Urteil vom 08.09.2004 -
BVerwG 1 D 18.03ECLI:DE:BVerwG:2004:080904U1D18.03.0

Leitsätze:

1. Eine unterhalb der Entfernung aus dem Dienst gebotene Disziplinarmaßnahme kann auch in der Maßnahmeart milder ausfallen, wenn das Straf- und/oder das Disziplinarverfahren übermäßig lange gedauert und der Beamte dies nicht zu vertreten hat (wie BVerwGE 113, 229).

2. Die Regelungen des § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG (Höchstlaufzeit der Kürzung der Dienstbezüge) und des § 8 Abs. 4 Satz 2 BDG (Abkürzung der Laufzeit des Beförderungsverbotes) sind wegen der materiellrechtlichen Besserstellung eines angeschuldigten Beamten im Vergleich zu den Regelungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BDO auch auf sog. Altfälle anzuwenden, die verfahrensrechtlich noch nach der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen sind (im Anschluss an Urteil vom 17. März 2004 - BVerwG 1 D 23.03 -).

Urteil

BVerwG 1 D 18.03

  • BDiG, Kammer III - ... -, - 27.03.2003 - AZ: BDiG III VL 23/01 -

In dem Disziplinarverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht, Disziplinarsenat,
in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 8. September 2004,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht
A l b e r s ,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht
H e e r e n ,
Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r ,
Oberamtsrat S c h n e i d e r
und Regierungsamtmann B a r t z
als ehrenamtliche Richter
sowie
Regierungsrätin z.A. ... ,
...,
als Vertreterin der Einleitungsbehörde,
Rechtsanwalt ... , ...,
als Verteidiger,
und
Justizangestellte ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Auf die Berufung des Regierungsamtsrats ... wird das Urteil des Bundesdisziplinargerichts, Kammer III - ... -, vom 27. März 2003 im Disziplinarmaß aufgehoben.
  2. Die jeweiligen Dienstbezüge des Beamten werden um ein Zehntel auf die Dauer von drei Jahren gekürzt.
  3. Die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Beamten hierin erwachsenen notwendigen Auslagen haben der Bund zu zwei Dritteln und der Beamte zu einem Drittel zu tragen.

I


1. Das Bundesdisziplinargericht hat durch Urteil vom 27. März 2003 entschieden, dass der ... Beamte, Sachbearbeiter in der Liegenschaftsverwaltung der Wehrbereichsverwaltung (WBV) ..., in das Amt eines Regierungsamtmanns (Besoldungsgruppe A 11 BBesG) versetzt wird. Von den sechs disziplinarischen Vorwürfen der Anschuldigungsschrift hat die Vorinstanz den Beamten im Anschuldigungspunkt 3 vom Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens freigestellt. In den übrigen fünf Anschuldigungspunkten hat das Gericht folgende Sachverhalte festgestellt und diese jeweils wie folgt disziplinarisch gewürdigt:
Anschuldigungspunkt 1:
Der seit 1971 nebenberuflich als Vertrauensmann für das Beamtenheimstättenwerk (BHW) tätige Beamte übt diese Tätigkeit bis heute aus. Die Einnahmen aus dieser Nebentätigkeit belaufen sich nach Angaben des Beamten auf ca. 60 000 DM im Jahr, also nunmehr ca. 30 000 €. Aufgrund der neugefassten Vorschriften zur Nebentätigkeit von Beamten durch das Zweite Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz vom 9. September 1997 mussten auch Nebentätigkeiten, die vor In-Kraft-Treten des Zweiten Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetzes aufgenommen und nach diesem Zeitpunkt weiter ausgeübt wurden, nach § 66 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 BBG schriftlich angezeigt werden. Mit Verwaltungsanordnung Nr. 4/97, die der Beamte am 14. Januar 1998 zur Kenntnis nahm, weshalb er den Umlaufvermerk IV/6 vom 18. Dezember 1997 mit seinem Handzeichen abzeichnete, wurden die Mitarbeiter der ... Wehrbereichsverwaltung ... auf diese neue Rechtslage hingewiesen. Die Erläuterung enthielt den Hinweis, dass die neu eingeführte Anzeigepflicht auch für früher aufgenommene Tätigkeiten gelte. Der Beamte hat am 30. März 1998 die Nebentätigkeit als Vertrauensmann des BHW seiner Dienststelle schriftlich mitgeteilt.
Der Beamte hat erklärt, er habe bereits im Jahr 1971 die Übernahme der Tätigkeit als Vertrauensmann beim BHW der ... Wehrbereichsverwaltung ... angezeigt. Es sei auch üblich gewesen, dass der Vertrauensmann bei der Behördenleitung offiziell vorgestellt worden sei, weshalb er mit dem Direktionsleiter des BHW beim Präsidenten der Wehrbereichsverwaltung vorgesprochen habe. Die wiederholte Anzeige seiner Nebentätigkeit habe er nicht sofort veranlasst, da es amtsbekannt gewesen sei, dass er diese Tätigkeit ausübe. Auch sei er davon ausgegangen, dass für ihn die fünfjährige Übergangsfrist des § 65 Abs. 7 BBG gelte.
Der Beamte hat sich pflichtwidrig verhalten, da er nach Kenntnisnahme der Gesetzesänderung die von ihm übernommene Nebentätigkeit unverzüglich erneut hätte anzeigen müssen. Dies hätte spätestens im Januar 1998 der Fall sein müssen, nachdem er am 14. Januar 1998 hiervon Kenntnis genommen hatte. Sein Zögern bis 30. März 1998 stellt einen Verstoß gegen die durch das Zweite Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz neu eingefügten Anzeigepflichten dar. Allerdings hat der Beamte nur leicht fahrlässig gehandelt. Offensichtlich handelt es sich um ein bloßes Versehen, da tatsächlich seine Nebentätigkeit als Vertrauensmann des BHW in der Dienststelle bekannt war. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Beamte durch die verzögerte Anzeige etwa eine Verschleierung hätte vornehmen wollen. Auch mag der Beamte die Übergangsfrist des § 65 Abs. 7 BBG, die ausweislich des Wortlautes nur für vor Inkrafttreten des Zweiten Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetzes erteilte Genehmigungen gilt, nicht aber für zuvor bereits aufgenommene Nebentätigkeiten in Selbsthilfeeinrichtungen - diese waren zuvor nicht einmal anzeigepflichtig - missverstanden haben. Insofern hätte der Beamte in einem, wenn auch vermeidbaren, Verbotsirrtum gehandelt, weshalb sein Unterlassen nur als fahrlässig zu werten ist. Somit liegt ein Verstoß gegen die Pflichten aus § 66 Abs. 3, Abs. 2 Satz 1, § 55 Satz 2 BBG vor.
