eigener Einschätzung festzulegen.

39 cc) Durch das Erfordernis der Auslandsdienstverwendungsfähigkeit wird der Antragsteller auch nicht rechtswidrig wegen seiner körperlichen Einschränkungen diskriminiert.

40 Anforderungen an die körperliche und gesundheitliche Konstitution und Leistungsfähigkeit stellen im Hinblick auf die militärische Einsatzfähigkeit des Soldaten grundsätzlich sachgerechte Kriterien für die Beurteilung der Eignung dar. Dementsprechend knüpfen auch die ausdrücklichen - an Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG angelehnten - Diskriminierungsverbote des § 3 Abs. 1 SG für Verwendungsentscheidungen („ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse, Glauben, religiöse oder politische Anschauungen, Heimat oder Herkunft“) nicht an körperliche und gesundheitliche Merkmale an. Eine Ausnahme im Sinne der Möglichkeit, dass bei Verwendungsentscheidungen auch ein geringeres Maß an körperlicher Eignung verlangt werden kann, sieht § 3 Abs. 2 SG - unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs für ein Sonderopfer - lediglich im Falle einer Wehrdienstbeschädigung oder einer dieser gleichgestellten gesundheitlichen Schädigung vor; der Antragsteller hat jedoch nicht vorgetragen und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass seine körperlichen Einschränkungen auf einer solchen Schädigung beruhen. Schließlich kann sich der Antragsteller auch nicht mit Erfolg auf das Gesetz über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten (Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetz - SoldGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1904) berufen. Dieses Gesetz enthält - bezogen auf körperliche oder gesundheitliche Einschränkungen - lediglich eine Schutzvorschrift (§ 1 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 18 SoldGG) zugunsten schwerbehinderter Soldatinnen und Soldaten (im Sinne von § 2 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - <SGB IX> vom 19. Juni 2001 <BGBl I 1046>), die im Wesentlichen den Benachteiligungsschutz übernimmt, der sich bis dahin aus § 128 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 81 Abs. 2 SGB IX (in der bis zum 17. August 2006 geltenden Fassung) ergab (vgl. hierzu näher Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 8.08 -); eine Schwerbehinderung liegt bei dem Antragsteller jedoch nicht vor.

41 Insgesamt ergeben sich deshalb unter dem Blickwinkel der Diskriminierung, Benachteiligung oder sonst rechtswidrigen Differenzierung wegen körperlicher Einschränkungen keine eigenständigen Gesichtspunkte, die über das bereits zur Vereinbarkeit mit dem Leistungsprinzip Gesagte (oben aa) hinausgehen.