Anschuldigungspunkt 2:
Zusätzlich zu der Tätigkeit als Vertrauensmann des BHW übernahm der Beamte ab 1991/1992 auch die Vermittlung von Fonds-Anteilen des Immobilienfonds der Wohnungsbaugesellschaft mbH ... (WGS). Zunächst liefen diese Vermittlungen über den damaligen Gebietsleiter beim BHW, nach Trennung von diesem ab März 1996 lag ihnen ein eigener Vertriebspartnervertrag der WGS mit dem Beamten zu Grunde. Mitte 1996 untersagte der Bezirksdirektor des BHW jede weitere Vermittlung für die WGS. Der Beamte stellte daraufhin diese Vermittlungstätigkeit im Oktober 1996 ein. Die WGS ist keine Selbsthilfeeinrichtung der Beamten im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 5 BBG. Daher hätte der Beamte gemäß § 65 Abs. 1 BBG vor Übernahme dieser Nebentätigkeit eine Genehmigung der obersten Dienstbehörde einholen müssen. Einen solchen Genehmigungsantrag hat der Beamte nicht gestellt.
Der Beamte hat ausgeführt, er habe für die WGS nicht aktiv geworben, sondern nur reagiert, wenn er von seinem Kundenstamm des BHW auf Anlagemöglichkeiten angesprochen worden sei. Daher habe sich für ihn die Vermittlung von Fonds-Anteilen der WGS innerhalb seiner Tätigkeit als Vertrauensmann des BHW dargestellt. Der jährliche Provisionsumsatz aus dem Vertrieb von WGS-Fonds-Anteilen habe sich auf rund 60 000 DM zusätzlich zu den Provisionen aus der Tätigkeit für das BHW belaufen.
Der Beamte hat mit diesem Verhalten vorsätzlich gegen die ihm obliegenden Pflichten aus §§ 65, 66 BBG verstoßen, indem er es unterließ, die erforderliche Genehmigung für die Vermittlung von Fonds-Anteilen der WGS einzuholen. Da der Beamte wusste, dass die Wohnungsbaugesellschaft nicht zum BHW gehörte und selbst keine Selbsthilfeeinrichtung der Beamten war, musste ihm auch klar sein, dass das Geschäft für die WGS nicht ebenso anzeigefrei war, wie dies für die Tätigkeit für das BHW galt. Vielmehr war eine solche Nebentätigkeit sogar genehmigungspflichtig. Daher kann den Beamten die Einlassung nicht entschuldigen, er habe geglaubt, es habe sich quasi um einen "Annex" zu der Tätigkeit als Vertrauensmann des BHW gehandelt. Der Beamte hat vielmehr sehr wohl gewusst, dass für beide Tätigkeiten unterschiedliche Maßstäbe anzuwenden waren.
Anschuldigungspunkt 4:
Die Dauer der Mittagspause an der Dienststelle des Beamten wurde mit Dienstvereinbarung vom 24. September 1990 in der Fassung vom 1. Dezember 1997 in Übereinstimmung mit § 8 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitszeitverordnung (AZV) auf 30 Minuten festgelegt. Den Mitarbeitern wurde eine Rahmenzeit von 11:30 Uhr bis 13:00 Uhr eingeräumt, innerhalb der sie die zeitliche Lage ihrer Mittagspause selbst bestimmen können.
Der Beamte nutzte oftmals die Mittagspause zur Erledigung administrativer Angelegenheiten seiner Tätigkeit für das BHW und begab sich zu diesem Zwecke zur BHW-Bezirksdirektion ... Während er früher nur in Einzelfällen die Mittagspause zeitlich überzog, steigerte sich dies seit Ende 1992 beträchtlich, als sich die Zusammenarbeit mit dem neuen Bezirksdirektor intensivierte. So kam es regelmäßig vor, dass der Beamte mehrmals pro Woche die Mittagspause um 30 bis 40 Minuten überzog. Während er dies früher mit einem Umfang von ca. drei- bis viermal pro Woche darstellte, hat er in der Hauptverhandlung vorgerechnet, dass dies, ausgehend von 260 Arbeitstagen im Jahr abzüglich Urlaub, Feiertagen, der Freitage, an denen früher Dienstschluss gewesen sei sowie weiteren Tagen, an denen er aus dienstlichen Gründen ganztägig in der WBV anwesend oder auf Dienstreise gewesen sei, insgesamt an 119 Tagen jährlich der Fall gewesen sein könne. Dies ergebe einen Durchschnitt von 2,64 Tagen pro Woche. Als der Präsident der Wehrbereichsverwaltung ... mit Schreiben vom 27. März 1998 auf die Einhaltung der Mittagspause von 30 Minuten hinwies, gab der Beamte die Überziehung seiner Mittagspause auf.
Der Beamte hat den Sachverhalt im Wesentlichen eingeräumt. Er hat zu seiner Entlastung geltend gemacht, er sei davon ausgegangen, dass seinen Vorgesetzten seine Praxis der Mittagspausengestaltung bekannt gewesen sei. Er sei von diesen deswegen nie gerügt worden und habe insgesamt seine Arbeit immer erledigt. Im Gegenzug habe er eine Frühstückspause, wie sie eine Anzahl von Mitarbeitern der WBV ... regelmäßig machten, nicht für sich in Anspruch genommen und sei insgesamt davon ausgegangen, es habe eine stillschweigende Erlaubnis, Duldung oder Billigung seitens seiner Vorgesetzten bestanden.
Durch dieses Verhalten hat der Beamte gegen die ihm obliegende Pflicht zur Befolgung der allgemein erlassenen Anordnungen gemäß § 55 Satz 2 BBG verstoßen. Er hat die ihm durch Dienstvereinbarung eingeräumte Mittagspause von einer halben Stunde seit Jahren um 30 bis 40 Minuten in der Kernarbeitszeit überzogen und damit um mehr als die Zeit, die eigentlich für die Mittagspause vorgesehen war. Er hat zudem gegen die Pflicht aus § 65 Abs. 3 BBG verstoßen, wonach Nebentätigkeiten, die nicht im Interesse des Dienstvorgesetzten ausgeübt werden, nur außerhalb der Arbeitszeit auszuüben sind. Der Verstoß geschah vorsätzlich, weil der Beamte um die Dauer der Mittagszeit wusste und zudem eine ausdrückliche Erlaubnis nicht vorgelegen hat. Die Einlassung des Beamten, er sei davon ausgegangen, dass seine Vorgesetzten aufgrund der Kenntnis um sein Verhalten dieses stillschweigend erlaubt oder jedenfalls geduldet und gebilligt hätten, kann ihn nicht entlasten. Das Gericht hat den entsprechenden Beweisantrag des Beamten zum Beweis der Tatsache, dass die Vorgesetzten des Beamten von dessen Nichteinhaltung der dienstlich vorgeschriebenen Mittagspausenregelung gewusst hätten, als wahr unterstellt. Denn selbst die stillschweigende Duldung von Fehlverhalten durch einen Vorgesetzten reicht im Allgemeinen nicht zur Rechtfertigung aus. Durch ein solches Verhalten würden sich die Dienstvorgesetzten möglicherweise selbst des Vorwurfs eines Dienstvergehens aussetzen. Das Fehlverhalten des Beamten wird hierdurch jedoch nicht gerechtfertigt. Zudem hat sich eine Verwaltungsübung dergestalt, dass jeder Beamte die per Dienstvereinbarung geregelte Mittagspause eigenständig überziehen durfte, an der Dienststelle des Beamten gerade nicht feststellen lassen. Eine solche Verwaltungsübung, die möglicherweise geeignet gewesen wäre, die allgemeine Weisungslage für den Beamten abzuändern oder jedenfalls als unklar erscheinen zu lassen mit der Folge, dass ein pflichtwidriges, bzw. schuldhaftes Verhalten nicht mehr festgestellt werden könnte, hat die Beweisaufnahme nicht erbracht. Entsprechend kann den Beamten auch nicht entlasten, dass seine Vorgesetzten ihn nie auf sein Verhalten angesprochen oder dieses kritisiert hätten. Auch ist zu berücksichtigen, dass hinsichtlich des Verstoßes gegen § 65 Abs. 3 BBG eine stillschweigende Erlaubnis durch den Dienstvorgesetzten nicht zulässig ist. Gemäß § 65 Abs. 3 Satz 2 BBG dürfen Ausnahmen nur in besonders begründeten Fällen eingeräumt werden. Eine solche gesetzliche Regelung ist - anders als eine Einzelweisung durch Vorgesetzte - keiner Änderung durch eine Verwaltungsübung zugänglich.
Auch aus dem von dem Beamten zitierten Rundschreiben des BMI vom 12. Juni 1976 bezüglich der Überziehung der Mittagspause und der Vor- und Nacharbeit im Falle der Ausübung einer Nebentätigkeit für Selbsthilfeeinrichtungen folgt nicht die Rechtfertigung des Verhaltens des Beamten. Dieses Rundschreiben regelt nur vereinzelte Verrichtungen aus Anlass der Nebentätigkeit. Hier hat der Beamte nahezu regelmäßig die Mittagspause überzogen und nicht nur gelegentlich. Zudem hat der Beamte seine Nebentätigkeit nicht am Dienstort, sondern an der Verwaltungsstelle des BHW wahrgenommen.
Ein Fernbleiben vom Dienst im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG liegt nicht vor. Der Beamte ist dem Dienst nicht ferngeblieben. Er hat vielmehr die von ihm zu erbringende Dienstleistung eigenmächtig zeitlich anders gestaltet, als dies an der Dienststelle vorgesehen war. Hierin liegt nach Sinn und Zweck der Vorschrift kein Fernbleiben vom Dienst, sondern ein Ungehorsam. Insofern kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beamte insgesamt keine Zeitrückstände aufkommen ließ, obschon er seine Arbeitszeit eigenmächtig teilweise von der Kernzeit in die Gleitzeitphase transferierte.
Anschuldigungspunkt 5:
Der Beamte reichte am 8. September sowie am 15. und 24. Oktober 1994 Beihilfeanträge ein, mit denen er Beihilfe für seine Tochter geltend machte. Obwohl diese am 13. Juli 1994 die erste juristische Staatsprüfung bestanden hatte und deshalb die Zahlung von Kindergeld zum 1. August 1994 eingestellt und ab diesem Zeitpunkt nur noch der Ortszuschlag der Stufe 2 gezahlt wurde, daher auch dem Beamten für seine Tochter als Angehörige keine Beihilfe mehr zustand, beantwortete er die Frage unter Nr. 4 der Anträge nach den im Ortszuschlag berücksichtigungsfähigen Kindern fehlerhaft. Er beantwortete die Frage in den Anträgen vom 8. September und 15. Oktober 1994 mit "nein" und im Antrag vom 24. Oktober 1994 gar nicht. Nach dem für die Bearbeitung der Beihilfe ausgefüllten Stammblatt erschien die Tochter noch bis einschließlich Oktober 1994 im Ortszuschlag als berücksichtigungsfähig.
Der Beamte hat diesen Sachverhalt eingeräumt. Er hat hierzu erläutert, er habe jedenfalls nicht das Ziel verfolgt, ungerechtfertigt Beihilfeleistungen zu erlangen. Er habe der die Besoldung berechnenden Stelle die Änderung rechtzeitig mitgeteilt.
Der Beamte hat durch dieses Verhalten vorsätzlich die ihm obliegende Wahrheitspflicht gemäß § 55 Satz 1, § 54 Satz 3 BBG verletzt. Auch wenn die - eine ärztliche Behandlung der Tochter betreffenden - Rechnungen einen Zeitraum umfassten, in dem die Tochter noch im Rahmen der Beihilfe berücksichtigungsfähig war, hätte der Beamte dennoch die Fragen ordnungsgemäß beantworten müssen. Diese Pflicht beruht nämlich darauf, dass die Dienststelle eigenständig die Berechtigung zur Beziehung von Beihilfeleistungen zu prüfen hat und eine solche Kontrolle ihr nicht von dem Beamten abgenommen werden kann. Da der Beamte um das Bestehen der ersten juristischen Staatsprüfung seiner Tochter wusste und auch die damit verknüpfte Beihilfeberechtigung kannte, handelte er vorsätzlich. Allerdings liegt nur ein bloßer Formalverstoß vor; dass der Beamte die Absicht gehabt hätte, durch sein Verhalten ihm nicht zustehende materielle Vorteile zu erzielen, war nicht festzustellen.
Anschuldigungspunkt 6:
Mit Strafbefehl vom 22. September 1999 verhängte das Amtsgericht ... gegen den Beamten wegen fünf tateinheitlicher Vergehen der Einkommen- und Gewerbesteuerhinterziehung im Veranlagungszeitraum 1991 bis 1995 eine Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen á 200 DM, insgesamt also 36 000 DM. Der Strafbefehl wurde am 12. Oktober 1999 rechtskräftig. In dem Strafbefehl wurde folgender Sachverhalt festgestellt:
Zum Zwecke der Steuerersparnis ließ der angeklagte Beamte auf seine Ehefrau, die Angeklagte zu 2., ab dem Jahre 1976, auf seine Tochter, die Angeklagte zu 3., ab Mai 1988 und auf seinen Sohn, den Angeklagten zu 4., ab 1992 jeweils eine Vergütungsnummer bei dem BHW ... zuteilen, worauf Provisionen gutgeschrieben wurden. Obwohl sämtliche Provisionen von dem angeklagten Beamten erzielt wurden, erfolgte die Verteilung der Provisionen, wie ihm bewusst und von ihm gewollt war, auf seine Ehefrau und seine Kinder.
Durch die Umverteilung der Provisionseinnahmen ergaben sich für die angeklagten Eheleute in den Veranlagungszeiträumen 1991 - 1995 eine wesentlich geringere Steuerschuld.
Die Angeklagten zu 1. und 2. haben in den Einkommensteuererklärungen 1991 - 1995 und der Angeklagte zu 1. zudem in den Gewerbesteuererklärungen 1991 - 1995 Provisionseinnahmen 1991 i. H. von 80 705 DM, 1992 i. H. von 127 768 DM, 1993 i. H. von 116 732 DM, 1994 i. H. von 113 058 DM und 1995 i. H. von 100 969 DM verschwiegen, obwohl ihnen die Pflicht zur Versteuerung dieser Einnahmen bekannt war.
Dadurch haben die Angeklagten zu 1. und 2. billigend in Kauf genommen, dass
Ziff. 1) Einkommensteuer 1991 13 518 DM
Gewerbesteuer 1991 11 662 DM
Ziff. 2) Einkommensteuer 1992 18 668 DM
Gewerbesteuer 1992 15 946 DM
Ziff. 3) Einkommensteuer 1993 22 860 DM
Gewerbesteuer 1993 10 489 DM
Ziff. 4) Einkommensteuer 1994 27 944 DM
Gewerbesteuer 1994 12 124 DM
Ziff. 5) Einkommensteuer 1995 26 066 DM
Gewerbesteuer 1995 10 926 DM
verkürzt wurde.
Der Beamte hat den Sachverhalt eingeräumt. Er hat hierzu ausgeführt, er habe die Steuerschulden schon im Jahre 1998 bezahlt. Tatsächlich belaufe sich die Summe der hinterzogenen Einkommen- und Gewerbesteuer im Saldo auf einen Betrag von ca. 134 000 DM. Aufgrund der Rückabwicklung seien seiner Frau und seinen Kindern Steuerzahlungen in Höhe von rund 36 000 DM wieder erstattet worden. Sein Verhalten habe daher insgesamt zu einem Schaden von ca. 134 000 DM und nicht von 170 000 DM geführt. Er habe damals die Idee gehabt, die Provisionen auf verschiedene Vergütungsnummern bei seinen Familienangehörigen zu verteilen und so von Freibeträgen mehrfach Vorteile zu ziehen. Allerdings habe seine Steuerberaterin ihn nie darauf aufmerksam gemacht, dass es damit steuerliche Probleme geben könne. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass seine Frau und seine Kinder bei der Erzielung der Provisionen mitgewirkt hätten. Er habe daher Betriebseinnahmen auf mehrere Personen verteilt, wie andernfalls deren Tätigkeit als Betriebsausgaben steuermindernd zu seinen Gunsten hätten einberechnet werden müssen.
Der Beamte hat durch dieses Verhalten vorsätzlich gegen die ihm obliegende Pflicht aus § 54 Satz 3 BBG zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten außerhalb des Dienstes verstoßen.
Das Bundesdisziplinargericht hat die teils vorsätzlich, teils fahrlässig begangenen Dienstpflichtverletzungen als einheitliches inner- und außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 BBG gewertet, das wegen seiner Schwere eine Degradierung um eine Stufe erforderlich mache. Den Beamten belaste vor allem die Steuerhinterziehung, die sich als schweres Wirtschaftsdelikt darstelle und im Regelfall - wie auch hier - für sich bereits eine Disziplinarmaßnahme mit Außenwirkung nahe lege. Hinzu komme insbesondere noch, dass der Beamte über mehrere Jahre hinweg ohne Genehmigung eine Nebentätigkeit für die WGS mit Erlösen um die 60 000 DM pro Jahr ausgeübt habe. Ein solches Verhalten rechtfertige für sich gesehen schon die Verhängung einer langjährigen Gehaltskürzung. Soweit sich der Beamte auf mildernde Umstände berufe, seien diese nicht geeignet, den Ausspruch einer Maßnahme unterhalb der Zurückstufung zu rechtfertigen.
2. Hiergegen hat der Beamte durch seinen Verteidiger rechtzeitig Berufung eingelegt und schriftsätzlich beantragt, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils anstelle der Dienstgradherabsetzung auf eine Gehaltskürzung um ein Zehntel auf die Dauer von 24 Monaten zu erkennen, sofern und soweit das Disziplinarverfahren nicht von Gerichts wegen einzustellen sei. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, das Bundesdisziplinargericht habe zu Unrecht eine Reihe mildernder Gesichtspunkte außer Acht gelassen und erschwerende Umstände angenommen:
So sei der Verstoß gegen den sich auch aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK ergebenden Beschleunigungsgrundsatz im Disziplinarverfahren unberücksichtigt geblieben. Das Steuerstrafverfahren habe bereits am 11. August 1997, das Disziplinarverfahren am 27. März 1998, d.h. vor über sechs Jahren begonnen. Er, der Beamte, habe diese lange Verfahrensdauer nicht zu verantworten. Durch kooperatives Verhalten in allen Instanzen habe er zu einem beschleunigten Verfahrensgang beigetragen. Durch die lange Verfahrensdauer werde er jedoch über die Maßen beeinträchtigt, und zwar nicht nur physisch und psychisch im Hinblick auf die jahrelange Ungewissheit seiner beruflichen Zukunft, sondern auch hinsichtlich seines weiteren dienstlichen Werdeganges. Normalerweise wäre er spätestens im Jahr 2000 zum Regierungsoberamtsrat befördert worden. Faktisch bestehe jedoch seit 1997 eine Beförderungssperre. Hinzu komme, dass er diese zusätzliche Benachteiligung aufgrund seines fortgeschrittenen Lebensalters bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht mehr ausgleichen könne und auch später, durch entsprechend geringere Ruhestandsbezüge, nachteilig betroffen sein werde. Es sei auch kaum nachvollziehbar, dass es etwa 3 1/2 Jahre nach Rechtskraft des Strafbefehls noch erforderlich sein solle, aus generalpräventiven Gesichtspunkten eine Maßnahme mit Außenwirkung zu verhängen. Die lange Verfahrensdauer sei daher geeignet, den Ausspruch einer milderen Maßnahme zu rechtfertigen.
Ferner liege ein Verstoß gegen die im gesamten Disziplinarverfahren geltende Fürsorgepflicht des Dienstherrn vor. So sei bei ihm, dem Beamten, die berechtigte Vermutung aufgekommen, dass die Ermittlungen vornehmlich das Ziel gehabt hätten, weitere disziplinarische Vorwürfe gegen ihn zu konstruieren. Dadurch sei nicht nur sein Vertrauen in ein faires Verfahren frühzeitig und nachhaltig erschüttert worden, sondern auch eine zusätzliche psychische Belastung entstanden. Unter anderem sei der falsche Verdacht geäußert worden, er habe noch nach 1992 für seinen Sohn Kindergeld bezogen. Ferner sei wider besseres Wissen der Vorwurf erhoben worden, er habe 1994 für seine Tochter Beihilfeleistungen erhalten und noch 1995 zu Unrecht beantragt. Es seien unnötige, das Verfahren verzögernde Ermittlungen durchgeführt worden. Die Vernehmung sich aufdrängender Zeugen sei unterblieben. Diese Verletzung der verfahrensrechtlichen Fürsorgepflicht müsse bei der Bemessung der Maßnahme zu seinen Gunsten berücksichtigt werden.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz stelle die Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO auch kein "schweres Wirtschaftsdelikt" dar. Zur Einordnung in das Gesamtsystem der strafrechtlichen Steuerdelikte sei es erforderlich, § 370 AO zu den schweren Formen des § 370 Abs. 3 und des § 370 a AO abzugrenzen. Nur in den letztgenannten Fällen lägen "schwere Verfehlungen" vor. Die "gewöhnliche" Steuerhinterziehung - in den Augen der Öffentlichkeit ein "Kavaliersdelikt" - sei als "normales Wirtschaftsdelikt" einzustufen. Dies werde auch an dem Umstand deutlich, dass das Verfahren nicht von der Staatsanwaltschaft, sondern von der Straf- und Bußgeldsachenstelle am Finanzamt ... geführt worden sei und nur zu einem Strafbefehl mit einer Geldstrafe geführt habe. Der vorliegende Sachverhalt sei z.B. auch nicht zu vergleichen mit einem Fall der Lohn- und Umsatzsteuerhinterziehung. Zudem sei es unzutreffend, wenn das Bundesdisziplinargericht den Umfang der hinterzogenen Steuern als "besonders hoch" bezeichne. Im System der Steuerdelikte bliebe danach für wirklich schwere Fälle kein Raum mehr.
Ferner sei bei der Maßnahmebemessung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er sowohl im Steuerstraf- als auch im Disziplinarverfahren in größtmöglichem Umfang mitgewirkt habe, um den Sachverhalt aufzuklären und das Verfahren alsbald zum Abschluss zu bringen und dass er den Steuernachforderungsanspruch bereits 1998 vollständig erfüllt habe. Für ihn spreche auch seine bisherige Unbescholtenheit und die Tatsache, dass er immer überdurchschnittliche Leistungen erbracht habe. In Betracht zu ziehen sei zudem, dass er schwerbehindert sei und in jüngster Zeit - stressbedingt - an Netzhautablösung leide. Schließlich müssten die gesamten finanziellen Auswirkungen der gegen ihn gerichteten Verfahren dergestalt mitberücksichtigt werden, dass es nicht zu einer doppelten Maßregelung komme. So trete neben die Dienstgradherabsetzung mit ihren besoldungs- und versorgungsrechtlichen Folgen insbesondere die Geldstrafe über 36 000 DM.
Wenn nach alledem der Ausspruch einer Gehaltskürzung angemessen und geboten sei, komme unter Berücksichtigung der genannten mildernden Umstände und der Neuregelung des § 8 BDG in jedem Falle nur eine Laufzeit der Maßnahme von zwei Jahren in Betracht. Dessen ungeachtet sei auch § 14 BDO zu beachten. Da es sich bei der strafrechtlich abgeurteilten Steuerhinterziehung um einen abtrennbaren Sachverhalt handele, ein einheitliches Dienstvergehen also nicht vorliege, sei insoweit eine Teileinstellung nach § 14 BDO angemessen. Falls der Senat dieser Auffassung folge, sei dann von Gerichts wegen zu prüfen, ob die übrigen Pflichtverletzungen gemäß § 4 BDO verjährt seien. Unter diesen Umständen trete an die Stelle einer Gehaltskürzung die Einstellung des gesamten Disziplinarverfahrens.

II


Die Berufung des Beamten hat überwiegend Erfolg; sie führt zu einer Kürzung der Dienstbezüge auf die Dauer von drei Jahren.
Das Disziplinarverfahren ist nach bisherigem Recht, d.h. auch nach Inkrafttreten des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen (vgl. zum Übergangsrecht z.B. Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - NVwZ 2002, 1515). Allerdings können auf sog. Altfälle - wie hier - ausnahmsweise auch Vorschriften des Bundesdisziplinargesetzes Anwendung finden, soweit diese den beschuldigten Beamten materiellrechtlich besser stellen (Urteil vom 17. März 2004 - BVerwG 1 D 23.03 - IÖD 2004, 164 = DÖV 2004, 746, zu § 14 BDG).
1. Das Rechtsmittel ist auf die Disziplinarmaßnahme beschränkt, wie der Verteidiger in der Hauptverhandlung auf Nachfrage bestätigt hat. Damit ist der Senat an die Tat- und Schuldfeststellungen des Bundesdisziplinargerichts sowie an die vorgenommene disziplinarrechtliche Würdigung der festgestellten fahrlässigen und vorsätzlichen Pflichtverletzungen als inner- und außerdienstliches Dienstvergehen gebunden.
Entgegen der Auffassung der Berufung hat die Vorinstanz auch zu Recht ein einheitliches Dienstvergehen angenommen, so dass eine isolierte Bewertung einzelner Dienstverfehlungen nach §§ 14, 4 BDO oder §§ 14, 15 BDG ausscheidet.
Liegen mehrere Dienstpflichtverletzungen eines Beamten vor, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass es sich um ein einheitliches Dienstvergehen handelt. Die Rechtsprechung des Senats lässt eine isolierte Bewertung einzelner dienstrechtlicher Verfehlungen nur dann ausnahmsweise zu, wenn die das Dienstvergehen ausmachenden einzelnen Verfehlungen in keinem inneren oder äußeren Zusammenhang stehen und damit eine gewisse Selbständigkeit haben (vgl. z.B. BVerwGE 111, 54, 56 f. m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Zwischen allen Pflichtverletzungen besteht eine äußere (zeitliche) Klammer. Dies wird ohne weiteres an folgender Übersicht deutlich:
Anschuldigungspunkt 1: Januar bis März 1998, Nichtanzeige der Nebentätigkeit;
Anschuldigungspunkt 2: 1991/1992 bis Oktober 1996, unerlaubte Nebentätigkeit
für WGS;
Anschuldigungspunkt 4: Ende 1992 bis März 1998, Überziehung der Mittagspause;
Anschuldigungspunkt 5: September/Oktober 1994, falsche Angaben in Beihilfe-
anträgen;
Anschuldigungspunkt 6: 1991 bis 1995, Steuerhinterziehung.
Bis auf Anschuldigungspunkt 5 besteht zudem ein innerer Zusammenhang zwischen den übrigen Pflichtverletzungen. Die Überziehung der Mittagspausen beruhte darauf, dass der Beamte in dieser Zeit den unerlaubten bzw. nicht angezeigten Nebentätigkeiten nachging. Die Steuerhinterziehung beruhte auf unrichtigen Erklärungen speziell zu den Einkünften aus dieser Tätigkeit.
Aufgrund der Beschränkung der Berufung auf das Disziplinarmaß hat der Senat nur noch über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.
2. Das festgestellte einheitliche Dienstvergehen führt zur Verhängung einer Kürzung der Dienstbezüge des Beamten gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG auf die Dauer von drei Jahren. Der Ausspruch dieser Maßnahme ist hier zulässig, erforderlich aber auch ausreichend.
a) Setzt sich das Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung. Dies ist im vorliegenden Fall - in Übereinstimmung mit der Vorinstanz - die außerdienstliche Pflichtverletzung im Anschuldigungspunkt 6. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Urteil vom 13. November 2001 - BVerwG 1 D 55.00 m.w.N.) ist bei einer Steuerhinterziehung i.S. des § 370 AO dann eine Dienstgradherabsetzung auszusprechen, wenn der Umfang der hinterzogenen Steuern besonders hoch ist - sich im fünf- oder sechsstelligen Betragsbereich bewegt - oder wenn mit dem Fehlverhalten zusätzliche schwerwiegende Straftatbestände oder andere nachteilige Umstände mit erheblichem Eigengewicht verbunden sind. Aus disziplinarischer Sicht handelt es sich nicht nur um ein "Kavaliersdelikt", sondern um eine regelmäßig schwerwiegende Verfehlung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sich der Beamte persönlich durch strafbares Verhalten unter Schädigung seines Dienstherrn unberechtigt hohe Steuervorteile verschafft, obwohl er öffentliche Aufgaben wahrzunehmen hat und durch Steuermittel alimentiert wird.
Im vorliegenden Fall ist danach an sich eine Dienstgradherabsetzung verwirkt. Der Beamte hat innerhalb von fünf Jahren über 170 000 DM an Einkommen- und Gewerbesteuer hinterzogen, auch wenn der Steuerschaden des Staates nach einer Gegenrechnung der von der Ehefrau und dem Sohn des Beamten entrichteten Steuer "nur" ca. 134 000 DM betragen hat. Mildernd kann dem Beamten in diesem Zusammenhang nicht zugute kommen - wie die Vorinstanz meint -, dass er seine Provisionseinnahmen betragsmäßig richtig angegeben und nur falschen Empfängern zugeordnet hat. Die bewusst falschen Angaben sollten ja gerade seine Steuerverpflichtung - rechtswidrig - erheblich verkürzen, was letztlich auch gelungen ist. Zugunsten des Beamten kann auch nicht berücksichtigt werden, dass dieser die hinterzogenen Steuern nachgezahlt hat; hierzu war er als Steuerschuldner rechtlich verpflichtet (vgl. Urteil vom 6. Juni 2000 - BVerwG 1 D 66.98 - DÖD 2000, 290).
b) Gleichwohl hält es der Senat - auch unter Berücksichtigung der Verfehlungen in den Anschuldigungspunkten 1 (Fahrlässigkeitsverstoß), 2 (ungenehmigte Nebentätigkeit über ca. fünf Jahre), 4 (Pausenüberschreitung ohne erkennbare Auswirkung auf den Dienstbetrieb) und 5 (Wahrheitspflichtverletzung ohne Betrugsabsicht) - ausnahmsweise für angemessen, von einer Zurückstufung abzusehen und (noch) eine Kürzung der Dienstbezüge auszusprechen. Denn dem Beamten stehen eine Reihe durchgreifender Milderungsgründe zur Seite:
Zu seinen Gunsten ist vor allem die relativ lange Dauer des Disziplinarverfahrens zu berücksichtigen. Dies ist bei allen Disziplinarmaßnahmen unterhalb der Höchstmaßnahme wegen ihres Zweckes der Pflichtenmahnung nach der Senatsrechtsprechung möglich (vgl. z.B. BVerwGE 113, 229 - unter Aufgaben der früheren strengeren Rspr. - und Urteil vom 1. September 1998 - BVerwG 1 D 71.97 : fünf Jahre zurückliegende Verfehlung und weitere Milderungsgründe, Ausspruch einer Gehaltskürzung anstelle einer Degradierung). Zur langen Dauer des Verfahrens hat der Beamte nicht im Geringsten beigetragen. Obwohl der schwerbehinderte Beamte (GdB 60) intensiv und vorbehaltlos an der Sachverhaltsaufklärung sowie Durchführung des gesamten Verfahrens mitgewirkt hatte, konnte er nicht verhindern, dass das Disziplinarverfahren bis zur Hauptverhandlung vor dem Senat ca. 6 1/2 Jahre gedauert hat. Diese lange Dauer des Verfahrens und die Ungewissheit seines Ausgangs haben den Beamten nachvollziehbar sehr belastet. Mit der Berufung macht er auch entsprechende - stressbedingte - gesundheitliche Folgen der langen Verfahrensdauer (insbesondere Bluthochdruck und Netzhautablösung) geltend. Dies erscheint glaubhaft. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Belastung der erheblichen Dauer des Verfahrens dem Beamten die Pflichtwidrigkeit seines Handelns bereits verdeutlicht und dadurch - ungeachtet der strafrechtlichen Verurteilung im Anschuldigungspunkt 6 - eine nicht unerhebliche Pflichtenmahnung bewirkt hat.
Für den inzwischen 61jährigen Beamten spricht weiter der Umstand, dass er im Rahmen seiner Altersteilzeit nach dem Blockmodell vor dem Ende seiner "Arbeitsphase" (...) steht. Dies mindert zusätzlich das disziplinarrechtliche Bedürfnis nach einer Pflichtenmahnung. Befände sich der schwerbehinderte Beamte derzeit schon im Ruhestand, dürfte ohnehin nur eine Kürzung des Ruhegehalts ausgesprochen werden (§ 5 Abs. 2 BDO, § 5 Abs. 2 Nr. 1 BDG).
Ferner ist unterhalb der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme mildernd zu berücksichtigen, dass der Beamte nicht nur disziplinarisch und strafrechtlich unbelastet, sondern auch durchgängig überdurchschnittlich beurteilt worden ist. Er hat jederzeit - vor und während des Disziplinarverfahrens - ein nachweislich hohes dienstliches Engagement gezeigt. Gleichwohl schied während des Laufs des Disziplinarverfahrens eine Beförderung aus. Auch dies ist zugunsten des Beamten in Rechnung zu stellen.
c) Kommt nach alledem hier nur der Ausspruch einer Gehaltskürzung in Betracht, so beurteilt sich die Zulässigkeit dieser Maßnahme nach § 8 BDG. Der Höchstrahmen dieser Vorschrift ist hier auszuschöpfen.
§ 8 Abs. 1 Satz 1 BDG bestimmt u.a., dass die Kürzung der Dienstbezüge längstens drei Jahre beträgt. Diese Vorschrift des materiellen Disziplinarrechts (Senatsurteil vom 17. März 2004 a.a.0., UA S. 16; vgl. auch Gansen, DiszR, § 5 Rn. 1; Köhler/
Ratz, BDG, 3. Aufl., § 5 Rn. 2) stellt für den Beamten im Vergleich zum bisher geltenden § 9 Abs. 1 Satz 1 BDO ("Gehaltskürzung ... auf längstens fünf Jahre") eine günstigere Regelung dar. Entsprechendes gilt z.B. auch in Bezug auf § 8 Abs. 4 Satz 2 BDG, der für das während der Gehaltskürzung wirkende gesetzliche Beförderungsverbot im Gegensatz zu § 9 Abs. 3 BDO nunmehr vorsieht, dass der Geltungszeitraum dieses Verbotes in der Disziplinarentscheidung abgekürzt werden kann.
Wie der Senat in seinem Urteil vom 17. März 2004 (a.a.O.) in einem anderen Zusammenhang zu § 14 BDG entschieden hat, gebietet die Auslegung der Übergangsvorschrift des § 85 BDG, dass die Neuregelung (§ 14 BDG) wegen der darin enthaltenen materiellrechtlichen Besserstellung im Vergleich zu den Regelungen des alten Rechts (§ 14 BDO) einem angeschuldigten Beamten auch dann zugute kommen muss, wenn dieser sich noch in einem Altverfahren nach der Bundesdisziplinarordnung zu verantworten hat. Dabei hat der Senat auch maßgeblich darauf abgestellt, dass die für den Beamten günstigere Neuregelung des § 14 BDG auf einem vom Gesetzgeber erkannten und gelösten praktischen Regelungsbedürfnis beruht und nicht unterstellt werden kann, dass die Neuregelung nicht sofort wirksam werden soll. Nichts anderes gilt im Hinblick auf § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2 BDG. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 17. März 2004 (a.a.0., UA S. 16) zu § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG bereits zum Ausdruck gebracht und u.a. ausgeführt:
"Entsprechendes gilt aber auch für andere Abmilderungen im neuen materiellen Recht. So hat sich der Gesetzgeber z.B. bei der Herabsetzung der Höchstdauer einer Kürzung der Dienstbezüge von früher fünf Jahren auf nunmehr drei Jahre von Literaturstimmen leiten lassen, die auf unbillige Folgen der bisherigen Regelungen hingewiesen hatten (vgl. Finger, ZBR 1973, 144; Weiss, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, in: GKÖD Bd. II K § 9 Rn. 8); deren Kritik, so heißt es in der Begründung zum Regierungsentwurf, sei berechtigt (vgl. BTDrucks 14/4659, B. zu Art. I § 8, 2. Abs.). Wenn der Gesetzgeber derartige Unbilligkeiten vermeiden will, ist ebenfalls anzunehmen, dass dies nach seinem Willen auch alsbald geschehen und nicht auf die lange Bank geschoben werden soll".
Hier hält es der Senat im Hinblick auf die zusätzlich festgestellten Pflichtverletzungen in den Anschuldigungspunkten 1, 2, 4 und 5 für erforderlich, eine Kürzung der Dienstbezüge auf die Dauer von drei Jahren auszusprechen. Eine solche Ausschöpfung der gesetzlichen Höchstlaufzeit der Maßnahme gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG ist schon deshalb geboten, weil zusätzlich zur Steuerhinterziehung ein weiteres (innerdienstliches) Fehlverhalten von erheblichem Gewicht hinzutritt: Allein durch die ungenehmigte Nebentätigkeit über ca. fünf Jahre (Anschuldigungspunkt 2) ist der Ausspruch einer - je nach den Umständen des Einzelfalls auch längerfristigen - Gehaltskürzung verwirkt (vgl. dazu zuletzt Urteil vom 12. November 2003 - BVerwG 1 D 6.03 m.w.N. -).
d) Während die Laufzeit der Gehaltskürzung durch die Schwere des Dienstvergehens bestimmt wird, sind für die Festlegung des Kürzungsbruchteils die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten maßgebend. Bei Beamten des gehobenen Dienstes wird die Quote regelmäßig auf ein Zehntel festgesetzt (BVerwGE 114, 88). Auf diesen Kürzungssatz ist auch hier zu erkennen. Aufgrund der Tatsache, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des sich in der Altersteilzeit befindenden Beamten derzeit noch sehr günstig sind, zumal dieser aus seiner Nebentätigkeit für das BHW zusätzlich monatlich etwa 2 500 € erlöst, hat der Senat zwar erwogen, die Kürzungsquote zu erhöhen; die gesetzliche Höchstquote beträgt ein Fünftel (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BDG, ebenso § 9 Abs. 1 Satz 1 BDO). Letztlich hat der Senat aber im Hinblick auf den Umstand, dass der Beamte bereits durch eine empfindliche Geldstrafe in Höhe von 36 000 DM finanziell belastet worden ist, am Regelkürzungssatz festgehalten.
e) Dem Ausspruch einer Kürzung der Dienstbezüge für das einheitliche Dienstvergehen steht weder nach altem Recht (§ 4 BDO) noch nach neuem Recht (§ 15 BDG) ein Verfolgungs- oder Maßnahmeverbot infolge Zeitablaufs entgegen. Es kann daher offen bleiben, welche dieser beiden Regelungen hier zur Anwendung kommt.
Eine "Verfolgungsverjährung" gemäß § 4 BDO ist noch nicht eingetreten. Nach Abs. 2 der Vorschrift darf ein mit einer Gehaltskürzung zu ahndendes Dienstvergehen nicht mehr verfolgt werden, wenn seit dem Dienstvergehen mehr als drei Jahre verstrichen waren, bevor das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist. Diese Drei-Jahresfrist ist im vorliegenden Fall beachtet worden. Der Fristenlauf beginnt bei einem aus mehreren Pflichtverletzungen bestehenden Dienstvergehen - wie hier - mit Vollendung der zeitlich letzten Pflichtverletzung, denn erst zu diesem Zeitpunkt ist das Dienstvergehen vollendet (vgl. Urteil vom 8. September 1988 - BVerwG 1 D 70.87 - ZBR 1989, 245 = RiA 1989, 133 <135>). Das war hier Ende März 1998 (Anschuldigungspunkte 1 und 4). Die Einleitungsverfügung wurde dem Beamten am 19. April 2000, d.h. nach nur etwas mehr als zwei Jahren nach Beginn des Fristenlaufs zugestellt.
Im Ergebnis nichts anderes gilt, wenn - zugunsten des Beamten - § 15 BDG Anwendung finden sollte. Nach § 15 Abs. 2 BDG darf eine Kürzung der Dienstbezüge - dies entspricht der Gehaltskürzung nach altem Recht (§ 85 Abs. 2 Nr. 1 BDG) - nicht mehr ausgesprochen werden, wenn seit der Vollendung des Dienstvergehens - hier Ende März 1998 - mehr als drei Jahre vergangen sind. Diese Drei-Jahresfrist ist derzeit noch nicht abgelaufen. Dies beruht auf dem Umstand, dass § 15 Abs. 4 BDG mehrere Unterbrechungstatbestände enthält, nach denen der Lauf der Frist aufgrund der Unterbrechung aufhört und danach von neuem zu laufen beginnt (vgl. dazu § 249 Abs. 1 ZPO); daneben ordnet § 15 Abs. 5 BDG Hemmungstatbestände an (zur Hemmung eines Fristenlaufs, vgl. § 209 BGB). Danach gilt hier Folgendes:
Ende März 1998: Vollendung des Dienstvergehens;
27. März 1998: Einleitung von Vorermittlungen (entspricht Einleitung des Disziplinarverfahrens gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 BDG, Unterbrechung der Drei-Jahresfrist gemäß § 15 Abs. 4 BDG),
zugleich Aussetzung des Verfahrens gemäß § 17 Abs. 2 BDO hinsichtlich des Steuerstrafverfahrens (entspricht Aussetzung des Verfahrens nach § 22 BDG, Beginn der Hemmung des Fristenlaufs gemäß § 15 Abs. 5 Satz 1 BDG);
23. November 1999: Aufhebung der Aussetzung (Ende der Hemmung des Fristenlaufs);
ab 24. November 1999: faktischer Beginn einer "Verjährungsfrist";
nach ca. 1 Jahr und 8 1/2 Monaten:
9. August 2001: Eingang der Anschuldigungsschrift beim Bundesdisziplinargericht mit dem Ziel der "Zurückstufung" (entspricht Erhebung der Disziplinarklage gemäß §§ 34, 52 BDG, Unterbrechung der Frist gemäß § 15 Abs. 4 BDG),
zugleich für die Dauer des gerichtlichen Disziplinarverfahrens Hemmung des Fristenlaufs gemäß § 15 Abs. 5 Satz 1 BDG.
3. Ungeachtet der Frage, ob überhaupt noch eine Beförderung des jetzt 61jährigen Beamten in Betracht kommt - das Verbot der Altersbeförderung, § 12 Abs. 4 Nr. 3 BLV a.F., ist durch die Siebte Verordnung zur Änderung der Bundeslaufbahnverordnung vom 2. Juli 2002, BGBl I S. 2447, entfallen -, sieht der Senat im Rahmen seines Ermessens ("kann") davon ab, gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 BDG die Laufzeit des mit der Kürzung der Dienstbezüge verbundenen dreijährigen Beförderungsverbotes abzukürzen. Die "lange Verfahrensdauer" ist bereits zugunsten des Beamten in die Bemessung der Disziplinarmaßnahme eingeflossen und hat zum Ausspruch einer niedrigeren Maßnahme geführt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 114 Abs. 2 und § 115 Abs. 5 BDO. Maßgebend für die Kostenquote ist der in der Berufungsschrift angekündigte Antrag des Beamten auf Verhängung einer zweijährigen Gehaltskürzung. Mit dem Antrag in der Berufungsschrift wird das Ziel des Rechtsmittels bestimmt (vgl. Urteil vom 13. Juli 1999 - BVerwG 1 D 81.97 - m.w.N.).